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Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Titel: Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)
Autoren: Frank Schumann , Heinz Wuschech
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absolviert in den 50er Jahren, in der Hochzeit des Kalten Krieges, seine Universität des Lebens. Beobachtungen und Begebenheiten formen sein Weltbild, das klar strukturiert ist und ihn veranlasst, Partei zu nehmen. Er tritt in
die Partei
ein, in der solche Leute sind wie Erhard Deutsch, Julius Balkow, Erwin Kerber, Hans Mark, Erich Sbriszny, Lore Staimer und Georg Wolgast – Kollegen und Kommunisten aus seiner unmittelbaren Umgebung.
    Sein Chef Erhard Deutsch überlebte als Jude Auschwitz, Balkow und Sbriszny kämpften aktiv gegen die Nazis und saßen dafür Jahre in Zuchthäusern, Lore, die Tochter Wilhelm Piecks, war vor den Faschisten ins Exil geflüchtet und ist verheiratet mit dem viel gerühmten General der Internationalen Brigaden in Spanien Richard Staimer. Der Widerständler Wolgast war aus dem Strafbataillon 999 zu den jugoslawischen Partisanen übergelaufen, um mit ihnen gegen die faschistischen Okkupanten zu kämpfen … Hinter ihnen allen liegen blutige Auseinandersetzungen und vor ihnen eine schwere Zukunft, denn diese DDR, ihr Staat, muss erst mühsam und mit ihrer tätigen Hilfe aus Ruinen auferstehen. Die Mühen bestehen nicht nur aus der Last der Geschichte und den Reparationen, die an die Sowjetunion und Polen zu entrichten sind, sondern auch in den Zwängen und Knebelungen, die der andere deutsche Staat ausübt. Die Irredenta soll befreit werden, also muss das politische Regime in der DDR weg.
    Das aber will Schalck gleich seinen Mitstreitern mit allen Mitteln verhindern.
    Schon bevor Ende 1949 auf Initiative der USA ein »Koordinationsausschuss für mehrseitige Ausfuhrkontrollen (
Coordinating Committee on Multilateral Export Controls
, kurz CoCom) gegründet worden war, trat man in den Westzonen auf die Bremse, um den sogenannten Interzonenhandel zu unterbinden, zumindest zu behindern. Auf diese Lieferungen von Rohstoffen und Materialien ist man in der sowjetischen Besatzungszone aber angewiesen. Die Industriestruktur in Deutschland wuchs entsprechend den regionalen Gegebenheiten über Jahrhunderte. Eine politische Teilung des Wirtschaftsraumes, wie sie sich nunmehr abzeichnet, erweist sich für den Osten als besonders nachteilig. Versuche der dortigen Führung, die Sowjetunion zu Zugeständnissen zu bewegen – etwa das schlesische Stahl-und Kohlerevier oder den Zipfel Usedoms mit dem Hafen von Swinemünde der SBZ zuzuschlagen – liefen ins Leere. Hinzu kommt, dass die Westzonen ihre Reparationsleistungen schuldig bleiben, worauf diese der sowjetischen Zone zusätzlich aufgebürdet werden. Bis 1954 geht aufgrund von Demontagen etwa 50 Prozent der Industriekapazität, die bei Kriegsende auf dem ostdeutschen Territorium existierte, verloren, die Region SBZ/DDR fällt auf den Stand von 1936 zurück. In Berlin waren schon 1945 an die fünfhundert Betriebe demontiert worden.
    Das alles kann man im Nachgang beklagen, nur eines darf man nicht: ausschließlich die Russen dafür haftbar machen. Die Kausalkette lautet nämlich: Errichtung der Nazidiktatur, Überfall auf die Nachbarvölker, Krieg gegen die Sowjetunion, Zerschlagung des deutschen Faschismus durch die Antihitlerkoalition, Potsdamer Abkommen der vier Siegermächte. Das heißt: Die Folgen des Krieges hatte sich das deutsche Volk selbst zuzuschreiben, fast jeder zweite Deutsche, das ist vergessen, weil heute selten daran erinnert wird, hat im Frühjahr 1933 der Nazipartei und deren Programm die Stimme gegeben. Er ist dem Führer nicht nur bis in die Katastrophe gefolgt, sondern hat sie mit anrichten helfen.
    An den Kriegsfolgen tragen alle Deutschen, aber besonders jene in der sowjetischen Zone. Dort fanden nicht nur die letzten Schlachten des Krieges statt, dort gibt es traditionell wenig Industrie und fehlen Rohstoffe, dort bedient sich die Besatzungsmacht gemäß der mit den Westalliierten vereinbarten Reparationen, dort sitzt – aus Sicht der Westmächte – der alte und der neue Gegner: der Kommunismus. Seine Ausbreitung soll eingedämmt werden, weshalb die erste Strategie des Kalten Krieges »Containment« heißt. Später würde man ihn mit der NATO zurückrollen wollen (»Rollback«).
    Laut Ex-Premier Winston Churchill hatte sich 1945 über Europa ein »Eiserner Vorhang« herabgesenkt, wobei er eine Anleihe bei Nazipropagandist Goebbels nahm. Der hatte diese Wendung als Erster benutzt, um das christliche Abendland vorm vorrückenden Bolschewismus zu warnen.
    Und um diese Demarkationslinie zwischen »Demokratie« und »Diktatur«
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