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Sarah Boils Bluterbe (German Edition)

Sarah Boils Bluterbe (German Edition)

Titel: Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Autoren: Nicole Laue
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prangte an der Wand eine schwarze Tafel, auf der der Reihenfolge nach die Nummern in grüner Leuchtschrift angezeigt wurden.
    Ich schlenderte an den bereits besetzten Stühlen vorbei und steuerte den letzten freien Stuhl an. Vor mir befanden sich fünf Annahmestellen, jedoch war lediglich eine besetzt. Das kleine, dicke Kerlchen mit fettiger Sturmfrisur wetzte ständig in das Lager linker Hand und kam mit irgendwelchen Austauschgeräten zurück. Jedes Mal, wenn er hechelnd den langen Gang zurück gelaufen kam, rief er den wartenden Kunden mit piepsiger Stimme zu: „Noch einen Augenblick Geduld, wir sind unterbeseeeeeetzt.“
    Das letzte Wort zog er so schrecklich in die Länge, dass ich Angst hatte, seine Lungen würden kollabieren. Irgendwie tat er mir sogar leid. Die Schweißperlen, auf seiner Stirn wischte er ständig mit dem Ärmel seines Pullovers ab und ich hoffte, dass er mir nicht gleich die Hand zum Gruße reichen würde. Ich blickte auf die Uhr und seufzte.

Das kann ja noch dauern!
    Neben mir saß ein junger Freak mit eisernen Ohren. Ähnlich wie bei einem Mutanten, glitzerten seine Ohrmuscheln, als hätte er sie gerade frisch auf dem Schrottplatz einbauen lassen. Ich konnte die vielen Ringe nicht zählen ohne ihn endlos lang anzustarren. Seine Hände waren mit ebenso vielen Ringen bestückt, dass sie aussahen wie gruselige Totschläger eines Bandenmitgliedes aus einer Gettogang. Mit schmutzigen und verklebten Fingernägeln musste er ein ganzes Fußballfeld umgegraben haben. Schwarze Ränder und abgebrochene Ecken und Kanten hinterließen ein Bild des Grauens. Der Gestank von altem Schweiß und Körperfett verteilte sich langsam wie eine Wolke um die wartende und genervte Menschenmenge. Schmatzend kaute er lautstark auf einem grünen Kaugummi herum und machte knallende Geräusche. Mir jagte ein Schauder nach dem anderen über den Rücken.

Wie kann jemand so leben?
    Ich rutschte soweit ich konnte, auf die linke Kante meines Sitzplatzes.

Gut, dass ich noch nicht gefrühstückt habe.
    Die Luft war stickig und die Zahlen auf der Tafel veränderten sich nicht im Wesentlichen. Es drohte der absolute Freitagskoller, meine Nerven lagen blank. Ich beobachtete den Eingangsbereich und versuchte mir und meinen Augen ein neues Bild zu schenken. Eine dicke Frau mühte sich vor mir mit einem großen Karton ab, wobei ihr fettiges und strähniges Haar ständig in ihr Gesicht fiel und ihre verquollenen Augen verdeckte. Ihre pink geschminkten Lippen plusterten sich immer wieder flatternd auf und die ungepflegten Haarsträhnen klatschten regelrecht von links nach rechts und blieben auf ihrer Stirn kleben. Dann betrat ein Angestellter des Technicomarktes mit einem Kunden den Wartebereich, indem ich saß und Trübsal blies. Er schob einen Einkaufswagen vor sich her, auf dem sich ein Plasma-Bildschirm befand. Gefolgt von einem jungen, attraktiven Mann im Nadelstreifenanzug.

Na, das war doch mal ein schmuckes Kerlchen!
    Sein Körper passte brillant in das schöne Stöffchen. Meist hatten Anzüge bei Männern nicht wirklich überall einen guten Sitz, entweder waren die Beine zu kurz, oder die Arme zu lang. Dieser schien jedoch auf seinen Körper maßgeschneidert zu sein. Sein dunkles Haar trug er recht kurz und jede Strähne saß nahezu perfekt. Fast schon zu perfekt. Ich schätze ihn auf Ende dreißig. Sein Profil wirkte recht markant und die hohen Wangenknochen waren stark ausgeprägt. Seine Augen waren blau. Ein seltsames, sehr intensives, helles Blau. Seelenruhig unterhielt er sich mit dem Fachangestellten über sein defektes Gerät, wobei seine Mimik merkwürdig ausdruckslos wirkte. Er war trotz der sichtbar schlechten Laune des Verkäufers die Ruhe in Person. Seine Körperhaltung war grazil und seine Bewegungen waren harmonisch und viel zu sexy.

Selten. Wirklich sehr selten.
    Ich warf einen Blick auf die Nummerntafel. Mittlerweile schien es etwas schneller voran zu gehen. Das Zifferblatt rollte stetig weiter. Ein zweiter und ein dritter Schalter öffnete sich. Noch siebzehn Nummern und ich war endlich an der Reihe. Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Aus den Augenwinkeln nahm ich plötzlich einen Schatten wahr, er schoss dieses Mal direkt auf mich zu und ich kniff irritiert die Augen zusammen.

Vielleicht sollte ich heute Nachmittag doch noch in die Praxis fahren? Langsam wird es bedenklich!
    Eine Stimme neben mir ließ mich überrascht die Augen wieder öffnen und ich blickte in zwei Aqua blaue Kristalle.
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