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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder
Autoren: Jonathan Kellerman
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klopfte seiner Frau nicht gerade sanft auf den Rücken. Sie versteifte sich, lächelte aber weiter.
    »Leben Sie in Washington?«, fragte Robin.
    »Wir haben ein Haus in Georgetown«, antwortete Jo, »aber die meiste Zeit sind wir auf Reisen.«
    Sie zuckte zusammen. Eine Eidechse genau wie die, die ich an unserem Fenster gesehen hatte, spurtete über das Geländer. Picker schnippte mit einem Finger danach und lachte, während das Tier hinter dem Geländer verschwand.
    »Machen die dir immer noch Angst?«, tadelte er seine Frau. »Ich habe dir doch gesagt, sie sind harmlos. Hemidactylus frenatus; Hausgeckos, fast zahm. Die Leute füttern sie vor ihren Häusern, wo sie sich dann herumtreiben und sich nützlich machen, indem sie all die kleinen Krabbeltiere fressen.«
    Er hielt seine Finger vor Jos Gesicht und machte eine Spinne nach. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er auf der Schule den Mädchen Insekten in die Blusen gesteckt hatte.
    Jo bemühte sich weiter zu lächeln. »Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass diese Viecher an meinem Fenster Klimmzüge machen.«
    »Weil sie so empfindlich ist, kann ich meine Arbeit natürlich nicht nach Hause bringen«, zog uns Picker ins Vertrauen und Jo wurde unter ihrer Sonnenbräune sichtlich rot.
    Die junge Haushälterin, Cheryl, kam mit einem Tablett heraus und brachte die Getränke, die die Pickers bestellt hatten, und je ein Glas Mineralwasser und Limone für Robin und mich.
    »Zurückgeblieben, die Kleine«, sagte Picker, als sie gegangen war, und tippte sich an die Stirn. Dann hob er sein Glas. »Auf alles, was kein Rückgrat hat.«
    Vom Ozean strahlte rotes Licht herein und färbte seinen Bart. Seine Frau schaute in eine andere Richtung und nippte an ihrem Soda und wir gingen ein paar Schritte weg von ihnen.
    »Charmant, nicht wahr?«, sagte ich, als sie uns nicht mehr hören konnten.
    »Warum hast du so darauf bestanden, nichts zu trinken zu bestellen, Alex?«
    »Weil ich bemerkt habe, wie Ben mit den Zähnen geknirscht hat, als Picker seinen Bourbon bestellte. Er ist ein qualifizierter Sanitäter und Krankenpfleger und legt keinen Wert darauf, wie ein Hausdiener behandelt zu werden. Ist dir aufgefallen, dass er Cheryl mit den Gläsern rausgeschickt hat?«
    »Ach, mein Psychologe.« Sie legte einen Arm um meine Hüfte und ließ ihren Kopf an meine Schulter sinken.
    »Liebesgetuschel?«, rief Picker quer über die Terrasse.
    »Lass sie in Frieden, Ly«, ermahnte ihn Jo.
    »Willkommen im Paradies«, murmelte ich.
    »Ach ja, die Liebe ...«, plapperte Picker weiter. Dann schaute er in sein leeres Glas. »Ich glaube, ich brauche noch einen.«
    Doch dann machte er keine Anstalten, sich etwas zu trinken zu holen; auch seine Frau nicht. Es herrschte willkommene Stille und ich hörte Schritte hinter uns. Ich drehte mich um und sah eine reizende blonde Frau auf uns zukommen.
    Ende zwanzig oder Anfang dreißig, schätzte ich. Wespentaille und knabenhafte Hüften, kleine Brüste, lange Beine. Sie trug eine apricotfarbene Seidenbluse und eine schwarze, weite Krepphose. Ihr einfach geschnittenes, schulterlanges Haar wurde von einem schwarzen Band zusammengehalten. Das Honigblond sah echt aus und jeder Zug in ihrem Gesicht war von äußerster Feinheit und genau am richtigen Platz: ein weicher, voller Mund, ein gerades Kinn, zarte Ohren und blaue Augen - traurige Augen.
    Bis auf die Haarfarbe hätte sie die Frau auf dem Ölgemälde sein können.
    »Dr. Delaware und Ms. Castagna? Ich bin Pam, Dr. Morelands Tochter.« Eine sanfte, melodische, leicht zurückhaltende Stimme. Sie hatte ein gewinnendes Lächeln, doch als sie uns ihre Hand anbot, schaute sie zur Seite. Ich kannte diese Art, Augenkontakt zu vermeiden, von Patienten, die in aller Regel als Kinder unter qualvoller Scheu gelitten hatten.
    »Und selbst eine Doktorin«, informierte uns Picker. »Wir sind von Superfrauen umgeben und alle tun so bescheiden.«
    Pam Moreland schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln. »Guten Abend, Lyman. Jo ... Entschuldigt, dass ich so spät bin. Dad sollte auch bald hier sein. Wenn nicht, fangen wir ohne ihn an. Es gibt gefüllte Hühnerbrust, was Dad sowieso nicht isst. Gladys macht ihm etwas Vegetarisches.«
    Ihr Lächeln war zauberhaft, doch ihre Augen blieben traurig.
    »Ich habe Ihren neuen Gästen soeben eine kleine Geschichtsstunde gegeben«, sagte Picker. »Ich habe ihnen erzählt, dass Wissenschaftler diesen Flecken gewöhnlich meiden, weil Margaret Mead gezeigt hat, dass
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