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Schattengeschichten

Schattengeschichten

Titel: Schattengeschichten
Autoren: Hauke Rouven
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Katja.
    „Nicht der, den jeder kennt.“
    „Was soll das heißen?“
    „Weihnachten, Katja, ist das Fest des Hasses gewesen. Der Wyxnax zerstückelte alljährlich tausende Menschen, um, wie er sagte, das Gleichgewicht der Natur ins rechte Licht zu rücken. Dann aber kamen die Christen, erfanden die Bibel und verbannten ihn zurück in seine Unendlichkeit, aus der er vor Milliarden Jahren gekommen war. Sie erfanden eine positive Geschichte, um nicht an dieses Wesen erinnert zu werden. Keiner sollte je wieder was von Wyxnax erfahren, denn es wird immer Menschen geben, die ihn wieder haben wollen.“
    „So wie wir?“
    „Ganz genau, Katja. Wo hast du von ihm gelesen?“
    „Ich träumte von ihm.“
    Max lachte. Den dreien, die sich nie so leicht aus der Ruhe bringen ließen, ließ es erschaudern.
    „Ich muss mal pissen.“
    Als er weg war, wiederholte Katja, dass Max der Richtige sei, jetzt erst recht, und Richard und Amanda nickten. Der vierte Mann war gefunden.
    „Hat er dir gesagt, wie man ihn beschwört?“
    „Ja.“
    „Na dann. Lass uns ein paar Leuten das Weihnachtsfest vermiesen.“
    „Wird auch Zeit.“
    Max bezahlte und sie standen auf, um den Laden zu verlassen.
    „Warum sagen die beiden eigentlich nichts?“
    „Oh, da war so ein Fluch. Sie bleiben bis zum Neujahrstag stumm.“
    Richard und Amanda nickten.

    „Das sieht nicht gut aus.“
    Danke, Doc. Machen sie mir Mut.
    „Was ist denn?“
    „Ihr Zahnnerv hat sich unter der Plombe entzündet. Haben sie denn nie Schmerzen gehabt?“
    „Nein.“
    „Das muss schon längere Zeit so aussehen. Der Zahn ist innen hohl und schwarz.“
    „Was heißt das?“
    Phil hasste Schmerzen noch mehr als Weihnachten. Wenn alles schief ging, musste er eine beschissene Operation über sich ergehen lassen. Er sah sich schon gefesselt am Zahnarztstuhl, drei Schwestern zerren ihm den Mund auf, damit der Arzt in ihm bohren kann. Das Blut spritzt, die Schmerzen bringen ihm nicht die erhoffte Ohnmacht. Er würde ganz sicher sterben.
    „Der muss gezogen werden.“
    Phil überlegte. Eine Arzthelferin, die Blonde mit den großen Titten, kam herein und verlangte nach einer Unterschrift. Jene Blicke, die sich die beiden zuwarfen, ließen Phil vermuten, dass sie fickten. Wie alle Ärzte irgendwie im Verdacht standen, mit ihren Helferinnen zu ficken.
    „Nein, auf keinen Fall.“
    Phil wollte aufstehen, doch die kräftige Hand des Folterknechts hielt ihn zurück.
    „Herr Hauser. Es gibt keine andere Möglichkeit. Wenn sich der Karies erst einmal ausbreitet, haben sie ganz schnell Probleme mit Zahnfleischentzündungen. Dann folgen Fieber, Zahnausfall und noch mehr...“
    „Schon gut, schon gut. Geben sie mir nur genug Spritzen, damit ich nichts merke.“
    „Das wird nicht so einfach. Wie gesagt, der Nerv ist entzündet.“
    „Nun machen sie schon.“
    Scheiße, und das zu Weihnachten, zu Weihnachten. Ich hasse Weihnachten.
    Der Arzt lächelte ihn an.
    „Wenn es vorbei ist, können sie das Fest richtig schön genießen.“
    Arschloch.
    Dann setzte er die erste Spritze an und traf mit der Nadel ins Zahnfleisch. Kein Blut, aber ein leichter Schmerz, ein Zucken, dann eine zweite Nadel. Während Phil sich erhoffte, eine Überdosis bekommen zu haben, ging der Arzt aus dem sterilen Behandlungszimmer und gab seinem Patienten eine Schonfrist von fünfzehn Minuten. Bis die Betäubung ihre Wirkung entfaltet hatte.

    Der Keller beherbergte einen Haufen Gerümpel. Die vier kämpften sich regelrecht durch die schmalen Gänge und rissen ein altes Bett von der rechts gelegenen Wand. Dahinter befand sich die dünne Holztür, jene, die den geheimen Ritual-Raum verschlossen hielt von der Außenwelt.
    „Ich stelle das alles hier absichtlich hin. Man kann nie wissen, wer einem auf die Spur kommt“, sagte Katja, während sie die ersten Kerzen entzündete und ein schwaches Licht den exakt gezeichneten Kreis erhellte. Ein Pentagramm und diverse Schutz- sowie Schadenszeichen waren in dessen Innenraum gekritzelt worden.
    „Ihr solltet den Äther mal nachziehen!“ gab Max von sich und runzelte offensichtlich die Stirn. Er hatte gehofft, endlich mal wieder mit kompetenten Schwarzmagiern zu arbeiten, aber seine Erwartung traf wie immer zu: Irgendwelche Laien, die das Glück hatten, gelegentlich einen Treffer ins Schwarze zu erzielen. Der Wyxnax war eine Spur zu groß für sie. Nur durch ihn, das wusste er und aus diesem Grund hatte das Schicksal Katja an jenem Mittwoch seinen Drink aus der Hand
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