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Salve Papa

Salve Papa

Titel: Salve Papa
Autoren: Wladimir Kaminer
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So romantische Aufgaben wie Schnee vom Dach schaufeln sind leicht zu verteilen. Es ist abenteuerlich, aufs Dach zu klettern, und es lassen sich tolle Fotos davon knipsen. Aber das im Gang vor dem Treppenhaus vor zwei Monaten zerschellte Glas Rote Grütze aufzusammeln, dafür haben wir niemanden gefunden.
    »Genossen«, schrieb ich damals im Forum, »lasst uns sachlich werden. Wem gehört die Grütze?«
    Alle machten einen auf toten Käfer. Keiner wollte zugeben, jemals Rote Grütze gekauft zu haben. Dafür hat jemand die Grütze mit Sand bestreut, die Rutschgefahr bestand also nicht mehr.
    »Ich glaube, wir brauchen zum Thema Grütze ein moderiertes Gespräch«, schrieb mein Nachbar aus dem Parterre.
    »Genossen! Wer hat noch Platz für zwei niedliche Tierchen, die auf dem Hof frieren? Schnell und unbürokratisch! Oder brauchen wir dafür auch ein moderiertes Gespräch?«
    Nach einer ausführlichen Diskussion landeten die Kaninchen bei uns im Korridor. Die Wohnung verwandelte sich langsam aber sicher in eine moderne Arche Noah. Im Bad pfiffen die Schweinchen, im Korridor sprangen die Kaninchen, und unsere beiden Hauskatzen liefen vom Korridor ins Bad und zurück, noch unentschlossen, wer von den neuen Tieren als Vorspeise und wer als Dessert einzustufen wäre. Unsere beiden Kinder liefen den Katzen hinterher und stellten zoologische Forschungen an.
    »Die Kaninchen zanken sich!«, berichtete meine Tochter. »Sie schlagen sich ganz fies, greifen einander immer von hinten an und stoßen mit dem Körper zu.«
    Mein Sohn zeigte, wie die Kaninchen aufeinander losgingen. Es sah unanständig aus. Ich ging in den Korridor. Die Kaninchen hatten auf den Klimawandel völlig falsch reagiert. In der warmen Wohnung entwickelten sie Eigenschaften, die sie nicht haben durften, denn laut Pass waren sie beide Mädchen. Trotzdem rammelten sie nun ununterbrochen und stanken dabei fürchterlich. Auf meine Versuche, sie zur Vernunft zu bringen, reagierten sie einfach nicht. Ich glaube, sie brauchen ein moderiertes Gespräch.
     

Die Jägerinnen und der Sammler
    Gerne ziehen Männer über Frauen her und behaupten, sie würden schlecht einparken und überhaupt. Männer verbreiten allerhand dummes Zeug und Pseudoweisheiten über Frauen, um die Bedeutung des eigenen Geschlechts hervorzuheben. Frauen wiederum wollen Männern in nichts nachstehen. Sie erzählen, Männer würden beim Ausgehen zu doll mit den Eiern schaukeln und andere intime Details. Eine ganze Reihe geschlechtsspezifischer Entlarvungsliteratur ist durch solche Geschichten zusammengekommen, und weitere Bücher mit umständlichen Titeln sprießen jedes Jahr wie Pilze aus dem Boden: Warum Männer im Stehen pinkeln und Frauen morgens zwinkern, Warum Männer gerne in der Nase bohren und Frauen unter Wasser nichts hören, Warum Männer sich kratzen und Frauen Walzer tanzen und so weiter und so fort.
    Diese Werkreihe lässt sich endlos fortsetzen, tut aber nichts für die Aufklärung, im Gegenteil: Sie vernebelt den Geschlechtern vollends die Sicht aufeinander. Wer sich von dieser Lektüre bei der Gestaltung seiner zwischenmenschlichen Beziehungen leiten lässt, ist schlecht dran. Gleich bei der ersten Begegnung mit der Realität wird er jedoch merken, es sind bloß dumme Sprüche, nichts dahinter. Von wegen Frauen können nicht einparken! Die meisten Strafzettel bekommen immer noch Männer. Noch dümmer ist der Spruch, Männer seien von Natur aus Krieger und Eroberer, Frauen dagegen Sammler. Deswegen zieht es Männer angeblich stets hinaus, um zu jagen, während Frauen gerne zu Hause sitzen und in ihre Schränke gucken, was sie schon alles gesammelt haben.
    Was für ein Unsinn! Zu meinem Freundeskreis gehören etliche Messies, die nicht einmal einen Straßenbahnfahrschein wegzuwerfen imstande sind und ihre abgeschnittenen Haare sorgfältig aufbewahren, doch unter ihnen ist keine einzige Frau. Frauen sammeln nie, sie sind Jäger und Eroberer. Sie jagen ihr Leben lang neuen Sachen hinterher, und nichts kann sie vom Kurs abbringen. Von ihren alten Klamotten, die aus der Mode geraten sind oder nicht mehr richtig sitzen, trennen sie sich ohne mit der Wimper zu zucken. Am liebsten verschenken sie solche Sachen an ihre besten Freundinnen, damit sie diese beim gemeinsamen Ausgehen in der Menge nicht aus den Augen verlieren. Frauen sind selten geizig, sondern oft leichtsinnig und verschwenderisch und stören die Männer beim Sammeln. Und das darf man eigentlich nicht tun. Man darf deren
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