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Sara

Sara

Titel: Sara
Autoren: Stephen King
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trauernden Ehemann einen Dreitausend-Dollar-Sarg für viereinhalbtausend zu verkaufen, nennen sie es Geschäft und bitten ihn, beim Galadiner der Rotarier zu sprechen. Habgieriges Arschloch, aber ich hab’s ihm gezeigt, was?«
    »Ja. Das hast du.«
    »Alles klar, Mikey?«
    »Klar.«
    »Wirklich?«
    »Woher zum Teufel soll ich das wissen?« fragte ich ihn so laut, daß ein paar Köpfe in einer benachbarten Nische gedreht wurden. Und dann: »Sie war schwanger.«
    Sein Gesicht wurde vollkommen ausdruckslos. » Was? «
    Ich bemühte mich, mit gedämpfter Stimme zu sprechen. »Schwanger. Sechste oder siebte Woche, laut der … du weißt schon, der Autopsie. Wußtest du es? Hat sie es dir gesagt?«
    »Nein! Herrgott, nein!« Aber er hatte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck, als hätte sie ihm etwas gesagt. »Ich wußte natürlich, daß ihr es versucht habt … sie hat gesagt, deine Spermienzahl sei niedrig, daher könnte es eine Weile dauern, aber der Arzt hat gesagt, wahrscheinlich würdet ihr … früher oder später würdet ihr wahrscheinlich …« Er verstummte und betrachtete seine Hände. »Sie können das feststellen, hm? Sie überprüfen es?«

    »Sie können es feststellen. Was das Überprüfen angeht, ich weiß nicht, ob sie es automatisch machen oder nicht. Ich habe darum gebeten.«
    »Warum?«
    »Sie hat nicht nur ihr Nebenhöhlenmittel gekauft, bevor sie gestorben ist. Auch einen dieser Schwangerschaftstests.«
    »Du hattest keine Ahnung? Keinen Schimmer?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er streckte die Hand über den Tisch und drückte mir die Schulter. »Sie wollte sicher sein, das ist alles. Das weißt du, oder?«
    Meine Nebenhöhlenmedizin und einen Fisch , hatte sie gesagt. Und wie immer ausgesehen. Eine Frau, die ein paar Besorgungen macht. Wir hatten acht Jahre versucht, ein Kind zu bekommen, aber sie hatte wie immer ausgesehen.
    »Klar«, sagte ich und tätschelte Franks Hand. »Klar, Großer. Ich weiß.«
     
    Es waren die Arlens - unter Führung von Frank - die Johannas letztes Geleit organisierten. Als Schriftsteller der Familie fiel mir der Nachruf zu. Mein Bruder kam mit meiner Mom und meiner Tante von Virginia und durfte während der Aufbahrung die Kondolenzliste betreuen. Meine Mutter - mit sechsundsechzig fast vollkommen gaga, obwohl die Ärzte sich weigerten, von Alzheimer zu sprechen - lebte mit ihrer Schwester, die zwei Jahre jünger und nur unwesentlich weniger plemplem war, in Memphis. Sie hatten die Aufgabe, Kuchen und Torten beim Leichenschmaus zu schneiden.
    Alles andere arrangierten die Arlens, von der Aufbahrung bis zu den Einzelheiten der Trauerfeier. Frank und Victor, der zweitjüngste Bruder, hielten kurze Ansprachen. Jos Dad sprach ein Gebet für die Seele seiner Tochter. Und am Ende rührte Pete Breedlove, der Junge, der im Sommer unseren Rasen mähte und im Herbst den Garten rechte, uns alle zu Tränen, als er ›Blessed Assurance‹ sang, das in ihrer Kinderzeit Frank zufolge Jos liebstes Kirchenlied gewesen war. Wie Frank Pete gefunden und überredet hat, bei der Beerdigung zu singen, habe ich nie herausgefunden.

    Wir haben es überstanden - am Dienstag die Aufbahrung nachmittags und abends, am Mittwoch morgen die Totenfeier, danach die Beisetzung im Familienkreis auf dem Fairlawn Cemetery. Ich erinnere mich vor allem daran, daß ich dachte, wie heiß es war, wie verloren ich mich fühlte ohne Jo, mit der ich reden konnte, und daß ich wünschte, ich hätte mir ein neues Paar Schuhe gekauft. Wäre Jo dagewesen, hätte sie mir die Hölle heiß gemacht wegen derjenigen, die ich trug.
    Später unterhielt ich mich mit meinem Bruder Sid und sagte ihm, wir müßten etwas wegen unserer Mutter und Tante Francine unternehmen, bevor die beiden endgültig in der Twilight Zone verschwänden. Sie wären zu jung für ein Pflegeheim; was habe er für einen Vorschlag?
    Er hatte einen Vorschlag, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich noch weiß, was es war. Ich war einverstanden, daran erinnere ich mich, aber nicht mehr, worum es ging. Später stiegen Siddy, unsere Mom und unsere Tante in Siddys Mietwagen, um nach Boston zu fahren, wo sie die Nacht verbringen und am folgenden Tag den Southern Crescent nehmen würden. Meinem Bruder macht es Spaß, sich um die alten Damen zu kümmern, aber er fliegt nicht, selbst wenn ich die Tickets bezahle. Er sagt immer, daß es keine Standspur am Himmel gibt, wenn der Motor den Geist aufgibt.
    Der Großteil der Arlens reiste am nächsten Tag ab. Wieder
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