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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Autoren: Nina Suslik
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war mir im Moment einfach nicht möglich, meine Gefühle zu
verarbeiten. Ich beendete die Dusche und trocknete mich ab. Das Gefühl, endlich
wieder sauber zu sein, war regelrecht belebend. Anna reichte mir neue Kleidung.
Die Hose, das Hemd, der Pullover, alles war weiß, so wie Veits Kleidung. Ich
fühlte mich nicht wohl darin, aber wenigstens waren sie sauber und was noch
viel wichtiger war: trocken. Nach der Dusche brachte mich Anna zurück in mein
Zimmer und holte mir wieder etwas zu essen. Es war, wie am Tag zuvor, Suppe,
doch diesmal mit deutlich mehr Einlage. Daneben stand wieder eine kleine Schale
mit Mus, nur diesmal war sie randvoll. Ich sah zu Anna und sie strahlte mich
an. Vermutlich war ihr aufgefallen, wie sehr ich es mochte. Ich bedankte mich
und aß das Mus diesmal ganz langsam. Ich genoss jeden Löffel. Nachdem ich
fertig war, legte ich den Löffel beiseite und sah wieder zu ihr. Sie wirkte
etwas in Gedanken versunken. Ich fragte mich, woran sie dachte. Immer noch an
Aljoscha? In meinen Augen waren die beiden so etwas wie ein Team. Wenn sie sich
wirklich ernsthaft um ihn sorgte, wäre das keine Überraschung für mich. Ich
machte mir auch Sorgen. Die Ungewissheit war schlimmer, als jede schlechte
Nachricht, denn ich wusste schon seit dem Verschwinden meines Vaters, dass
Hoffnung immer auch tückisch war. Wird sie enttäuscht, sind die Wunden in der
Seele noch viel tiefer und die Narben verblassen noch langsamer. Deshalb wollte
ich mir keine Hoffnungen mehr machen, aber das waren nur Lippenbekenntnisse für
meinen eigenen Verstand. Ich konnte mich nicht einmal selbst damit täuschen.
Niemand kann einfach aufhören zu hoffen. Es ist wie ein Reflex, der die eigene
Psyche vor dem Zusammenbruch bewahrt.
             „Anna, meinst du, ich kann hier mal
raus?“ Sie sah mich überrascht an. Wohl teilweise, weil ich sie aus den
Gedanken gerissen hatte und auch, weil sie nicht mit dieser Frage gerechnet
hatte.
             „Ich will Hyper-City mal sehen. Ich
habe mir so lange vorgestellt, wie es außerhalb von Europa ist und nun sitze
ich hier mehr oder weniger... fest.“ Ich wollte nicht sagen „ wie eine
Gefangene“ aber so fühlte ich mich mal wieder. Sie zwang ein Lächeln
heraus.
             „Du wirst es noch sehen, aber nicht
jetzt. Du musst erst mal hier bleiben und dich erholen. Dein Körper ist noch
immer sehr schwach, auch wenn du dich vielleicht nicht so fühlst.“ Diese
Antwort war enttäuschend für mich.
             „Du kannst mich doch begleiten.“
             „Wie schon gesagt, ich dürfte nicht
einmal hier sein. Die Leute hier nehmen deinen Schutz sehr ernst.“ Ich atmete
tief ein.
             „Wieso? Mir sagt hier niemand was. Wenn
ich so wichtig für alle hier bin, warum lässt man mich dann über alles im
Unklaren?“ Ich konnte kaum verbergen, dass ich aufgebracht war.
             „Es wird sich bald alles aufklären,
glaub mir. Rubinov wird dir sicher bereitwillig auf deine Fragen antworten. Es
weiß ohnehin niemand mehr als er. Alles, was du im Moment wissen musst, ist
dass du sehr wichtig für die russische Regierung bist.“
             „Ja, Aljoscha hatte so was schon
angedeutet. Deswegen hat er auch alles versucht, um mich Leben hierher zu
schaffen, nicht wahr?“ Anna sah auf den Boden. Ich hatte das Gefühl, sie mit
diesem Gespräch zu überfordern, doch sie war vermutlich auch die einzige, die
mir irgendetwas sagen würde. Vielleicht wusste sie aber auch nicht mehr als
ich.
             „... Ja. Und er handelte nicht bloß
nach Befehlen. Er glaubt fest daran, dass du etwas bewirken kannst.“ Ihre
Stimme war leiser geworden aber sie sah wieder zu mir. Annas Blick war fest.
Sie wollte, dass ich mir keine Sorgen machte. Zumindest deutete ich ihren Blick
so. Ich entschied, nicht weiter nachzuhaken.
    Kurze
Zeit später tauchten zwei Männer in Uniform auf. Sie führten Anna und mich aus
der Krankenstation und durch den Stützpunkt. Vermutlich war es jetzt so weit,
ich würde diesen Vlad Rubinov kennenlernen. Ich war mir immer noch nicht
sicher, wie ich mich bei der ersten Begegnung verhalten sollte. Erst mal würde
ich mich an Veits Ratschlag halten und zuhören. Danach würde ich entscheiden,
was ich zu sagen hatte. Sie brachten uns bis zu der Tür eines Raumes, der in
einer Art Sicherheitsbereich lag. Alle paar Meter stand ein bewaffneter Soldat
und Kameras befanden sich an den Wänden. Auch das weckte sofort
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