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Sag's Nicht Weiter, Liebling

Sag's Nicht Weiter, Liebling

Titel: Sag's Nicht Weiter, Liebling
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hat sie schon seit Monaten nicht mehr ausgesehen. Ich bin so stolz auf sie.
    Zu meinem Schrecken habe ich plötzlich Tränen in den Augen. Und meine Nase läuft. Ich habe nicht mal ein Taschentuch. Wie peinlich.
    Okay. Ich muss mich zusammenreißen, sonst wird das wieder wie damals, als ich mit meinem Patenkind Amy in dem Disneyfilm Tarzan war, und als das Licht wieder anging, schlief sie tief und fest und ich war in Tränen aufgelöst und wurde von einer Bande Vierjähriger mit versteinerten Mienen angestarrt.

    Jemand berührt mich an der Hand. Ich sehe auf, und Jack bietet mir ein Taschentuch an. Als ich es annehme, schließen sich seine Finger kurz um meine.
     
    Als die Aufführung zu Ende ist, bin ich völlig hin und weg. Lissy verbeugt sich tief, und Jack und ich applaudieren wie wild und grinsen uns an.
    »Erzähl bloß keinem, dass ich geheult habe«, sage ich über den Applaus hinweg.
    »Tue ich nicht«, sagt Jack und lächelt mich reuig an. »Versprochen.«
    Der Vorhang fällt zum letzten Mal, die Leute stehen auf und greifen nach ihren Jacken und Taschen. Und als langsam wieder alles normal wird, ebbt mein Hochgefühl ab, und die Angst kehrt zurück. Ich muss noch einmal versuchen, Jemima zu erreichen.
    Am Ausgang strömen die Leute über den Hof zu einem erleuchteten Raum auf der anderen Seite.
    »Lissy hat gesagt, wir sehen uns auf der Party«, sage ich zu Jack. »Also, äh … geh doch schon mal vor. Ich muss noch schnell telefonieren.«
    »Ist alles in Ordnung?«, sagt Jack und sieht mich forschend an. »Du wirkst so fahrig.«
    »Alles in Ordnung!«, sage ich. »Nur aufgeregt!« Ich strahle ihn an, so überzeugend ich es schaffe, dann warte ich, bis er sicher außer Hörweite ist. Dann wähle ich sofort Jemimas Nummer. Und werde prompt auf die Mailbox umgeleitet.
    Ich wähle noch mal. Wieder die Mailbox.
    Vor Verzweiflung würde ich am liebsten laut schreien. Wo ist sie? Was macht sie? Wie kann ich sie ausschalten, wenn ich nicht weiß, wo sie ist?
    Ich stehe vollkommen still da und versuche, die aufkommende Panik zu bekämpfen und mir etwas einfallen zu lassen.
    Okay. Ich gehe einfach auf die Party, verhalte mich ganz normal, versuche weiter, sie zu erreichen, und wenn alle Stricke reißen, bleibt mir nichts anderes übrig als abzuwarten. Sonst kann ich nichts tun. Es wird schon gut gehen. Bestimmt.
     
    Die Party ist riesig und ausgelassen und laut. Alle Tänzer sind da, immer noch kostümiert, und das gesamte Publikum, und eine ganze Reihe Leute, die offensichtlich erst jetzt gekommen sind. Kellner gehen mit Getränken herum, das Geplapper ist erstaunlich laut. Als ich hineingehe, sehe ich kein bekanntes Gesicht. Ich nehme mir ein Glas Wein und schiebe mich in die Menge, wo ich lauter Gesprächsfetzen aufschnappe.
    »… wunderschöne Kostüme …«
    »… die Zeit zum Proben nehmen?«
    »… Richter war vollkommen unnachgiebig …«
    Plötzlich entdecke ich Lissy, von einer Menge gut aussehender Juristen-Typen belagert, von denen einer unverhohlen ihre Beine anstarrt.
    »Lissy!«, kreische ich. Sie dreht sich um, und ich drücke sie ganz fest. »Ich wusste ja gar nicht, dass du so toll tanzen kannst! Das war fantastisch!«
    »Ach, Quatsch. War es nicht«, sagt sie sofort und zieht ein typisches Lissy-Gesicht. »Ich bin völlig durcheinander gekommen, als …«
    »Stopp!«, unterbreche ich sie. »Lissy, es war ganz hervorragend. Du warst hervorragend.«
    »Aber ich war total schlecht im …«
    »Sag nicht , dass du schlecht warst!«, schreie ich sie regelrecht an. »Du warst fantastisch. Sag es. Sag es, Lissy.«
    »Na ja … okay.« Ihr Gesicht verzieht sich widerstrebend zu einem Lächeln. »Okay. Ich war … fantastisch!« Sie lacht freudig
erregt. »Emma, so gut habe ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht gefühlt! Und stell dir vor, wir planen schon, nächstes Jahr auf Tournee zu gehen!«
    »Aber …« Ich starre sie an. »Du hast doch gesagt, dass du so was nie wieder machst, nie, und wenn du noch mal davon anfängst, sollte ich dich abhalten.«
    »Ach, das war doch bloß Lampenfieber«, tut sie es mit einer Handbewegung ab. Dann senkt sie die Stimme. »Ich habe übrigens Jack gesehen.« Sie sieht mich wissbegierig an. »Was geht denn da ab?«
    Mein Herz macht einen riesigen Hüpfer. Soll ich ihr von Jemima erzählen?
    Nein. Sie würde sich nur aufregen. Und im Moment können wir ohnehin nichts machen.
    »Jack ist gekommen, um mit mir zu sprechen.« Ich zögere. »Um … mir sein Geheimnis
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