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Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)

Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)

Titel: Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
Autoren: Michael Borlik
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mir zu Füßen liegen.«  
    Wie bitte? Ich hob empört den Blick. Er war mir jetzt so nahe, dass sein Atem über mein Gesicht streifte, während ein feiner Geruch nach Fell und Wald in meine Nase stieg. Aha, ein Werwolf. Das erklärte sein übergroßes Ego.  
    »Ich heiße Ethan.« Sein schiefes Lächeln entblößte einen seiner Eckzähne. Schneeweiß, wie frisch gefallener Schnee.  
    »Tara.«  
    Ich sank zurück in meinen Sitz, von wo ich ihm zusah, wie er meine Fahrkarte abknipste. Anstatt das Abteil anschließend zu verlassen, ließ er sich mit einem Seufzer auf den freien Platz mir gegenüber fallen.  
    »Du hast doch nichts dagegen, oder?« Er streckte seine Beine aus, die wie zufällig meine streiften. »Ich hasse diesen Job. Vorhin bin ich nur mit knapper Not einer Horde alter Schachteln entkommen. Die haben mich begrapscht, als wäre ich ein Gratisstück Sahnetorte. Ich sage dir, die wurden richtig zudringlich. Ganz im Gegensatz zu dir.« Er neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte mich schelmisch.  
    Lief hier gerade das, was ich vermutete? Meine Neugier war jedenfalls geweckt. Also spielte ich erst einmal mit. »Und da hast du ihnen gleich mal die Zähne gezeigt, was?«
    Seine dunklen Augen funkelten amüsiert. »Ich wusste doch, dass du kein Mensch bist. Ich tippe mal auf Hexe, obwohl der Geruch nach Wildblumen nur sehr schwach ist.« Er kniff die Lider zusammen und musterte mich aufmerksam. »Aber da ist noch ein anderer Geruch an dir.«
    Alle Kinder der Nacht haben ihren eigenen Duft. »Meine Mutter ist eine Hexe.«  
    Er nickte. »Fährst du bis London Main Station?«
    »Charing Cross.«
    »Was für ein Zufall! Meine Schicht endet dort.« Er verschränkte die Arme im Nacken und bedachte mich mit einem wölfischen Lächeln. Ein Jäger auf Beutefang. »Also, wenn du nichts weiter vorhast ...« Er ließ den Satz unbeendet, doch ich verstand auch so, worauf er hinauswollte.  
    »Sorry, daraus wird nichts.« Gegen einen Flirt hatte ich bestimmt nichts, aber auf mehr würde ich mich bei einem Werwolf nicht einlassen. Niemals.
    »Bist du dir auch ganz sicher?« Er rekelte sich genüsslich, wie um mir vor Augen zu führen, was ich mir seiner Meinung nach entgehen ließ. Dabei rutschte sein Hemd so weit aus der Hose, dass es den Ansatz eines Sixpacks entblößte. Werwölfe sind in ihrer menschlichen Gestalt die reinste Augenweide. Keine Frage. Allerdings war das noch lange kein Grund, gleich mit ihm ins Bett zu hüpfen. »Komm schon, du weißt gar nicht, was du verpasst.«  
    »Das ist ja das Schöne daran. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.«
    Für einen Moment wirkte er verblüfft. Er schien sich nicht oft eine Abfuhr einzuhandeln. Dann sprang er auf, das Gesicht rot vor Wut und Enttäuschung. »Noch eine gute Weiterfahrt, Ma’am.« Er floh aus dem Abteil und knallte die Tür hinter sich zu.  
    Ich schloss stöhnend die Augen. Jungs!
    Eine Stunde später trafen wir in Charing Cross ein. In wenigen Minuten würde ich mich noch elender fühlen, wenn ich in Mums und Dads überbesorgte Gesichter blickte. Bestimmt lagen die Koffer schon gepackt im Auto. Wohin würde es dieses Mal gehen? Rüber aufs Festland? Paris würde mir gefallen. Ich mag den Louvre. Zumindest das, was ich aus dem Internet von ihm kenne. Oder es ging gleich in die USA. Großes Land. Unbegrenzte Möglichkeiten. Gott, war ich wirklich schon so abgestumpft, dass mir das nicht einmal mehr etwas ausmachte?  
    Als der Zug mit quietschenden Bremsen zum Halten kam, warf ich mir meinen Rucksack über und eilte zum nächsten Ausgang. Ich hatte damit gerechnet, dass meine Eltern mich augenblicklich wie zwei Bodyguards zwischen sich nehmen würden. Doch Fehlanzeige. Niemand erwartete mich. Weder Mum noch Dad oder einer ihrer Freunde. Ich konnte es nicht glauben. Ich holte mein Handy hervor, um sie anzurufen. Aber nur die Mailbox ging ran. Zu Hause hob ebenfalls keiner ab. Wir hatten jetzt fünf Uhr. Der Zug war mehr als pünktlich. Die Direktorin musste sie doch informiert haben. Außerdem hatte ich ihnen von unterwegs eine SMS geschickt.  
    Allmählich wurde ich unruhig. Die anderen Reisenden, die mit mir aus dem Zug gestiegen waren, verschwanden nach und nach und ich blieb alleine auf dem Bahnsteig zurück. Ich warf mein Gepäck auf eine Bank. Meine Eltern ließen mich nie warten. Besonders nicht in einer Situation wie dieser. Vielleicht sollte ich sie ausrufen lassen, überlegte ich mir gerade, als ein kehliges Krächzen
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