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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott
Autoren: Uli Paulus
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glaub ich.»
    «Und sonst? Irgendetwas Besonderes? Hat sie telefoniert oder eine SMS geschrieben?»
    «Wär mir nicht aufgefallen.»
    «Als Sie aus dem Bahnhof zurückkamen, war sie da noch da?»
    «Kann mich nicht dran erinnern, wahrscheinlich nicht.»
    «Und, nur aus Neugierde, haben Sie die Tickets für den Zug gekauft?»
    «Ja, ist ja auch günstiger, als man denkt.» Er lächelte milde.
    Sabina schaute zu Malfazi, der mit seinen Fingernägeln spielte.
«Vielen Dank auf jeden Fall, Herr Seilbach», sagte sie. «Wenn wir Sie noch mal
brauchen, können wir ja sicher vorbeikommen?»
    «Selbstverständlich.» Seilbach lächelte Sabina einladend an. «Sie
können jederzeit auf einen Tee vorbeikommen.»
    «Geiler alter Sack», brummte Malfazi, nachdem die Tür ins Schloss
gefallen war.
    «Also bitte», sagte Sabina, «so alt bist du nun auch wieder nicht.»
    Sie freute sich über die schlagfertige Bemerkung mehr als er. Erst
als sie das Ortsschild hinter sich gelassen hatten, brach er das Schweigen.
    «Bestimmt ist das Mädchen einfach irgendwohin gefahren. Hat sich mit
einem Kerl getroffen und ein paar Tage Auszeit genommen.»
    «Ohne Urlaub? Ich denke, wir sollten uns erst mal an die Postbusse
halten. Bis zum Mittag bekommen wir Rückmeldung, ob sie einem der Busfahrer
aufgefallen ist.»
    «Du hast schon mit der Buszentrale gesprochen?»
    «Ja, mein Arbeitstag beginnt nicht erst um halb zehn.»
    Sabina beschleunigte und schnitt die Kurve. Malfazi wurde gegen das
Seitenfenster geschleudert.
    «Danke», sagte er knapp und krempelte die Ärmel seines schwarzen Hemds
hoch.
    Sabina lächelte unmerklich und liess kurz den Blick über die
Landschaft schweifen. Hier oben war der Winter noch sehr präsent. Nur langsam
tauten die Schneefelder auf und gaben einzelne Wiesenstücke frei. Wie auf einem
riesigen Kuhfell wechselten sich braune und weisse Stellen ab.
    Auf dem Polizeikommando in Chur trennten sich die Kollegen.
Malfazi ging zum Mittagessen, Sabina blieb im Büro. Sie wählte die Nummer der
regionalen Postbusverwaltung. Keinem der Fahrer sei etwas aufgefallen, sagte
der Ansprechpartner für die Personalplanung. Sie könne aber gerne selbst
Kontakt mit den Busfahrern aufnehmen. Sabina liess sich die Namen und
Telefonnummern sämtlicher Fahrer geben, dazu die jeweilige Route, die sie am
Freitag gefahren waren. Als sie auflegte, kam Heini vorbei. Er schaute oft in
ihr Büro, um ein paar Worte mit ihr oder Malfazi zu wechseln.
    «Und, was Neues?», fragte er.
    «Katharina wurde von diesem deutschen Touristen bei den Postbussen
gesehen. Ich hab mir von der Zentrale die Namen der Busfahrer geben lassen,
aber keiner kann sich daran erinnern, das Mädchen gesehen zu haben.»
    «Zeig mal her», sagte Heini und nahm die Liste. Zwölf Namen, dazu
die jeweilige Route mit Abfahrtszeit. Er betrachtete die Namen und kringelte
einen davon ein. «Gustav Höhli», stand da, mit blauem Füller geschrieben und
jetzt mit schwarzem Kugelschreiber umrandet.
    «Und?», fragte Sabina.
    «Gustav Höhli. Den Namen habe ich schon mal irgendwo gelesen. Aber
ich weiss nicht mehr, wo.»
    Das war seine Art. Eine vage Andeutung und dann erst mal nichts
mehr. Sabina mochte den älteren Kollegen. Er hatte sie bei ihrem Dienstantritt
vor drei Monaten freundlich aufgenommen und war immer hilfsbereit. Mit derart
lakonischen Bemerkungen aber konnte sie nichts anfangen.
    «Ich gehe was essen in der Stadt. Kommst du mit?», fragte er.
    Das gefiel ihr schon besser.
    Sie verliessen das graue Polizeigebäude von Chur und fuhren Richtung
Innenstadt. Als sie durch die kleine Gasse kamen, in der die Nachtclubs der
Stadt lagen, fragte Sabina, ob Heini schon einmal in einem der Etablissements
gewesen sei.
    «Hier noch nicht», sagte er, «stell dir vor, meine Nachbarn sehen
mich, wenn ich da reingehe.»
    Endlich mal ein Mann, der nicht heuchelte.
    «Wollen wir mal zusammen reingehen?», fragte sie mit geneigtem Kopf
und einladendem Augenaufschlag. Heinis Kinnlade hing mit einem Mal fünf
Zentimeter unter seinem stark pulsierenden Kropf.
    «War nur ein Spass», sagte sie und drückte ihm ihren Ellbogen in die
Seite. Er atmete aus.
    Im Gansplatz war Heini Stammgast. Er bestellte ein Rösti mit
Speck, Sabina einen Salat.
    «Von irgendwoher muss die Figur ja kommen», sagte er und deutete auf
ihren Teller, der nur aus Rohkost und ein paar Käsestreifen bestand.
    «Deine auch», sagte Sabina und brachte ihn damit zum Lachen.
    Er wog bei einem Meter fünfundsiebzig
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