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Sankya

Sankya

Titel: Sankya
Autoren: Zakhar Prilepin
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schnauzbärtigen, schläfrigen Mannsbild, einem Major. Hinter dem Glas sah er aus wie ein Waller im Aquarium.
    Saschka grüßte den Milizionär, ebenfalls mit Handschlag, und folgte Oleg, nur Wenja blieb stehen.
    »Was habt ihr da für eine Patrouille?«, hörte Sascha in seinem Rücken die missmutige Stimme des Milizionärs. »Den Chef hab ich ja schon mal gesehen, Sie – sehe ich das erste Mal. Machen die Spez-Einheitler jetzt ihr Praktikum nachts, oder wie?«
    Wenja schwieg.
    »Wenja, halt das Gespräch im Gang!«, bat Sascha in Gedanken.
    »Oder so«, antwortete Wenja fröhlich.
    »Hörst du, Nikolajitsch«, schwadronierte Oleg am Telefon. »Wir haben ein kleines Problem. Wir haben einen wegen einer Schlägerei festgenommen. Er hat Drogen bei sich. Er schreit, dass er der Bruder des Staatsanwalts ist, der leibliche Bruder. Dem Pass nach hat er wohl recht, sowohl der Familien-, als auch der Vatersname stimmen überein. Und das ist noch nicht alles, Nikolajitsch …«
    Er hörte sich die Antwort an.
    »Der Dienstälteste ist bei uns im Auto, Nikolajitsch. Ich bin an seiner statt da. Hör mal, ich komme einfach rein«, sagte Oleg ganz ruhig. »Was soll ich den von hier aus … in die Tröte blasen … Das ist kein Gespräch fürs Telefon, komm, mach schon auf.« Oleg – konnte Sascha an seiner Stimme erkennen – bleckte dabei die Zähne und setzte ein Lächeln auf.
    Der Diensthabende drückte unter seinem breiten Tisch auf einen Knopf, das Schloss der Eisentür, die hinter die Scheibe des Aquariums führte, knackste und beim Hineingehen hörte Sascha noch, wie der Milizionär an dem Holztisch Wenja fragte: »Kamerad, warum hältst du die MP am Lauf, hast du das so gelernt?«
    Ohne sich umzudrehen, wusste Sascha, dass Wenja, kraftvoll ausholend, mit dieser MP den Milizionär auf den Kopf schlug, und das vermutlich mehrere Male … Der Tisch, der Stuhl, der fallende Mensch – all das polterte nacheinander.
    Als er ins Wachzimmer lief, sah Sascha den vom Stuhl schon aufgesprungenen, pausbäckigen Major, der versuchte, die Pistolentasche zu öffnen … aus einem kleinen Nebenraum kam noch ein Offizier mit weit aufgerissenen Augen geschossen …
    Eine Salve knatterte – Oleg schoss mit der MP in die Decke und schrie. »Alle auf den Boden, verdammte Köter! Auf den Boden, habe ich gesagt!«
    Sascha stürzte mit zwei Sprüngen in einen anderen Raum, die Anordnung der Zimmer im Bereitschaftsteil hatte ihm Oleg vorher aufgezeichnet, daran erinnerte er sich. Er sah dort eine Diensthabende, die Telefondienst versah; ihre weiße Hand lag auf dem Telefonhörer, als wollte sie gerade irgendwohin anrufen. Neben ihr, im Profil zu Sascha, saß ein Milizionär, mit dem dicken Streifen eines Sergeanten, aus irgendeinem Grund trug er eine Seemannsjacke … Der Dritte, ein großer und dünner Fähnrich, stand neben dem Tisch und setzte seine Schirmmütze auf, sobald er Sascha gesehen hatte, als würde er sich zum Rapport fertig machen.
    »Niemand rührt sich von der Stelle, wer sich bewegt, den bring ich um«, sagte Sascha unmissverständlich. »Sie, am Tisch, Hände auf den Tisch. Schnell, habe ich gesagt!« Der Milizionär in der Fufaika zog unwillig seine schwammigen, wie gargekocht aussehenden Pranken hinter dem Tisch hervor, die Diensthabende zeigte verkrampft ihre zweite Hand, drehte sie sogar – sie war leer, leer.
    »Jetzt wird der Genosse Fähnrich dem Sergeanten die Handschellen anlegen.« Sascha zog ein »Armband« aus der Tasche und warf es auf den Tisch. »Sergeant, steh auf, Hände nach hinten. Soll ich ein wenig schießen oder fangen sie endlich an, sich schneller zu bewegen?«
    »Soll das eine Übung sein, oder was?«, fragte der Sergeant, und schaute dabei zu Sascha.
    »Ganz genau!«, bestätigte Sascha. »Mach, was er gesagt hat!«
    Der Fähnrich nahm die Handschellen, verzog dabei das Gesicht, als wären sie brennend heiß, und ließ sie um die Pfoten des Milizionärs in der Fufaika, der aufgestanden war, zuschnappen.
    »Los, ich helfe ihnen«, schlug Wenja, der lärmend hereinkam, vor.
    Sie entwaffneten die Milizionäre, verklebten ihnen die Münder, auch der Frau – wobei Wenja, der das machte, ihr plötzlich auf die zugeklebten Lippen küsste. Sie legten den Gefangenen die »Armbänder« an, und setzten sie auf den Boden.
    Ins Wachzimmer platzten rudelweise die aufgeregten, wie junge Hunde mit den Lefzen zitternden »Sojusniki« herein. Die Jungs waren der Anweisung gefolgt, erst ins Gebäude zu
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