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Sara

Sara

Titel: Sara
Autoren: Stephen King
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weitermachen wollte. Ich hatte gedacht, daß John Storrow derjenige sein würde, der auf der anderen Seite des Beichtstuhls sitzen würde, wenn es soweit war, aber John wollte nicht über die Ereignisse sprechen, soweit sie nichts mit unserem andauernden Rechtsstreit zu tun hatten, bei dem es heutzutage einzig und allein um Kyra Elizabeth Devore ging.
    »Ich werde den Mund halten, keine Bange. Wie steht es an der Adoptionsfront?«
    »Es bewegt sich langsam was. Ich hasse die Justizverwaltung des Staates Maine allmählich, und das Jugendamt ebenso. Nimmt man sich die Leute, die in diesen Bürokratien arbeiten, einzeln vor, sind sie ganz okay, aber im Rudel …«
    »Schlimm, hm?«
    »Manchmal komme ich mir vor wie eine Figur in Bleakhaus . Darin sagt Dickens, daß vor Gericht niemand gewinnt, außer den Anwälten. John sagt mir, daß ich Geduld haben und meine Aktivposten zählen soll, daß wir erstaunliche Fortschritte machen, wenn man bedenkt, daß ich der am wenigsten vertrauenswürdigen Gattung der Welt angehöre, ein unverheirateter weißer Mann mittleren Alters, aber Ki ist in zwei Pflegeheimen gewesen, seit Mattie gestorben ist, und -«
    »Hat sie keine Verwandten in den angrenzenden Städten?«
    »Matties Tante. Sie wollte mit Ki nichts zu tun haben, als Mattie noch lebte, und jetzt hat sie noch weniger Interesse. Besonders weil -«
    »- weil Ki nicht reich sein wird.«

    »Ja.«
    »Diese Whitmore hat gelogen, was Devores Testament angeht.«
    »Voll und ganz. Er hat alles einer Stiftung vermacht, die die weltweite Computerforschung unterstützen soll. Bei allem Respekt vor den Zahlenfetischisten dieser Welt, ich kann mir keine kaltherzigere Wohltat vorstellen.«
    »Wie geht es John?«
    »Seine Genesung macht ziemlich gute Fortschritte, aber er wird den rechten Arm nie wieder richtig benutzen können. Er wäre um ein Haar verblutet.«
    Frank hatte mich für einen Mann, der seinen dritten Scotch fast intus hatte, ziemlich geschickt vom Thema Ki und Sorgerecht abgelenkt, und ich war mehr als bereit, es dabei zu belassen. Ich konnte es kaum ertragen, an ihre langen Tage und noch längeren Nächte in diesen Heimen zu denken, wo das Jugendamt Kinder wie Sachen unterbringt, die niemand mehr haben will. Ki lebte nicht an diesen Orten, sondern existierte nur, blaß und lustlos, wie ein wohlgenährtes Kaninchen im Käfig. Jedesmal, wenn sie mein Auto einbiegen oder vorfahren sah, erwachte sie zum Leben, winkte mit den Armen und tanzte wie Snoopy auf seiner Hundehütte. Unser Wochenende im Oktober war wunderbar gewesen (trotz meines zwanghaften Bedürfnisses, alle halbe Stunde nach ihr zu sehen, während sie schlief), und die Weihnachtstage waren noch besser. Ihr nachdrücklicher Wunsch, bei mir zu sein, war vor Gericht hilfreicher als alles andere … aber die Mühlen mahlten langsam.
    Vielleicht im Frühjahr, Mike , hatte John zu mir gesagt. Er war heutzutage ein neuer John, blaß und ernst. Von dem etwas arroganten fleißigen Bienchen, das nichts lieber wollte als eine Konfrontation mit Mr. Maxwell ›Dicke Knete‹ Devore, war nichts mehr übrig. John hatte am einundzwanzigsten Juni etwas über die Sterblichkeit gelernt, und auch etwas über die hirnlose Grausamkeit der Welt. Der Mann, der gelernt hatte, einem die linke Hand zu geben, statt der rechten, wollte nicht mehr feiern bis zum Kotzen. Er ging mit einem Mädchen aus Philly, der Tochter einer Freundin seiner Mutter. Ich hatte
keine Ahnung, ob es etwas Ernstes war oder nicht, Kis ›Onkel John‹ ist verschlossen, was diesen Teil seines Lebens angeht, aber wenn sich ein junger Mann aus freien Stücken mit der Tochter einer Freundin seiner Mutter trifft, ist es für gewöhnlich etwas Ernstes.
    Vielleicht im Frühjahr: Das war sein Mantra in jenem Spätherbst und Winter. Was mache ich falsch? hatte ich ihn einmal gefragt - das war kurz nach Thanksgiving und einem weiteren Rückschlag gewesen.
    Nichts , hatte er geantwortet. Adoptionen durch einen Elternteil dauern immer lang, und wenn es sich um einen potentiellen Adoptiv vater handelt, ist es noch schlimmer. An diesem Punkt der Unterhaltung hatte John eine häßliche Geste gemacht und war mit dem Zeigefinger der linken Hand in die gekrümmte rechte rein und wieder aus ihr raus gefahren.
    Das ist unverhohlene Geschlechterdiskriminierung, John.
    Ja, aber für gewöhnlich ist sie gerechtfertigt. Wenn Sie wollen, können Sie jedem verkorksten Arschloch die Schuld geben, das sich je eingebildet hat, es hätte das
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