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Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Titel: Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)
Autoren: Anne Holt
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sie ihre Pläne hatten ändern müssen. Er war einfach davon ausgegangen, dass Inger Johanne den Urlaub stornieren und alles andere regeln würde, und er hatte nicht einmal gesagt, dass es ihm leidtat.
    Oder Danke.
    Als er sich widerwillig erhob und zur Küche hinübertrottete, sah er, dass das schmutzige Geschirr vom Vorabend und vom Frühstück sich noch auf der Arbeitsfläche türmte.
    Rein gar nichts hatte er zu Hause gemacht. Zwei Wochen lang.
    Er warf einen Blick auf die Uhr am Backofen. 19.50 Uhr. Wenn er sich bis zehn wach hielte, würde er viel schaffen können. Mit einer Entschlusskraft, die er sich noch fünf Minuten zuvor nicht zugetraut hätte, beschloss er, sich zuerst das Schlafzimmer vorzunehmen. Er hatte keine Ahnung, wo Inger Johanne war oder wann sie nach Hause kommen würde. Wenn er Glück hätte, würde er bis dahin so viel erledigt haben, dass sie nicht die Augen verdrehen würde, wenn er erzählte, dass er am nächsten Morgen um neun wieder im Büro sein müsse.
    Noch ein Samstag, an dem er nicht zu Hause wäre.
    Ehe er Bett- und Kissenbezüge abzog, wollte er die Kleider im Wäschekorb sortieren. Wäschewaschen war eigentlich Inger Johannes Domäne. Aus irgendeinem Grund schaffte er es immer, ein farbiges Stück in der weißen Wäsche zu übersehen. Als Strafe zwang sie ihn dann, hellrosa Boxershorts zu tragen.
    Jetzt wollte er aufpassen.
    Er zog den Korb in den Gang zwischen Schlafzimmer und Bad und kippte den Inhalt auf den Boden. Einige der Sachen waren offenbar feucht im Korb gelandet, der elende Haufen vor ihm stank. Eine längliche kleine Schachtel hatte sich zwischen die Wäsche verirrt, und er hob sie auf. Das Design kam ihm feminin vor, mit der rosa Schrift auf dem blau-weißen Grund. Vielleicht waren Inger Johannes Rasiersachen in den Korb gefallen. Er wollte ins Badezimmer gehen und die Schachtel in ihre Schublade legen, blieb aber abrupt stehen.
    »Clearblue Schwangerschaftstest«, stand auf der Packung.
    In den folgenden Sekunden jagten seine Gedanken sich im Kreis, einer wurde begonnen, dann noch einer, während der erste noch nicht fertig war, sie bissen sich in den Schwanz und wurden immer sinnloser, dann holte er tief Luft, dachte an den Ausflug zum Gaupekollen und ließ sich langsam auf den Boden sinken.
    Er öffnete die Schachtel. Darin lagen zwei längliche Plastikstäbchen. Der eine Test war unbenutzt. Bei dem anderen fehlte der blaue Verschluss, und im Display konnte er neun kleine Buchstaben, ein Plus und eine 3 lesen.
    Yngvar saß mitten in dem nach schmutziger Wäsche riechenden Haufen und begriff, dass er ein weiteres Mal Vater werden würde. Ein weiteres Mal würde sein Leben sich verändern, wie damals, als ihm über dreißig Jahre zuvor seine Erstgeborene in die Arme gelegt wurde und er mit dem tiefen Ernst des jungen Mannes wusste, dass nun alles anders war. Trine hatte er verloren, zusammen mit ihrer Mutter, und Yngvar war lange in der Trauer um beide versunken. Inger Johanne war auf ihn zugekommen, als er glaubte, dass nichts jemals wieder echt und ganz sein könnte. Ragnhild wurde zu einem neuen Anfang, dem Beweis dafür, dass er durchgehalten hatte, so lange das Leben das unerbittlich verlangte. Yngvar hatte gelernt, dass alles ein Ende nahm, dass alles einen Anfang hatte.
    Er stützte die Arme auf die Knie und legte den Kopf darauf, er war zu beleibt, um so zu sitzen, er bekam keine Luft, er musste abnehmen und sich zusammenreißen, er musste besser auf sich aufpassen und lange genug leben, um sich um dieses neue Kind zu kümmern, ein Junge vielleicht, der Vegard heißen könnte, nach seinem Großvater.
    Er wünschte sich aber ein Mädchen, ging ihm dann auf, und nun konnte er wieder atmen.
    Ein Mädchen wünschte Yngvar sich, und vielleicht könnte sie diesmal Trine heißen, ein ganz neuer Anfang für etwas, von dem er geglaubt hatte, es sei längst vorbei.
    Sie hatten überall gesucht.
    Obwohl Ellen und Helga beteuert hatten, dass Jon nicht unbemerkt ins Haus gekommen sein könne, durchsuchten Joachim, Henrik und Inger Johanne in dem großen Haus ein Zimmer nach dem anderen. Sie suchten auf dem Dachboden, sie suchten im Keller, sie durchkämmten den Garten. Joachim hatte gleich bei ihrer Ankunft in die Garage geschaut, ziemlich empört darüber, dass Jack seinen BMW schmutzig gemacht hatte, wo der Hund auf der Rückbank auf einer verdreckten Decke aus dem alten Golf lag, und festgestellt, dass beide Autos dort standen.
    »Dann werden wir wohl nach ihm
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