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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target
Autoren: Tom Cain
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frisch sein sollen; stattdessen fühlte er sich todmüde.

    Keine zwei Stunden später saß Carver in einer nagelneuen Gulfstream V, die von Christchurch aus nach Nordosten auf gut zwölftausend Meter stieg und in Richtung des 5800 Seemeilen entfernten Los Angeles flog. Die Gulfstream war das Geschäftsflugzeug mit der größten Reichweite, aber über Kalifornien würde es bereits im Gleitflug sein. Es würde nur kurz zwischenlanden, um aufzutanken und eine neue Crew an Bord zu nehmen; dann würde es nach Europa weiterfliegen.
    Es gab eine Duschkabine an Bord. Carver duschte, rasierte sich und zog sich einen weichen grauen Trainingsanzug an, den er von einer Stewardess bekam. »Ich hoffe, es ist die richtige Größe. Man hat mir Ihre Maße gegeben«, sie hielt kurz inne, »aber ob etwas passt, weiß man erst, wenn man es anprobiert hat.«
    Die Stewardess war eine hübsche Brünette mit großen braunen Augen, weichen Lippen und einem glänzenden Pferdeschwanz. Sie redete mit der neuseeländischen Eigenart, am Satzende die Stimme zu heben, sodass jede Feststellung wie eine schmeichlerische Frage klang. Jetzt stand sie vor Carver mit eingeknickter Hüfte, was zur Folge hatte, dass sich der dunkelblaue Stoff ihres engen, knielangen Rockes über die Oberschenkel spannte. Sie sah ihn abschätzend an, lächelte aber, als würde es sie glücklich machen, was sie sah. Entweder gefiel er ihr wirklich, oder in ihrer Arbeitsplatzbeschreibung stand etwas von erweiterten Serviceleistungen, die sie von der durchschnittlichen Saftschubse unterschieden. Carver erwog die zweite Möglichkeit. Er und sie arbeiteten für Leute, die glaubten, alles kaufen zu können. Er war gekauft. Sie wahrscheinlich auch.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er.
    »Candy.«
    Carver musste unwillkürlich lachen. Sie nannte sich sogar wie eine Stripperin. Aber dann überraschte sie ihn. Sie wurde rot.
    »Ich heiße wirklich so. Das ist die Kurzform von Candace.«
    Carver erkannte, dass er die dritte Möglichkeit übersehen hatte. Candy war einfach nur ein nettes Mädchen, das den Arbeitstag mit einem kleinen Flirt aufhellen wollte. Normale Leute taten so etwas. Verdammt noch mal, was für ein zynischer Mistkerl er doch geworden war. Wann hatte sich das entwickelt? Dumme Frage, er wusste es ganz genau. Tatsächlich konnte er es sogar auf die Minute genau sagen. Plötzlich merkte er, dass er die Kiefer verkrampfte und mit den Zähnen knirschte, wofür er nicht die geringste Erklärung hatte. Es war noch viel zu früh für die Anspannung, die seinem tödlichen Tun normalerweise vorausging. Das hier war etwas anderes, eine Botschaft seines Unterbewusstseins, die er nicht entschlüsseln konnte – vielleicht weil er nicht wollte.
    Carver hatte während der vergangenen Jahre versucht, nicht allzu tief in sich hineinzusehen. Er verkaufte sich das als grundlegenden, militärischen Pragmatismus. Konzentriere dich auf das Nächstliegende; mach dir über die Dinge Gedanken, auf die du Einfluss nehmen kannst; alles andere kannst du außer Acht lassen. Jetzt stand eine junge Frau vor ihm, und Carver konnte Einfluss auf seine schlechten Manieren nehmen. Er und Candy würden die kommenden vierundzwanzig Stunden in derselben Metallröhre stecken. Da war gegenseitige Höflichkeit das Mindeste.
    Carver schüttelte den Kopf, um ungebetene Gedanken loszuwerden.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Das war daneben.«
    »Machen Sie sich keine Gedanken. Kann ich Ihnen irgendetwas bringen? Etwas zum Frühstück vielleicht? Einen Kaffee?«
    »Ja, das wäre prima. Vielen Dank.«

    Zehn Minuten später wurden die Einzelheiten über die Zielperson gefaxt.

    Name: Ramzi Hakim Narwaz
    Nationalität: Pakistani (Mutter Französin)
    Alter: 41
    Körpergröße: 182 cm
    Körpergewicht: 86,4 kg
    Die Zielperson stammt aus einer der reichsten Familien Pakistans, wurde an der Le-Rosey-Schule in der Schweiz erzogen, wohnt in Paris und ist in den höheren Gesellschaftskreisen Europas zu Hause. Sie ist verheiratet (Frau Yasmina stammt aus reicher libanesischer Familie), hat einen Sohn, Yusuf, trinkt Alkohol, aber selten im Übermaß. Hin und wieder Partydrogen. Regelmäßig, aber diskret außerehelicher Verkehr, wie für die reichen, verwestlichten Männer typisch.
    Dieser Lebensstil ist nur Fassade. Die Zielperson, die hochintelligent ist und eine schlechte Vater-Sohn-Beziehung hat, wurde während des Studiums an der London School of Economics in den verschiedenen Moscheen im Nordosten Londons von den Mullahs
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