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Sawyer

Sawyer

Titel: Sawyer
Autoren: Debbie Macomber
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zutiefst unglücklich war. Sie war anders als die übrigen Frauen in Hard Luck gewesen, denn sie hatte einen Akzent gehabt und war eine Einzelgängerin gewesen. Soweit Sawyer wusste, war Pearl Inman ihre einzige Freundin gewesen.
    In gewisser Weise hatte er sich seiner Mutter geschämt, denn er hatte sich gewünscht, sie wäre so wie die Mütter seiner Freunde. Das Einzige, was ihr je wichtig gewesen zu sein schien, waren ihre Bücher. Und ironischerweise waren es genau diese Bücher gewesen, derentwegen Abbey nach Hard Luck gekommen war.
    Wie damals sein Vater würde er, Sawyer, also am nächsten Morgen zum Flugplatz gehen und beobachten, wie die Frau, die er liebte, Hard Luck verließ. Danach würde er sich genau wie sein Vater damals vollaufen lassen.
    Sawyer schob seinen Teller weg und stand auf. Dann ging er ins Wohnzimmer und schaute sehnsüchtig aus dem Fenster. Obwohl Abbey nur wenige Meter von ihm entfernt war, hätte sie ebenso gut am anderen Ende der Welt sein können.
    Er verspürte den unwiderstehlichen Drang, zu ihr hinüberzugehen und ihr zu sagen, was ihm auf dem Herzen lag. Falls es auch nur die geringste Chance gegeben hätte, dass sie ihm zuhörte, hätte er es getan.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Scott sein altes Fahrrad in seinen Garten brachte. Dort warf der Junge es hin und versetzte ihm einen Tritt.
    Erst die Mutter und jetzt auch das Kind … Nachdem Sawyer einmal tief durchgeatmet hatte, ging er zur Haustür und trat auf die Veranda. „Stimmt etwas nicht, mein Junge?“
    „Ich bin nicht dein Junge!“ rief Scott trotzig.
    „Was ist los?“
    Wieder versetzte Scott dem Fahrrad einen Tritt. „Du kannst dein blödes altes Fahrrad wiederhaben. Ich will es nicht.“
    „Danke fürs Zurückbringen“, erwiderte Sawyer ausdruckslos. Scotts Verhalten war völlig untypisch für ihn. Während Sawyer die Treppe hinunterging, überlegte er, was er sagen sollte. „Hast du Lust, es mit mir in den Schuppen zu bringen?“
    „Nein.“
    Sawyer bückte sich, um das Rad aufzuheben. Im selben Moment begann Scott, auf ihn einzuschlagen und ihn zu treten. Es tat zwar nicht weh, aber Sawyer war völlig verblüfft.
    „Du hast meine Mutter zum Weinen gebracht!“ schrie Scott. „Jetzt müssen wir aus Hard Luck weg.“
    Da der Junge sich überhaupt nicht mehr beruhigte, ließ Sawyer das Fahrrad los, kniete sich ins Gras und nahm ihn in die Arme. Jetzt weinte Scott bitterlich.
    Während Sawyer ihn festhielt, war ihm, als würde es ihm das Herz brechen. Es war schlimm genug, Abbey zu verlieren, und es war nicht fair, dass sie ihm auch noch die Kinder wegnahm.
    Obwohl sie erst seit wenigen Wochen in Hard Luck lebten, hatten sie sein Herz im Sturm erobert. Er hatte sich daran gewöhnt, dass Scott jeden Tag bei ihm vorbeikam und ihn fragte, ob er Eagle Catcher hinauslassen dürfe. Und Susan mit ihrem strahlenden Lächeln und ihrer temperamentvollen Art konnte ihn jederzeit um den Finger wickeln.
    „Es tut mir Leid, dass ich deine Mutter zum Weinen gebracht habe“, flüsterte Sawyer immer wieder, obwohl er bezweifelte, dass seine Worte zu Scott durchdrangen.
    Scott schluchzte und barg das Gesicht an seiner Schulter. Irgendwann legte er ihm die Arme um den Nacken, als wollte er ihn nie mehr loslassen. „Dein Fahrrad ist gar nicht so blöd“, brachte er hervor.
    „Ich weiß.“
    „Wir müssen heute unsere Sachen packen. Mom hat uns beim Abendessen gesagt, dass wir morgen früh abreisen. Wir fliegen zurück nach Seattle.“
    „Ich weiß.“ Sawyer machte keinen Hehl daraus, wie sehr er es bedauerte.
    Nun schaute der Junge zu ihm auf und musterte ihn aus verweinten Augen. „Du weißt es?“
    Sawyer nickte.
    „Und du wolltest uns einfach so gehen lassen und dich nicht einmal von uns verabschieden?“
    „Ich hatte vor, mich morgen am Flugplatz von euch zu verabschieden“, erklärte Sawyer. Was hätte er sonst auch tun sollen?
    „Susan und ich wollen aber nicht weg.“
    Sofort wurde Sawyer leichter ums Herz. Vielleicht konnten die Kinder Abbey ja zur Vernunft bringen. „Habt ihr es eurer Mutter gesagt?“
    „Ja, aber da hat sie noch mehr geweint. Ich dachte, du magst Mom und Susan und mich.“
    „Das tue ich auch Scott – mehr, als du dir vorstellen kannst.“ Scott befreite sich aus seiner Umarmung. „Und warum will Mom dann unbedingt weg? Warum tust du nichts dagegen?“
    „Weil …“ Sawyer suchte nach den richtigen Worten. „Manchmal ist es eben nicht einfach zu erklären. Du bist erst
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