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Sankya

Sankya

Titel: Sankya
Autoren: Zakhar Prilepin
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fliehen, er war wohl schon weg. Oder …
    Auf der Straße spielte laute Musik. Sascha blieb einen Moment lang stehen, er verstand nicht, woher sie kam.
    Nicht weit vom Eingang stand die Karre der Nachtpatrouille, in ihrem Inneren dröhnte ein Tonband mit schwerem Bass.
    Die linke Tür der Karre war offen.
    Sascha ging um das Auto herum und entdeckte den Fahrer, der im Fahrerraum an etwas rumhantierte.
    Er blieb ihm gegenüber stehen, löste die Sicherung.
    Der Fahrer drehte sich um, lächelnd, wischte die schmutzigen Handflächen an einem Putzlappen ab. Er blickte Sascha an, vergrub sich wieder im Fahrerraum und schaltete die Musik aus.
    »Der Alarm nervt, quäkt die ganze Zeit … Wir übertönen ihn mit der Musik. Wo ist der Leutnant hin? Schläft er, der Hund?«, sagte er im Umdrehen. »Unsere Heizung funktioniert nicht. Verfluchter Scheißkübel …«
    Eine Sekunde lang schauten sie einander an.
    Aus dem Gebäude waren Schreie und heisere Flüche zu hören. »Was ist da los?«, fragte der Fahrer, dem das Lächeln aus dem Gesicht wich und der Sascha genau ansah. »Du bist einer von den Jungs, oder?«
    »Hände hoch!«, sagte Sascha; der Teufel weiß, woher er diesen dumme Satz nahm, aber es fiel ihm nichts anderes ein.
    »Leck mich doch am Arsch«, sagte der Fahrer und warf seinen Körper geschickt ins Wageninnere – dort lagt etwas, auf dem Rücksitz, eine Maschinenpistole … Er bekam sie zu fassen, schaffte es aber nicht mehr, sich umzudrehen. Sascha drosch ihm mit dem Kolben in den Rücken, mehrere Male, dann auf den Hinterkopf, bis der Fahrer regungslos zu seinen Füßen lag.
    »Dass auch keiner gleich beim ersten Mal pariert, diese Mannsbilder …« Sascha spuckte giftigen Geifer in den Schnee.
    In der entfernten Ecke des Hofes, hinter dem Parkplatz, stand ein geräumiger Käfig. Dorthin schleppten sie die Männer mit verklebten Mündern und in Handschellen.
    »Was ist das für ein Verschlag, Oleg?«, fragte Wenja, der sich abstützte: Die Sondereinheitler waren außerordentlich schwer.
    »Wir hatten früher einen Hund, er ist verreckt …«
    »Werden sie nicht erfrieren?«, grinste Wenja über die in den Schnee geworfenen Männer.
    »Bald wird’s warm …«
    »Im Frühjahr?«, wieherte Wenja, als würde er nicht verstehen.
    Gemeinsam mit den anderen zog Sascha die Gefangenen, die alle Tarnkleidung trugen und wild mit den Augen rollten, durch den Hof – in der Mitte blieb er stehen, weil er sich plötzlich wie von der Seite sah: Das milchige Licht der Laternen, es fällt schwacher Schnee auf die heiße Stirn, die Alarmanlage des Autos quäkt …
    … Wenjas zufriedenes Gesicht und das böse von Oleg …
    … und einen Haufen Männer in Uniform hinter dem Gitter, im Schnee, mit jener unnützen leeren Schale, die vom Hund übrig geblieben ist …
    … und den Bart aus Blut im Gesicht des Offiziers, der über das weiße Klebeband fließt …
    … die Sondereinheitler wackeln unsinnig herum, als befände sich jeder von ihnen in einem Kokon …
    Saschka schüttelte den Kopf und wischte den Schnee von seinem schwarzen Schopf, lächelte einem der »Sojusniki« zu; er hörte, wie Oleg, als er den Verschlag hinter dem letzten der aus dem Schlafraum rübergeschleppten Sondereinheitler schloss, rumschimpfte.
    »Na, das ist vielleicht eine Truppe! Nicht mal vier konnten sie fesseln … Zwölf Mann! Wer hat übrigens das Licht im Korridor angemacht?«
    »Ich«, antwortete herausfordernd einer der »Sojusniki«, der Braune. »Weil, zum Teufel, nichts zu sehen war, als ihr euch zu prügeln begonnen habt.«
    »Ist schon in Ordnung, Jungs«, sagte Sascha. »Alle haben sich ausgezeichnet verhalten. Oleg, hast du verstanden? Ausgezeichnet!« Und zwei Töne höher und fröhlicher: »Laden wir das Arsenal auf, Jungs! Zwei Milizkarren und ein Autobus gehören uns … Oleg, verteil die Autoschlüssel.«
    Sie öffneten die Eisentür, ließen frische Luft in das Gebäude. Sie schleppten Gewehre, Patronen, Granatwerfer in den Autobus mit dem Raubtier an der Seitenwand, dann Sprengladungen, sehr schwere Kiste mit Granaten …
    »Das ist irre!«, wiederholte Wenja. »Freu dich Sanja! Das ist echt … Vielleicht haben die hier noch einen Hubschrauber? Oleg! Habt ihr keinen Hubschrauber? Oder einen Panzer? Ich möchte mit dem Panzer durch die Stadt fahren.«
    Sie brachten noch die kugelsicheren Westen, warfen sie auf einen Haufen, Uniformen schleppten sie auch heran, sowas Gutes lässt man nicht einfach liegen … Oleg öffnete noch
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