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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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Frage.
    „Meinen Sie, Fräulein von Sandling, es wäre Ihnen – eventuell – möglich, mir zu vergeben?“ lautete die Frage. Sie fuhr zusammen, und ihr zuckten die Beine in dem plötzlichen Bedürfnis, davonzurennen, nach Hause zu laufen und sich in ihrem Zimmer zu verstecken. „Bitte“, fuhr er sehr leise fort, „bitte drehen Sie sich um.“
    Sie schüttelte nur den Kopf und vergrub ihr Gesicht in der Baumrinde.
    „Sie haben so vielen grausamen Dingen ins Auge geblickt, Fräulein von Sandling, meinen Sie nicht, Sie könnten den Mut haben, auch mir ins Auge zu blicken?“
    Sie wandte sich langsam um, machte sich widerwillig darauf gefaßt, ihm in das ärgerliche und verächtliche Gesicht zu sehen, doch sein Ärger war verflogen. Seine hellen Augen glitzerten ein wenig, und sie erkannte Leid statt Verachtung, Schuld statt Hohn. Er stand mit herunterhängenden Armen, streckte diese dann nach ihr aus, ließ sie jedoch rasch wieder fallen.
    „Sie haben mir befohlen zu gehen, und das werde ich“, fuhr er fort, als sie nichts sagte. „Ich werde gehen, wenn Sie mich noch einmal fortschicken. Sie haben soviel Schmerz ertragen, daß es mir nicht zukommt, Ihnen noch mehr zuzufügen. Mir war nicht klar, wieviel Schmerz. Ich war zu sehr mit meinem eigenen verwundeten Stolz beschäftigt. Es tut mir leid. Wahrhaftig, es tut mir leid. Ich bin kein Feyon, Fräulein von Sandling. Ich bin nur ein Mensch. Ich stolpere durchs Leben, so gut ich eben kann. Manchmal ist das nicht genug. Ich hätte mich Ihnen gegenüber besser betragen müssen, doch das habe ich nicht. Ich hätte Sie nicht verurteilen dürfen, Sie schon gar nicht beleidigen dürfen. Ich hätte von Waydt hinterhereilen sollen, als er Sie davonführte, aber ich habe mich überzeugen lassen, daß er Sie nach Hause bringen würde. Ich hätte Ihnen helfen sollen, Graf Arpad zu befreien, anstatt auf göttliche Intervention zu warten. Es war ja nicht so, daß ich einen Deus ex machina tatsächlich erwartete. Was ich erwartete war, daß Sie beide sterben würden. Ich habe Sie bewundert für einen Heldenmut, den ich einer Frau niemals zugetraut hätte. Und ich habe Sie gehaßt, weil Sie mir die Grenzen meiner eigenen Kühnheit aufzeigten. Was immer ich tue, wird mitbestimmt von meiner männlichen Eitelkeit und dem Wunsch, eine Situation zu beherrschen. Ich bin Offizier. Etwas anderes bin ich nicht gewohnt. Mein Stolz leidet, wenn mir Dinge entgleiten. Fräulein von Sandling, dieser Stolz ist in die Knie gezwungen. Ich kann nicht sagen, daß mir das gefällt. Nicht im mindesten. Und dennoch, weder Ihre Ehrlichkeit, noch meine mögen ausreichen, um die Wunden, die wir uns geschlagen haben, zu heilen und unsere gebrochenen Herzen zu kitten. Doch möglicherweise hat Graf Arpad ja recht gehabt, mich hierher zu schicken, selbst wenn meine Erniedrigung das einzige Ergebnis bleibt.“
    Er holt tief Luft und fuhr dann mit wilder Entschlossenheit fort.
    „Ich besitze nicht die Fertigkeit Ihres Freundes, Gefühle zu lesen. Ich kann Sie nicht bezaubern oder Ihren Sinn beruhigen. Ich kann Ihnen nicht einmal Wiegenlieder singen, denn ich habe eine Singstimme wie ein Nebelhorn. Und ich kann Sie auch nicht durch völlige Finsternis ans Licht führen, ich bin nicht einmal intelligent genug, die Welt nicht noch finstrer für Sie zu machen. Ich bin nicht besonders gutaussehend oder dunkel oder verführerisch. Keine Frau ist je in meinem Blick versunken. Mein Lächeln ist nicht voller Geheimnisse. Und meine Liebeskunst reicht vermutlich auch nicht an seine Fertigkeiten heran – ich hatte ja keine Tausende von Jahren zum Üben.“ Er hüstelte verlegen, wurde etwas rot, fuhr aber dennoch fort. „Er hat Sie geheilt, und ich habe Sie verwundet. Ich bin neidisch, Fräulein von Sandling. Ich brenne vor Eifersucht. Sie reißt mich in Stücke. Doch vielleicht hat der Traumweber ja nichts Schlechtes für uns im Sinn gehabt, als er unsere Herzen verband, auch wenn wir sie uns im weiteren Geschehen gegenseitig gebrochen haben. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen Sí beneidet – ich mag sie wirklich nicht besonders –, doch ich wünsche mir inständig, ich hätte die Fähigkeit, Ihr Leben in meine Hände zu nehmen, Sie in meine Arme zu ziehen und an meiner Schulter weinen zu lassen, so wie Sie das bei ihm getan haben. Ich wünschte, ich besäße die Unverfrorenheit, Ihnen zu versichern, daß schon alles gut werden wird. Ich weiß aber nicht, ob irgend etwas jemals gut wird. Ich weiß
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