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Sagen aus Bayern

Sagen aus Bayern

Titel: Sagen aus Bayern
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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vorbei, das man auf der höchsten Stelle des Pfades errichtet hatte. Immer wieder ermahnten die Alten der beiden Dörfer die jungen Leute eindringlich, nicht zu spät nach Hause zu gehen. Denn in der Nähe des Kreuzes sei nach Mitternacht schon mehrmals ein ungewöhnlich großer Bock gesehen worden. Lachend schlugen sie aber alle guten Ratschläge in den Wind und gingen wie ehedem abends nach Aura. Eines Tages vergnügten sie sich besonders ausgelassen, und es wurde sehr spät, bis sie sich auf den Rückweg machten. Als sie am Kreuz vorbeikamen, vernahmen sie ein Rascheln, und da sprang auch schon ein riesiger Bock aus dem Gebüsch hervor. Er spießte eines der Mädchen auf seine Hörner und rannte blitzschnell davon, ohne daß ihre Begleiter eingreifen und es verhindern konnten. Mehrere Tage lang suchten die Bewohner der beiden Orte nach der Verschwundenen, doch sie wurde nie wieder gesehen. Wegen der feurigen Augen und der schwarzen Hörner, die das Ungeheuer hatte, glaubten die Leute, der Teufel sei in Gestalt dieses Bockes erschienen und habe das Mädchen geholt. Noch lange nach diesem Vorfall mieden die Leute der Umgebung den Weg über das Auraer Kreuz zu nächtlicher Stunde.

Der Bürgermeisters-Fuchs
    In Schweinheim war einmal ein Bürgermeister, der hatte rote Haare, wie der, den man Ischarioth nennt, und war auch nicht viel besser. Den Herrn hatte er zwar nicht verraten, aber desto mehr die Gemeinde, und mancher Taler, der in den Gemeindesäckel hätte kommen sollen, hatte den Weg in seinen eigenen gefunden. Die Leute, wenn sie von dem Bürgermeister sprachen, sagten nur: »der Fuchs«, und sie nannten ihn so nicht bloß der roten Haare wegen. Endlich starb er. Nach ihm kam ein anderer Bürgermeister, aber wie das Sprichwort sagt: es kommt selten was Besseres nach, und der neue Bürgermeister war noch schlimmer, als der alte. Eines Tages, es war schon tief in der Nacht, saß der neue Bürgermeister mit dem Schulzen auf dem Rathaus und pflog mit ihm Rats, wie sie der Gemeinde ein X für ein U machen könnten. Da springt mit einem Male die Stubentür weit auf, und herein tritt ein großer Fuchs mit einem langen Schwanz. Er schaut den Bürgermeister und den Schulzen, denen der Angstschweiß ausbricht, eine Weile starr an, dann spricht er mit einer Stimme nicht wie ein Fuchs, sondern wie ein Bär: »Zur Strafe meiner Diebereien muß ich jetzt, wie ihr mich seht, herumwandern. Wenn ihr so fortfahrt, so geht's euch auch so, Bessert euch – bessert euch!« Und fort war er.
    Der Bürgermeister und der Schulz ließen sichs nicht umsonst gesagt sein, und gingen etwas in sich, aber der große Fuchs soll sich doch von Zeit zu Zeit wieder haben sehen lassen. – Weil nun dieser Fuchs ein Leben ohne Ende hat, so pflegt der Jäger, wenn bei einem Treibjagen ein Fuchs die Schützenlinie hinaufläuft und überall hübsch gefehlt wird, zu sagen: »Das muß der Bürgermeisters-Fuchs sein! «

Der Burggeist von Rieneck
    Vor vielen Jahren zog ein junger Wandersmann das Sinntal entlang auf Rieneck zu. Er war müde und suchte in verschiedenen Wirtshäusern vergeblich eine Bleibe, denn alle Quartiere waren bereits belegt. Einer der Wirte aber sagte zu ihm: »Wenn du Mut hast, kannst du ja im Schloß übernachten. « »Mut hab' ich«, entgegnete der Bursche, »aber weshalb brauche ich Mut, wenn ich im Schloß übernachte?« Da erzählte ihm der Wirt, was sich vor etwa vierhundert Jahren in der Burg zugetragen hatte. Damals gehörte sie Graf Hubert von Rieneck, der Kunigunde von Schönrain zur Frau hatte. Aber es stellte sich bald heraus, daß er ein herzloser Mann war. Da erlosch die Liebe Kunigundens zu ihm, und sie schenkte ihre Gunst einem Leibknappen. Kunigunde wollte nun ihren Gatten loswerden. So setzte sie ihm vergiftete Knödel vor. Sobald Hubert davon gekostet hatte und ihm kalter Schweiß auf die Stirn trat, rief er: »Keine Ruhe sollst du finden, weder im Leben noch im Tode!« Bald nach ihrem Gatten starb auch Kunigunde, und sie fand tatsächlich keine Ruhe in ihrem Grab.
    Diese Geschichte konnte aber den wackeren jungen Mann nicht erschrecken. Er ging hinauf zur Burg, fand ein leeres Zimmer und legte sich alsbald in ein fein hergerichtetes Bett. Um Mitternacht aber wurde es plötzlich lebendig. Lautlos wurde die Tür zur Schlafkammer geöffnet und eine Frau, deren Augen sich vom bleichen Gesicht blutrot abhoben, kam herein. Sie trat an den Herd, bereitete Knödel, denen sie ein weißes Pulver beimischte, und bot sie dem
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