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Salon der Lüste - 3

Salon der Lüste - 3

Titel: Salon der Lüste - 3
Autoren: Kathryn Smith
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Zeitungszeichner anschreien, der die Szene aus einigen Metern Entfernung auf Papier bannte. Und am allerliebsten hätte sie die Behörden geohrfeigt, weil sie nichts unternahmen.
    Alle Freudenmädchen in der Stadt könnten in ernster Gefahr schweben; dennoch schickten ihre Zuhälter sie hinaus auf die Straßen, weil sie nicht einen Penny verlieren wollten. Patrouillierte die Polizei jene Teile Londons, in denen die »bedauernswerten«
    Damen ihrem Gewerbe nachgingen, vielleicht häufiger? Nein. Schickten sie jemanden nach Chelsea, der das Etablissement ihrer Mutter bewachte? Nein.
    Niemanden scherte es, wenn Prostituierte starben. Wie närrisch von ihr zu hoffen, Saint könnte es kümmern! Dass es das nicht tat, ließ sie in ihren Augen noch dümmer erscheinen, weil sie ihn in ihrer Jugend zu einem Idol gemacht hatte.
    Sobald der Gedanke an ihn auftauchte, verdrängte Ivy ihn energisch wieder. Sie würde nicht gestatten, dass er den Schmerz dieses Moments übertönte. Sie wollte sich leer, hohl und verlassen fühlen, denn das war sie Clemmy schuldig.
    Clementines Mutter stand ihnen gegenüber. Sie war eine hübsche Frau, doch das harte Leben hatte ihr Gesicht und ihre Figur gezeichnet. Schwarz gekleidet und mit einem Rosenkranz in der Hand betete sie stumm am Grab, während ihr unablässig die Tränen über die Wangen liefen.
    Bei ihrem Anblick spürte Ivy, wie ihre Augen brannten. Wie entsetzlich es für die arme Frau sein musste, ihre Tochter auf solch grausame Weise zu verlieren! Und erst recht schrecklich musste es für sie sein, von Zeitungsleuten und morbiden Schaulustigen beobachtet zu werden, die sich obszön an ihrer Trauer ergötzten.
    Warme Finger verwoben sich mit Ivys und drückten sie. Sie erwiderte. Ihre Mutter und sie brauchten keine Worte, um zu wissen, was die andere dachte. So oft Ivy auch die Geduld verlor oder ihre Mutter nicht verstehen konnte, liebte sie sie doch von ganzem Herzen und wurde von ihr geliebt.
    Als der Vikar endete, warf Clementines Mutter eine Handvoll Erde auf den Sarg. Ivy, ihre Mutter und der Rest der Maison-Rouge-Trauernden warfen ihre Blumen, zumeist Veilchen, ins Grab. Danach legte Ivy einen Arm um die Schultern ihrer Mutter und geleitete sie zu den wartenden Kutschen. Es waren genug Wagen für sie alle da, denn Madeline hatte entschieden, dass niemand zu Fuß nach Hause gehen und womöglich allein den Aasgeiern ausgeliefert sein sollte.
    Die Rückfahrt verbrachten sie schweigend. Erst als sie im Haus waren, sagte ihre Mutter: »Ivy, sei so gut und hole eine Flasche Wein aus dem Keller, ja?«
    »Ich bin sicher, dass noch welcher in der Vitrine ist, Mama.«
    Ihre Mutter streifte ihre Handschuhe ab. »Ich möchte einen von den guten. «
    Sogleich regte sich Ivys Trotz. »Versuchst du, Saint zu beeindrucken?«
    Madeline seufzte. »Ich bitte dich, Liebes.«
    Also ging Ivy. Sie konnte ihrer Mutter nichts abschlagen, ganz gleich, wie sehr sie sich über die bevorzugte Behandlung ärgerte, die Madeline Saint zukommen ließ. Und natürlich verstand sie, dass ihre Mutter sich dem Vampir verpflichtet fühlte. Aber genügte nicht das Arrangement, das die Vampire mit dem Maison Rouge und allen Bewohnerinnen dort hatten? Das Haus bot ihnen Nahrung, Unterkunft und, ja, weibliche Gesellschaft im Austausch gegen finanzielle Sicherheit und Schutz. Wann hatten sie ihre Wohltäter zuletzt um etwas gebeten? Und erst wenige Wochen zuvor vor dem ersten Mord - war einer von ihnen hier gewesen. Praktisch an jedem Mädchen im Haus hatte er sich gütlich getan. Sie kamen, nahmen sich, was sie brauchten, und verschwanden wieder. Das taten sie seit Jahrzehnten und würden es auch in Zukunft tun.
    Ivy ging durch die Geheimtür unter der Treppe und stapfte in den Keller hinunter, wobei ihre Wut mit jeder Stufe zunahm. Sie galt Saint, der sie allerdings nicht ganz allein verdiente; sie war Frau genug, so viel zuzugeben. Viel von ihrem Zorn entsprang ihrer eigenen Hilflosigkeit. Auf sich gestellt, schien sie schlicht gar nichts tun zu können, um ihren Freundinnen Gerechtigkeit zu verschaffen.
    Nicht einmal ihr guter Freund Justin wollte ihr helfen. Er hatte gestanden, sie zu bewundern, aber als sie ihn bat, ihr zu helfen, sagte er, er wollte nicht, dass sie sich in Gefahr brächte.
    Als besäße er das Recht, das von ihr zu verlangen!
    Guter Gott, wenn sie nicht bald einen Weg fand, etwas von der Wut in ihrem Innern abzubauen, würde sie noch explodieren! Ihr Zorn drohte sie zu ersticken. ja, so sehr war
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