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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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Büro und dem Mannschaftsraum nicht zu Bruch ge‐
    gangen. Jetzt ließ es Smith mit einem gezielten Schuss
    zerbersten.
    Sara duckte sich, als große Glasscherben herunterreg‐
    neten.
    «Wer ist noch hier?», verlangte Smith. Sie hörte, wie er die Schrotflinte lud. «Zeigt euch, oder ich knall die Alte ab!»
    Marias Schrei wurde mit einem Schlag zum Schweigen
    gebracht.
    Endlich entdeckte Sara Jeffrey in der Mitte des Raums.
    Sie konnte nur seine rechte Schulter und seinen Arm se‐
    hen. Er lag auf dem Rücken und regte sich nicht. Blut sam‐
    melte sich in einer Lache, er hielt noch die Pistole, doch seine Hand war entspannt. Er lag fünf Tische von ihr entfernt, doch selbst von hier konnte sie seinen College‐Ring am Finger erkennen.
    Von rechts hörte sie ein geflüstertes: «Sara.» Frank
    kauerte mit gezogener Waffe hinter der Brandschutz‐
    tür. Er bedeutete ihr, zu ihm herüberzukommen, doch sie
    schüttelte den Kopf. Er klang wütend, als er noch einmal zischte: «Sara.»
    Wieder sah sie Jeffrey an. Sie wünschte, er würde sich

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    bewegen, ein Lebenszeichen von sich geben. Die übrig ge‐
    bliebenen Kinder drängten sich immer noch an Brad, ihr
    Schluchzen wurde nach und nach von der Angst erstickt.
    Sara konnte sie nicht einfach hier zurücklassen, und das
    machte sie Frank mit einem entschlossenen Kopfschütteln
    klar. Sein wütendes Schnauben ignorierte sie.
    «Wer ist noch da?», bellte Smith. «Zeig dich, oder ich
    erschieße die Alte!» Maria schrie, doch Smith schrie noch lauter. «Wer ist dahinten, verdammt nochmal?»
    Ohne weiter nachzudenken, rannte Sara gebückt zum
    nächsten Tisch, in der Hoffnung, Smith konzentrierte sich
    auf Brad. Sie hielt den Atem an, wartete auf Schüsse.
    «Wo sind die Kinder?», rief Smith.
    Brads Stimme war erstaunlich ruhig. «Wir sind hier.
    Nicht schießen. Da bin nur noch ich und drei kleine Mädchen. Wir werden nichts unternehmen.»
    «Aufstehen.»
    «Ich kann nicht, Mann. Ich muss mich um die Kleinen
    hier kümmern.»
    Maria schrie: «Bitte nicht –» Doch wieder wurde sie mit
    einem Schlag zum Schweigen gebracht.
    Sara schloss eine Sekunde die Augen und dachte an ihre
    Familie und an alles, was zwischen ihnen ungesagt geblie‐
    ben war. Dann verscheuchte sie diese Gedanken und dachte
    an die Kinder hier im Raum. Sie starrte auf die Pistole in Jeffreys Hand, setzte ihre ganze Hoffnung auf diese Waffe.
    Wenn sie Jeffreys Pistole in die Finger bekäme, hätten sie vielleicht eine Chance. Noch vier Tische. Jeffrey war nur noch vier Tische entfernt. Wieder sah sie ihn an. Er rührte sich nicht, seine Hand lag regungslos da.
    Smith war weiter mit Brad beschäftigt. «Wo ist deine
    Kanone?»

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    «Hier», sagte Brad, und Sara warf sich unter den nächs‐
    ten Tisch. Sie hatte zu viel Schwung, doch sie schaffte
    es gerade noch, hinter einem Aktenschrank abzubremsen.
    «Ich habe hier drei kleine Mädchen, Mann. Ich werde nicht
    schießen. Ich habe meine Waffe nicht angerührt.»
    «Wirf sie hier rüber.»
    Sara hielt die Luft an und wartete, bis sie Brads Waffe über den Boden rutschen hörte, dann rannte sie zum
    nächsten Tisch.
    «Nicht bewegen!», schrie Smith, als Sara unter den
    nächsten Tisch schlitterte. Ihre Füße waren feucht, und
    sie sah die blutigen Fußspuren, die ihren Weg markierten.
    Sie konnte sich gerade noch halten, bevor sie ins Freie
    rutschte.
    Maria heulte: «Bitte!»
    Dann erschallte das laute Klatschen von Fleisch auf
    Fleisch. Marias Stuhl knirschte herzerweichend, als wäre
    er entzweigebrochen. Sara sah von unter dem Tisch, wie
    Maria auf dem Boden landete. Speichel rann ihr aus dem
    Mund, und ihr Gebiss schlitterte über die Fliesen.
    «Ich hab gesagt, nicht bewegen!», wiederholte Smith
    und gab Marias Stuhl einen Tritt, der ihn quer durch die Anmeldung katapultierte.
    Sara versuchte, ruhig zu atmen, als sie sich näher an Jeffrey anpirschte. Nur noch ein Tisch trennte sie von ihm, doch der stand falsch herum und blockierte ihr den Weg.
    Wenn sie losrannte, wäre sie in Smiths Schusslinie. Sie befand sich genau auf der Höhe der Kinder, drei Tische entfernt. Sie könnte die Pistole nehmen und ... Saras Herz
    setzte aus. Was würde sie damit tun? Wie sollte sie schaffen, was zehn Cops nicht geschafft hatten?
    Das Überraschungsmoment, dachte Sara. Sie hatte das

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    Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Smith und sein
    Komplize wussten nicht, dass sie da war. Sie würde sie über‐
    rumpeln.
    «Wo ist deine zweite
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