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Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)

Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)

Titel: Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Autoren: Lisa Jackson
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bald mit Gaffern zu rechnen gewesen wäre. Früher oder später würde natürlich die Presse Wind davon bekommen und über sie hereinbrechen, doch bis dahin würde es noch eine Weile dauern. Carter zog sich die Kapuze seiner wasserdichten Jacke über den Kopf und stieg aus dem Wagen.
    Es war winterlich kalt; für die nächsten paar Tage war ein Schneesturm angekündigt worden. Der Boden war beinahe gefroren, die hohen Fichten schwankten und wiegten sich im eisigen Hauch des starken Ostwindes, der durch die Schlucht tobte.
    Vorsichtig suchten Carter und BJ sich ihren Weg durch eine tiefe Senke bis zu der Stelle, wo die Spurensicherer vom Oregon State Kriminallabor schon an der Arbeit waren.
    Ein Fotograf machte Aufnahmen, während ein anderer seine Videokamera auf den Boden richtete. Sie hatten bereits eine große Fläche mit einem Raster versehen und den Schauplatz gesichert. Durch den Schnee hindurch wurden Bodenproben genommen, Unrat wurde durchsucht, ein hohler Baumstamm gekennzeichnet. Knochen lagen sorgfältig angeordnet auf einer Plastikplane. Das Skelett war klein, leider unvollständig. Und der Schädel sah merkwürdig aus; die Zähne waren zu klein und zu spitz.
    »Was wissen wir bisher?«, fragte Carter Merline Jacobosky, eine gertenschlanke Ermittlerin mit scharfen Gesichtszügen und noch schärferem Verstand. Sie zog die Augenbrauen über der randlosen Brille zusammen und presste die farblosen Lippen aufeinander, ließ das Klemmbrett sinken, auf dem sie eifrig gekritzelt hatte, und betrachtete noch einmal die menschlichen Überreste.
    »So dem ersten Eindruck nach? Weiblich, weiß, Mitte zwanzig bis Mitte dreißig, würde ich sagen, aber berufen Sie sich nicht auf mich, bevor der Autopsiebericht vorliegt. Jemand hat sie in den Baumstamm da gezwängt.« Merline deutete mit ihrem Stift auf den hohlen Zedernstamm. »Uns fehlen ein paar Knochen, wahrscheinlich von Tieren weggeschleppt, aber wir suchen noch. Haben schon eine Elle und einen Fußwurzelknochen gefunden. Vielleicht haben wir mit dem Rest auch noch Glück.«
    »Vielleicht«, versetzte Carter skeptisch und betrachtete den Waldboden und die zerklüfteten Berge, die steil zum Columbia River hin abfielen. Es war raues Terrain, der Wald war dicht, der Fluss breit und reißend an dieser Stelle, wo er sich sein Bett zwischen den Staaten Oregon und Washington gegraben hatte. Obwohl durch eine Reihe von Dämmen gezähmt, strömte er tosend nach Westen, wie die Gischtkronen verrieten, die zwischen den Bäumen hindurch zu sehen waren. Wenn eine Leiche in den Columbia geworfen wurde, bestand kaum noch die Chance, sie jemals zu bergen.
    Er hörte das Heulen eines Motors, der mit der Steigung kämpfte, und erkannte gleich darauf den Dienstwagen des Gerichtsmediziners. Dahinter folgte ein weiteres Fahrzeug, das einem der Stellvertretenden Bezirksstaatsanwälte gehörte.
    Merline war noch nicht fertig. Sie fuhr fort: »Ich will Ihnen sagen, was ich wirklich merkwürdig finde. Schauen Sie sich mal ihre Zähne an.« Jacobosky ging in die Knie und benutzte ihren Schreibstift als Zeigestock. »Sehen Sie die Schneide- und die Backenzähne? Das ist kein natürlicher Verfall … Ich glaube, sie sind abgefeilt worden.«
    Carter spürte einen unheilvollen Schauer den Rücken hinablaufen. Wer würde jemandem die Zähne abfeilen? Und warum? »Damit die Leiche nicht identifiziert werden kann?«, fragte er.
    »Vielleicht, aber warum hat der Täter die Zähne dann nicht einfach gezogen oder herausgebrochen? Warum hat er sich die Mühe gemacht, sie spitz zuzuschleifen?« Sie hockte sich auf ihre Fersen und tippte sich mit dem Kugelschreiber an die Lippen, während sie den Schädel musterte. »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Vielleicht ist unser Freund ein Zahnarzt mit einem schrägen Sinn für Humor.«
    »Schräg trifft es auf jeden Fall.«
    »Irgendwelche Papiere?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon ahnte.
    »Bisher nicht.« Jacobosky schüttelte den Kopf und blätterte eine Seite auf ihrem Klemmbrett um. »Auch keine Kleidungsstücke oder persönlichen Gegenstände. Aber wir suchen weiter, unterm Schnee, im Eis und tiefer im Boden. Wenn es hier irgendwo Beweismaterial gibt, werden wir es finden.« Sie blickte mit zusammengekniffenen Augen zu Carter auf. Graue Wolken jagten über den Himmel.
    »Was ist das hier?« Carter beugte sich hinab und betrachtete den Schädel mit den grotesken Zähnen und den leeren Augenhöhlen. Er deutete auf das Haar. In den verbliebenen
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