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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz
Autoren: Ulrike Bliefert
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einmal umzusehen; vermutlich vertilgte er in Gedanken bereits ein Riesenschnitzel mit Maggisoße und Kartoffelpüree.
    Malin hastete, ihren Trolley hinter sich herziehend, über den gepflasterten Hauptweg. Im Vorbeilaufen winkte sie kurz Anatol zu. Der winkte zurück, widmete sich jedoch sofort wieder seinen Rosenstöcken.

Kapitel 4
    D ie offene Abteilung erinnerte eher an eine Ferienanlage als an ein Krankenhaus: Die separaten Wohneinheiten waren im Bungalowstil gebaut und lediglich auf der Rückseite durch einen verglasten Gang miteinander verbunden. Jedes Gebäude hatte zum Garten hin eine eigene kleine Terrasse.
    An der Eingangstür angekommen, übermannte Malin das Mitgefühl mit ihrem hungrigen Begleiter. »Den Rest schaff ich schon alleine. Nummer acht, nicht?«
    Â»Genau«, brummte der Pfleger. Dann – als endlich der Groschen bei ihm gefallen war – hellte sich seine Miene auf und er rang sich sogar zu einem »Danke!« durch, bevor er in Richtung Cafeteria davonmarschierte.
    In der Tür mit der Nummer acht steckte kein Schlüssel.
    Ganz so groß scheint das Vertrauen der Ärzte doch nicht zu sein …
    Malin schaute sich in ihrem neuen Zimmer um: helle, freundliche Ahornmöbel, die Tagesdecke auf dem Bett in zarten Blautönen und am Kopfende verziert mit einer ganzen Kissenparade; Ton in Ton in Blau, Grün und Türkis.
    Swimmingpoolfarbe! Gruselig!
    Nachdem sie die türkisfarbenen Kissen in den Kleiderschrank verbannt hatte, fühlte Malin sich gleich besser. Sie hatte keine Ahnung, wieso ihr diese ganz und gar unschuldige Farbe immer wieder ein derartiges Unbehagen einflößte.
    Neben dem Schrank befand sich ein kleiner Schreibtisch mit Drehstuhl.
    Aha! Ab heute werden sie mir wohl jede Menge Bleistifte, Kulis, Füller, Filzer und Schreibpapier erlauben. Aber wie ich die kenne, werden sie jede Gelegenheit nutzen, um heimlich nachzulesen, was ich da so hinschreibe.
    Instinktiv griff sie nach dem MP3-Player in ihrer Jeanstasche.
    Hallo, Dakota , wisperte sie, was ich denke, bleibt weiterhin unser Geheimnis, okay?
    Â»Was hast du gesagt?«
    Malin fuhr erschrocken zusammen. Man konnte ihr ja viel nachsagen, aber unter akustischen Halluzinationen litt sie ganz sicher nicht! Natürlich hatte Dakota ihr nicht wirklich eine Frage gestellt. Nein, sie hatte klar und deutlich eine Stimme gehört!
    Â»Ich hab gesagt: Das Gesicht von der Kleinen ist mir gleich irgendwie bekannt vorgekommen.«
    Â»Zeig mal.«
    Draußen auf der Terrasse stand jemand! Den Stimmen nach zu urteilen ein Mann und eine Frau. Die beiden waren hinter den zugezogenen Vorhängen nur als Schattenrisse zu erkennen.
    Â»Hier! Sie sieht genauso aus wie ihre Mutter auf dem Zeitungsausschnitt von damals.«
    Die Frauenstimme klang nach zu viel Zigaretten.
    Vielleicht eine von den Büroangestellten.
    Malin schlich, ängstlich darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, näher an die Terrassentür.
    Das hört sich ja alles hochinteressant an!
    Â»Wo hast ’n du den Artikel her? Ist doch Uralt Lavendel.«
    Â»Der klemmte hinten in ihrer Akte.«
    Â»Ej, und die Mutter hat ihren eigenen Lover vergiftet? In echt jetzt?«
    Â»Na ja …«
    Â»Krass!«
    Die Männerstimme hörte sich sehr viel jünger an. Wahrscheinlich einer von den Pflege-Azubis.
    Â»â€¦ zumindest hat sie das vorgehabt. Und sie hat’s auch beinahe geschafft: Der Typ hat nur mit knapper Not überlebt. Sein Sohn hat ihn wohl gerade noch rechtzeitig gefunden. Aber Mord oder missglückter Mord ist denen bei Gericht egal. Die haben sie trotzdem zu ›lebenslänglich‹ verknackt.«
    Â»Boah. Scheiße für die Kleine, oder? Das muss man sich mal vorstellen: Lalü-lala, wir kommen und holen deine Mutti ab und bringen sie in ’n Knast? Wie alt war die denn damals?«
    Â»Keine Ahnung. Knapp drei, schätz ich mal. Aber auch wenn die Kleine damals noch nicht bewusst mitgekriegt hat, was da abläuft: Wundert einen nicht, dass sie heutzutage nicht ganz richtig im Kopf ist.«
    Â»Hey!!!« Der junge Mann hinter der Terrassentür stieß einen begeisterten Schrei aus. »Jetzt weiß ich! Und jetzt kapier ich das auch!«
    Â»Was?«
    Â»Die Franzi hat neulich bei der Pfleger-Runde gesagt, dass die Kleine glaubt, ihre Mutter wär tot. Und Dr. Spengler hat uns allen strikte Anweisung gegeben, ihr nichts anderes zu
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