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Sanchas Hofnarr (German Edition)

Sanchas Hofnarr (German Edition)

Titel: Sanchas Hofnarr (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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Brombeersträuchern und Ginsterbüschen Kräuter in großer Zahl wuchsen. Zwar war der Frühling die rechte Zeit zum Sammeln – die Jungpflanzen besaßen die größte Heilkraft -, aber es konnte nicht schaden, sich einen kleinen Vorrat von dem zuzulegen, was noch brauchbar war.
    Er warf einen letzten Blick hinauf, wo die Adler kreisten.

    Wo Weisheit ist in diesen Zeiten?
    Man findet sie bei kleinen Leuten.
    Sie flieht so manchen mächt`gen Mann,
    da er sie nicht recht schätzen kann.“
    (Freidanks Bescheidenheit, 80, 26)

VI.
    FALK VON HAGELSTEIN
    flieht vor dem Teufel Bodo

    Ort: Burg Teufelstein

    „Wenn jemand übel Ding begehrt,
    dem sei es nimmermehr gewährt ...“
    (Freidanks Bescheidenheit, 112,11)

A ls Sancha das Gemach betrat, hörte sie wie Olivier gerade vorwurfsvoll sagte: „Ihr versteht uns Okzitanier nicht, Herr von Hagelstein, und Ihr werdet es nie tun. Ihr bleibt für alle Zeiten ein Fremdling in unserem Land.“
    Sancha wies ihn mit strenger Stimme zurecht. „Hast du nie daran gedacht, Olivier von Termes, dass auch du schon morgen ein Fremdling sein könntest, wenn die Franzosen in Okzitanien die Macht übernehmen?“
    „Verzeiht, Doña Sancha, dass ich es wage, Euch zu widersprechen“, erwiderte Olivier nach dem höfischen Gruß, jedoch noch immer hitzig im Ton, „es geht hier nicht um die Franzosen, sondern um ihn“, er wies auf Hagelstein, „den Starrkopf!“
    Sancha schnaubte. „Dich juckt wohl heute die Zunge!“, schrie sie ihn an, "bist gerade erst in der Lage, deine Stiefel mit Anstand über deinen Gaul zu hängen, und schon glaubst du, ein Herr zu sein, dem die gebratenen Tauben aus der Nase fliegen?“
    „Lasst nur, Doña Sancha“, wiegelte Hagelstein ab. „Es ist die Jugend, die aus ihm spricht.“
    „Die Jugend? Die beiden haben bereits den Ritterschlag erhalten! Obendrein ist Jungsein kein Freibrief für Unverfrorenheit.“ Sancha warf einen Blick auf Damian, der trotzig-verlegen zu Boden sah.
    „Lasst frische Luft herein, Herr von Hagelstein“, befahl sie, „damit sich die Herren Ritter abkühlen. Im anderen Fall lasse ich sie bis in die Nacht hinein Holz hacken.“
    Der Narr stieß weit den Laden auf.
    Sancha trat neben ihn und warf einen Blick auf die weiße Winterpracht. Krähen stolzierten auf den Feldern umher. Die Gefolgschaft des Teufels. So nannte man auch die Ketzer. Dass Olivier von Termes zu den Katharern gehörte, das pfiffen die Spatzen seit langem von den Dächern. Wie der Vater so der Sohn …
    „ Der Tor so manches Ding begehrt, das schadet, wenn man es gewährt “ , raunte ihr Hagelstein zu.
    Sancha nickte. Falk dachte wie sie. Noch immer.
    Sie drehte sich um und befahl Damian und Olivier, sich auf die Bank vor den Kamin zu setzen.
    „Merkt auf“, sagte sie mit schneidender Stimme, nachdem sie selbst im römischen Prachtstuhl Platz genommen hatte. „Als ich Herrn von Hagelstein kennenlernte, hielt er mich für ein Küchenmädchen und ich ihn für einen Narren, was uns später beide belustigte. Aber ihr dürft mir glauben, Olivier und Damian, niemand hätte mir damals fremder sein können, als er. Doch obwohl ich noch ungebildet war, habe ich diesen Fremden geachtet. So wie auch er mich geachtet hat. Das ist das eine. Und nun zum anderen: Durch meine Gnade und die eures Herrn, habt ihr an einem der duldsamsten Höfe der abendländischen Welt das Rittertum erlernt. Doch bis ihr euer Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen in der Lage seid, erwarte ich von euch, dass ihr euch zukünftig auch wie Ritter benehmt. Ich dulde fortan keinerlei Eigenmächtigkeiten, keine Lügen und keine dummen oder frechen Reden mehr. Ist mein Gemahl abwesend, so habt ihr mir treu zu dienen und zu gehorchen. Habt ihr das verstanden?“
    Damian und Olivier erhoben sich, wenn auch ein wenig zögerlich, und verbeugten sich vor ihr.
    „Setzt euch wieder. Herr von Hagelstein wird euch jetzt erzählen, weshalb es ihn seinerzeit in die Fremde trieb. Im Spiegel eines anderen Lebens, mögt ihr euch selbst erkennen und klug werden.“
    Die Jungritter warfen sich einen verdutzten Blick zu, wobei Sancha froh war, dass es bei diesem blieb, am Ende hätte sie - nach dem Holzhacken - auch noch die Peitsche bemühen müssen.

    „Nun, wenn es zum Frieden und zum besseren Kennenlernen beiträgt, will ich mein Schicksal vor euch ausbreiten“, sagte der Narr, und er erzählte ihnen von der Lateinschule, dem Böhmen, von seinem Lotterleben auf den Straßen Bambergs und vom Dichter
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