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Sand & Blut

Sand & Blut

Titel: Sand & Blut
Autoren: Xander Morus , Isabell Schmitt-Egner
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spritzend die Erde vor mir auf. Meine Kleidung war völlig durchnässt. Aber ich hatte Tanja.
    Ich erblickte vor mir einen stabilen Ast, der von einem Baum zu Boden hing. Ich packte ihn und zog mich und das Netz so dicht wie nur möglich heran. Tanja schrie irgendwas, aber ich ignorierte sie jetzt. Ich wickelte das Netz um den Ast, bis es sich ganz verfangen hatte. Er knirschte verdächtig, hielt der Belastung aber stand. Es regnete jetzt in Strömen. Ich rollte mich zur Seite und atmete erst mal aus. Regungslos starrte ich in den Himmel.
    Mein Brustkorb schmerzte, als hätte jemand heiße Glut hineingekippt. Ich hob die Hände über meinen Kopf. Dickes Blut tropfte von ihnen herab und ich wollte sie auswringen, um sie trockener zu kriegen. Ich spreizte die Finger und sah, dass sich das Blut klebrig von ihnen löste. Der Vollmond schien hindurch. Sein Schimmern ließ mein Blut glänzen, als wäre es frische Farbe. Groß und mächtig stand er am Himmel. Der Mond ist aufgegangen! Die Ratten an Tanja prangen! Der Mond scheint klar und rein! Bald ist sie wieder dein! Mit vielen Ratten ganz fein …
    Ich drehte mich zum Loch und sah, dass das Netz wie ein Kletternetz abschüssig zur Grube abfiel. Das Rütteln nahm wieder zu. Sie war noch nicht oben. Ächzend erhob ich mich und zog mich an dem Netz hoch. Der Wind pfiff durch die dunkle Gasse, die jetzt entstanden war. Durch diese hohle Gasse musst du gehen! Tanja wird´s schon verstehen!
    Der Regen und Wind wollten mich zu Boden drücken wie eine Ratte, die sich duckend verstecken muss. Du bist in das Rattennest getreten! Es war schon die ganze Zeit da und du hast es gewusst! Ich bäumte mich auf.
    Ein verdammter Sturm war aufgekommen und bog jetzt die Bäume tief zu Boden und von oben lächelte der Mond spöttisch herab. Ich schüttelte meine Lähmung ab und griff mit beiden Händen in das Netz. Es hielt stand und der größte Teil war schon aus der Grube raus. Ich packte fester zu und ignorierte das schmatzende Geräusch, das meine blutenden Hände machten. Stehend hatte ich mehr Kraft. Wie beim Seilziehen zog ich das Netz Schritt für Schritt zurück. Mühsam drückte es sich durch den aufgeweichten Boden. Tanja rührte sich nicht mehr. Sie wusste, dass ich sie jetzt holte.
    »Wir haben es gleich geschafft!«, schrie ich gegen den Wind an und wischte mir den Regen aus dem Gesicht. Sie antwortete nicht. Wahrscheinlich hörte sie mich nicht. Ich gab nicht auf. Weiter, immer weiter. Hippel wäre stolz auf dich!
    Da hörte ich das Knirschen hinter mir. Mein Kopf ruckte herum. Der Ast gab nach. Er bog sich immer weiter nach unten und der Stamm platzte schließlich auf. Der Ast riss ab und wurde nach vorne geschleudert. Ich packte fest zu und versuchte noch auszuweichen, aber er traf mich voll ins Kreuz. Die Seile waren keine Seile mehr. Sie waren brennendes Eisen. Ich fiel zurück, klatschte mit dem Rücken auf den Boden und eine harte Wurzel bohrte sich in meine Haut. Diesmal schrie ich. Meine Lungen wollten einfach brüllen. Ich schrie so laut, dass ich das Gefühl hatte, der Regen würde einen Moment innehalten. Sogar eine Wolke schien sich aus Respekt vor den Mond schieben.
    »Komm jetzt endlich da raus!«, brüllte ich. Meine Stimme überschlug sich. Ich federte hoch, balancierte auf den Knien und schraubte mich dann hoch, während ich den Himmel schrie. Dann zog ich das Netz aus dem Loch. Ich weiß nicht mehr, wie ich es schaffte. Es kam mir plötzlich ganz leicht vor. Ich achtete nicht mehr auf meinen Körper. Meine Hände und mein Rücken waren mir egal. Das schmierige Wasser ignorierte ich. Ich lachte sogar darüber. Ich fand tatsächlich die Kraft, zu lachen. Es muss ein heiseres, wüstes Lachen gewesen sein, denn plötzlich verschwanden die glühenden Augen der Ratten aus der Umgebung. Sie schienen auszugehen wie kleine Glühlämpchen, denen man den Saft abdrehte.
    Und dann kam Tanja. Zuerst sah ich nur ihren Schopf. Die schwarzen Haare wirkten voller als je zuvor. Wie ein gigantischer Bienenkorb. Eine Hand patschte daneben in den Boden. Sie ballte sie zur Faust und krallte sich in das dünne Wurzelreich. Die andere Hand folgte. Es war ein blutiger Arm, der sich da in die Höhe drückte. Schlagartig schlug er auf und die schwarzen Finger vergruben sich sofort im Dreck. Dann folgte ihr Kopf.
    Sie schob ihn regelrecht über den Grubenrand und ich musste mich zwingen, nicht das Netz loszulassen, um mir auf die Fäuste zu beißen. Tanjas Kopf war wie ihre Haare
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