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Schabernackel

Schabernackel

Titel: Schabernackel
Autoren: Werner Schrader
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er dann auch keiner Mücke mehr ein Leid zufügt.“
    Er hob das linke Bein und flog davon.
     
     
     

     
    Die Nacht verbrachte Schabernackel in einem verlassenen Storchennest oben auf dem Giebel eines Strohdachhauses. Geweckt wurde er am Morgen durch lautes Klopfen. „Herein!“ rief er schlaftrunken.
    Aber es wollte niemand herein, im Gegenteil, es wollte jemand hinaus, und zwar durch die Wand.
    „Na, so was“, murmelte Schabernackel. „Hat man denn nicht mal hier seine Ruhe?“
    Er gähnte und flog einmal um das Haus herum, um festzustellen, wer ihm den Schlaf geraubt hatte.
    Da sah er, wie ein Mann Steine aus der Mauer brach, damit er ein Fenster einbauen konnte. Er sah auch, daß überall am Haus schon etwas gemauert, gezimmert und verändert worden war. Einige Fenster waren vergrößert, andere verkleinert und wieder andere ganz zugemauert worden. Allem Anschein nach wollte ein Städter das ehemalige Bauernhaus mit all seinen Stallungen und Vorratsräumen zu einem Wohnhaus umbauen. Gerümpel aller Art lag rundum verstreut. Schabernackel sah dem fleißigen Mann eine Weile zu. Hoffentlich klopft er sich nicht auf die Finger, dachte er. Mit dem großen Hammer muß das sehr weh tun.
    Aber der Mann war geschickt. Der Hammer traf immer genau den Meißel und nicht ein einziges Mal seine Hand. Das Loch in der Mauer wurde größer und größer. Schließlich steckte der eifrige Steinbrecher den Kopf hinaus und maß mit einem Zollstock nach, ob das Fenster schon Platz hätte.
    „Okay, Otto“, rief er darauf ins Haus hinein. „Du kannst das Fenster einsetzen, es müßte jetzt passen! Ich bring’ inzwischen schon mal eine Karre voll Schutt weg.“
    Mit einem Satz sprang er aus der Maueröffnung ins Freie und begann die Brocken, die er losgeschlagen hatte, in eine eiserne Schubkarre zu laden. Als die voll war, schob er los, um sie irgendwo auszukippen. Erst ging er die Straße hinunter, an der sein Haus stand, dann bog er in eine Seitenstraße ein und marschierte schließlich einen einsamen Feldweg entlang, wo zu beiden Seiten Maisfelder lagen.
    Schabernackel, neugierig, wohin der Schutt wohl gebracht werden sollte, flog hinterher.
    Da ist sicherlich eine Müllkippe, dachte er.
    Aber nein, da war keine.
    Der Mann stellte die Karre ab, schaute sich um, ob ihn auch niemand beobachtete, und warf dann einen Brocken weit in das linke Feld und einen in das rechte Feld hinein. Darauf schob er die Karre ein paar Meter weiter und schleuderte wieder nach links und rechts die Brocken in den Mais.
    „Höh“, rief Schabernackel, „da hört sich doch alles auf! Wer soll den Schutt da jemals wieder herausholen? Das ist ja eine Unverschämtheit von dem Kerl.“
    Nach und nach wurde die Schubkarre leer, und der Mann konnte zurückfahren. Er pfiff dabei fröhlich vor sich hin. Schabernackel folgte ihm.
    Wenn er den ganzen Unrat vor seinem Haus auf diese Weise loswerden will, dachte er, muß ich ihm einen Riegel vorschieben! Kein Mensch mag schließlich auf einer Müllkippe wohnen. Ob ich aber ein Mittel gegen Umweltverschmutzer in meinem Lumpensack habe?
    Wieder auf dem Storchennest gelandet, beobachtete er den Mann weiter und mußte erleben, daß der tatsächlich die Absicht hatte, seinen gesamten Unrat in die Maisfelder zu werfen.
    „Nein“, sagte Schabernackel leise, „so nicht, mein Freund! Du lebst nicht allein auf der Welt und mußt auf deine Mitmenschen Rücksicht nehmen. Die wollen deine Abfälle nicht haben.“
    Er flog auf eine nahe Wiese und schüttete den Lumpensack aus. Den Backpfeifengeber fand er bald, den Satzdreh- und Wortwechselcomputer auch sowie den magnetischen Gegenteiler und noch vieles mehr. Aber nichts schien ihm geeignet, einen Schmutzfink zur Sauberkeit zu erziehen.
    Hm, sagte er sich, nicht weiter schlimm, dann muß ich eben selber mit anfassen. Wenn ich einen kräftigen Schluck Stärkungssaft trinke und mich unsichtbar mache, wird es schon gehen. Er kicherte. Das könnte sogar ein ganz besonderer Spaß werden.
    Der Stärkungssaft war in einer grünen Flasche. Die Aufschrift darauf lautete: Achtung! Achtung! Sparsam verwenden! Schon ein Teelöffel dieses Saftes verleiht die Kraft eines Riesen!
    Das dürfte genügen, um mit dem Schmutzfink fertigzuwerden, dachte Schabernackel. Dennoch werde ich sicherheitshalber zwei Teelöffel voll einnehmen.
    Da er keinen Löffel zur Hand hatte, setzte er die Flasche einfach an den Mund und nahm zwei tiefe Züge.
    „Brrr!“ rief er und schüttelte sich. „Das
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