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Schattenfreundin

Schattenfreundin

Titel: Schattenfreundin
Autoren: Christine Drews
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jemand.
    »Das Taxi ist da«, sagte Thomas und gab Katrin einen Kuss.
    »Nur eine kurze Woche, dann bin ich schon wieder da.«
    Sie nahm Leo auf den Arm und drückte ihn an sich. »Ja natürlich«, sagte sie und bemühte sich, dass es fröhlich klang. »Eine kurze, kleine Miniwoche, und schon bist du wieder da.«
    Selbst als das Taxi schon längst um die Ecke gebogen war, winkten Katrin und Leo Thomas noch hinterher.
    Jetzt traten ihr doch noch Tränen in die Augen. Diese blöden Hormone, dachte sie. Schon als sie mit Leo schwanger gewesen war, hatte sie nah am Wasser gebaut. Hoffentlich würde es diesmal nicht wieder so schlimm werden.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. »So, und wir zwei lesen jetzt was Schönes. Was möchtest du? Raupe Nimmersatt oder Häschenschule? «
    »Raupe, Raupe!«, jubelte Leo.
    Katrin ließ ihn hinunter, und sofort lief er ins Haus, um sein Lieblingsbuch zu suchen.

4
    Es dauerte bis zum Nachmittag des nächsten Tages, bis Thomas sich endlich aus Lima meldete.
    »Ich bin total erledigt«, hörte Katrin ihn durchs Telefon stöhnen. Sie hatte das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt und versuchte gerade, Leo und den Wocheneinkauf ins Haus zu bringen. Leo quengelte, er war müde und hatte Durst. Während Katrin versuchte, ihren Sohn zu beruhigen, die Tür aufzuschließen und gleichzeitig das Handy zu halten, riss eine der Einkaufstüten, und eine Sechserpackung Eier fiel auf den Boden.
    »Scheiße!«, schimpfte sie.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Thomas. »Ich verstehe dich kaum. Die Leitung ist so schlecht.«
    »Nichts«, murmelte sie. »Bist du gut angekommen?«, fragte sie mit lauter Stimme und schob Leo in den Hausflur.
    »Ja, schon. Aber im Flugzeug konnte ich überhaupt nicht schlafen, und dann sind vierzehn Stunden ganz schön lang. Dafür haben wir aber ein super Hotel, alles ganz edel und …«
    »Mama, trinken!«, brüllte Leo und fing an zu heulen. »Mamaaaa!«
    »Thomas, wir telefonieren später, okay?«, sagte Katrin und beendete das Gespräch. Es war ihr ziemlich egal, wie edel das Hotel war, dafür hatte sie im Augenblick weder Zeit noch Nerven.
    Sie gab Leo etwas zu trinken und räumte die Einkäufe in die Schränke. Den Rest des Nachmittags versuchte Katrin, eine Umzugskiste auszupacken und gleichzeitig mit Leo eine Legoburg zu bauen. Als sie gerade das Abendbrot machen wollte, klingelte wieder das Telefon.
    »Das ist bestimmt noch mal der Papa«, sagte sie zu Leo und nahm ab.
    Doch es war nicht Thomas, es war ihre Mutter. Sie schluchzte laut, sodass Katrin sie kaum verstehen konnte.
    »Mutter, bitte«, sagte sie. »Was ist los? Ist irgendwas mit Papa passiert?«
    »Er hatte plötzlich Krämpfe, und dann ist er ohnmächtig geworden. Wir sind in der Uniklinik!«
    Katrin erschrak. »Ich komme sofort!«, sagte sie mit zitternder Stimme und legte auf.
    Fieberhaft überlegte sie. Was sollte sie mit Leo machen? Nie war Thomas da, wenn man ihn brauchte! Es blieb ihr nur eins: Sie musste den übermüdeten und quengeligen Jungen ins Auto packen und mit ihm durch halb Münster fahren.
    Als sie schließlich die Uniklinik erreicht hatte, schlief Leo tief und fest in seinem Kindersitz. Und jetzt? Wenn sie ihn aufweckte, würde er bestimmt anfangen zu weinen, und sie musste sich jetzt um ihre Eltern kümmern. Hier auf dem Parkplatz konnte er in aller Ruhe weiterschlafen. Und wenn er irgendwann wach würde? Katrin beschloss, kurz in die Klinik zu laufen, um zu sehen, wie es ihrem Vater ging. Vielleicht hatte ihre Mutter wie so oft übertrieben, und er war schon längst wieder auf den Beinen. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ihre Mutter sich in etwas hineinsteigerte. Wenn es doch etwas Ernsteres sein sollte, würde sie zurücklaufen und Leo holen.
    Sie befestigte den Sonnenschutz an den Fenstern, damit man Leo von außen nicht sehen konnte, und achtete darauf, dass der Wagen auch wirklich verriegelt war. Dann eilte sie ins Krankenhaus. Wahrscheinlich würde ihr Vater eine Infusion bekommen, weil er wieder mal zu wenig getrunken hatte. Er trank immer zu wenig, das sagte sie ihm jedes Mal. Aber als pensionierter und früher sehr erfolgreicher Arzt wusste er natürlich alles besser. Und der Name Dr. Franz Wiesner hatte in Münster immer noch einen besonderen Klang, das musste auch Katrin zugeben. Fast vierzig Jahre lang hatte er eine gut gehende Frauenarztpraxis geleitet, wodurch er Katrin und ihrer Mutter ein sorgloses Leben ermöglicht hatte. Katrin wusste, dass ihr Vater es nicht
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