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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte
Autoren: Megan MacFadden
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freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und eilte dann hinaus auf den Hof. Blendend helles Sonnenlicht überflutete sie, so dass sie blinzeln musste, und sie blieb einen Augenblick stehen, um Wärme und Helligkeit dieses Frühlingstages in sich aufzusaugen. Die Linde neben dem Treppenaufgang begrüßte sie mit süßem Duft und leisem Rauschen, auch das Rotkehlchen saß noch dort oben, halb zwischen den zarten Blättern verborgen, und pfiff sein Lied.
    Eine Magd schlurfte über den Hof zu dem gemauerten Backofen, vermutlich wollte sie nachsehen, ob das Brot schon fertig war, denn sie zog einen Korb hinter sich her. Drüben vor dem Eingang der großen Halle tobten die Knappen herum, ihre kurzen Gewänder waren voller Schmutz, Arme und Beine mit Schrammen und Wunden bedeckt. Zwei Ritter leiteten die Übungen, man hörte ihre rauen Befehle, manchmal verhöhnten sie ihre Schützlinge, Lob hörten die jungen Bürschlein nur selten. Der Vater hatte ihr erklärt, dass die kleinen Kerle nur faul und aufsässig würden, wenn man sanft mit ihnen umginge. Wer ein Ritter werden wollte, der müsse hart wie Stein und kühl wie Eisen werden. Doch sie fand es traurig, dass sich die einst so fröhlichen Knaben mit der Zeit in finstere Gesellen verwandelten, die nur noch an Kampf und Zerstörung dachten und damit prahlten, wie großartig sie ihre Kameraden in den Dreck gestoßen hätten.
    Niemand achtete auf Alina, als sie nun quer über den Hof zum Stall hinüberging, nicht einmal die beiden gelbbraunen, zottigen Hofhunde, die in der Sonne dösten, hoben die Köpfe. Im Stall duftete es nach Heu und nach Pferden, ein wenig auch nach dem Leder der Sättel und nach Hafer. Den bekamen jedoch nur die großen Kampfrösser zu fressen, die die gepanzerten Ritter tragen mussten. Momentan fehlten etliche dieser wertvollen Tiere im Stall, denn Alinas Vater war mit seinen Getreuen unterwegs, um in seinen Burgen nach dem Rechten zu sehen und Gericht zu halten. Er musste dies in regelmäßigen Abständen tun, denn – so hatte er seiner Tochter erklärt – man durfte die Burgleute nicht allzu lange ohne Kontrolle lassen, sonst glaubten sie, in Saus und Braus leben und königliches Gut unterschlagen zu können. Oder – was noch schlimmer war – sie verbündeten sich heimlich mit dem Feind.
    Der Feind – das waren die Wolfskrieger jenseits des Flusses im Norden. Alina hatte noch niemals einen dieser schrecklichen Kerle zu sehen bekommen, denn ihr Vater hatte sie schon vor langer Zeit besiegt.
    Der Pferdeknecht machte ein Nickerchen im Heu und schlief so fest, dass er nicht einmal die Fliege bemerkte, die sich auf seiner Nasenspitze niedergelassen hatte. Leise nahm das Mädchen einen Sattel und legte ihn ihrer Lieblingsstute Niam auf. Das Pferdchen war eine schlanke hellbraune Schönheit mit glänzendem Fell, ihr Vater hatte ihr das hübsche Tier geschenkt, als sie vierzehn Jahre alt wurde. Willig ließ sich die Stute satteln und aufzäumen, schnaubte sogar leise vor Vergnügen und bewegte unruhig die Vorderbeine, als wolle sie schon davongaloppieren.
    »Niam, meine schöne Niam«, murmelte Alina und zog den Sattelgurt fest. »Setz die Hufe ganz leise, wenn ich dich gleich über den Hof führe.«
    Die Gefahr, dass Nessa ihr den Ausritt verbieten könnte, war zwar nicht allzu groß, denn Nessa kümmerte sich wenig um Alina, wenn König Angus unterwegs war. Dennoch war Vorsicht geboten – in Abwesenheit des Königs hatte Nessa alle Gewalt auf der Burg, und wenn sie Alina schaden konnte, würde sie es ganz sicher tun.
    Auf dem Dach des Torgebäudes hockte eine Schar Raben, lästige schwarze Gesellen, die stets darauf aus waren, Früchte, Korn oder sogar frisch geschlüpfte Küken zu stehlen. Sie reckten neugierig die Hälse, als Alina auf den Rücken der Stute kletterte und dann ihr langes Gewand zurechtzupfte, so dass nur noch ein kleines Stück ihrer Waden und die ledernen Schuhe zu sehen waren. Alina ritt stets wie ein Mann, ihr Vater hatte sich schließlich damit abgefunden, denn er sah ein, dass sie so fester im Sattel saß.
    »Wohin des Wegs, Herrin?«, fragte der Torwächter, den die Huftritte aus seiner Ruhe gescheucht hatten.
    »Die Stute ein wenig bewegen, Fergus. Sie ist so unruhig, dass sie sich im Stall fast losgerissen hätte.«
    Der Torwächter war Fergus, Machas Bruder. Er hatte ein breites Gesicht, und seine Nase ähnelte einem Erdklumpen, doch er war ein gutmütiger Mensch, und seiner jungen Herrin sehr zugetan.
    »Das Pferdchen
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