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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus
Autoren: Alex Reichenbach
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die oben im Gästezimmer fehlte. Aber warum hatten Vogels sie ausgehängt, nachdem sie sich erst die Mühe gemacht hatten, sie zu streichen? Winter nahm seine Taschenlampe zu Hilfe. Als der Lichtkegel auf die Tür fiel, stand er schlagartig unter Hochspannung. Die Tür wies Einschüsse auf. Sie konzentrierten sich um den Beschlag. Jemand hatte versucht, eine abgeschlossene Tür aufzuschießen.
    Davon stand kein Wort in der Akte.
    Winter griff zum Handy.
    ***
    «Die werte Laune steht nicht zum Besten», warnte Hildchen, die Kommissariatssekretärin, als Winter erschien, um wie bestellt beim Chef vorzusprechen.
    Fock, der Chef des K  11 , trug zu seinem gescheitelten Silberhaar und ebensolchen Schnauzbart als Markenzeichen eine rote Fliege. Der schwarze Anzug mit weißem Hemd war ebenfalls obligat. «Ach, Winter, da sind Sie ja endlich», begrüßte er diesen in rügendem Ton und blickte von einem Schriftstück auf. «Setzen Sie sich. Also, wir haben ja nun das Problem, dass Sie im Fall Vogel erst heute eingestiegen sind. Ich frage mich, ob Sie in der Lage sind, die Ermittlungen zu leiten. Es wäre wahrscheinlich praktischer, die Leitung in die Hände des Kollegen Glocke zu legen, nach dem Senioritätsprinzip. So hatte ich das als Interimslösung angeordnet. Oder vielleicht wäre ein jüngerer Kollege geeigneter, ich denke da an diesen neuen, Kettler, der scheint doch sehr patent.»
    «Das ist überflüssig», protestierte Winter rasch. «Natürlich kann ich die zentrale Sachbearbeitung übernehmen, gar kein Problem. Ich bin durch die Akte schon durch.» Der faule, fröhliche Kettler war garantiert der Letzte, den man auf einen verantwortungsvollen Posten setzen sollte. Und der Senior des Teams, Heinz Glocke, war zwar routiniert und gewissenhaft, aber nach Winters Einschätzung nicht der hellste Kopf und ohne jede Neigung zu Eigeninitiative.
    «Ich dachte ja nur», sagte Fock beleidigt. «Mir wurde nämlich zugetragen, dass Sie sich von dem Fall überfordert fühlen.»
    Winter zog die Brauen hoch. Er war leicht schockiert. «Von wem haben Sie denn das?», fragte er.
    «Von niemand Bestimmtem. Es war so mein Eindruck. Sie sprachen davon, dass Sie den Fall sehr schwierig finden. Die Kollegen scheinen da anderer Meinung zu sein.»
    «Nicht dass ich wüsste. Der einzige Kollege, der den Fall
nicht
schwierig findet, ist Sven Kettler. Kettler meint ja, die Mutter des Geschädigten sei die Täterin. Mir fällt es bloß etwas schwer zu glauben, dass eine bislang unbescholtene Frau von über sechzig einen Killer auf ihren Sohn und ihre Schwiegertochter ansetzt.»
    «Unbescholten? Ach, kommen Sie, Winter. Die Frau hat ihr Leben lang als Prostituierte gearbeitet. Die dürfte im Rotlichtmilieu einige Leute kennen, die für ein paar Scheine zum Töten bereit sind.»
    Die alte Frau Vogel eine ehemalige Prostituierte? Winter war eiskalt erwischt. Davon wusste er nichts. Er musste es in der Akte überlesen haben. Bei der Vernehmung der Dame war es jedenfalls kein Thema gewesen.
    Winter versuchte, sich keine Blöße zu geben. «Wir werden natürlich in die Richtung weiterermitteln», sagte er knapp. «Nur wäre ich mir nicht so sicher, dass die Großmutter Vogel hinter dem Doppelmord steckt. Das Haus bekommt sie durch den Tod jedenfalls nicht, sie ist ja nicht die Erbin ihres Sohnes. Außerdem war sie bei ihrer Aussage ein bisschen sehr freimütig mit dem Hass auf ihren Sprössling. Wäre sie die Täterin, hätte sie sich zurückgehalten.»
    «Ach, Winter, Sie erwarten zu viel Intelligenz von den Leuten. Dabei sind die meisten unserer Kunden eher dumm. Das wissen Sie doch.»
    «Nichtsdestotrotz sollten wir dringend auch in andere Richtungen ermitteln. Die Geschädigte Sabrina Vogel hatte wahrscheinlich einen Liebhaber, wie ich eben bei einem Besuch des Hauses erfahren habe. Außerdem habe ich eine Entdeckung gemacht, die darauf hindeutet, dass es schon einmal einen Anschlag auf die Vogels gab, der aber schiefging und der Polizei nicht gemeldet wurde.»
    Focks Gesicht rötete sich, und der Schnauzbart bebte. «Was? Mensch, Winter! Gute Arbeit! Kaum sind Sie da, bewegt sich was. Sie sind eben doch mein bester Mann. Um halb fünf kommt der Staatsanwalt. Ich schlage vor, wir machen dann eine kurze Konferenz und bringen alle auf den neuesten Stand.» Fock rieb sich die Hände.
    ***
    Auf dem Rückweg ging Winter am Büro seiner altgedienten Mitarbeiter Glocke und Ziering vorbei. Es herrschte ein Höllenlärm, weil gerade ein Hubschrauber
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