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Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye

Titel: Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
Autoren: Joy Fielding
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Atem zu holen. Donna erinnerte sich. Erinnerte sich an das Rot. Sie hatte gehofft, wie ein Star auszusehen. Statt dessen sah sie dann aus wie ein armes Waisenkind. »Das Rot dauerte auch nicht länger als die anderen Varianten, und bald war sie bei Kastanienbraun und schließlich sogar Schwarz angelangt. Unter diesem fortwährenden Umfärben hatte ihr Haar so sehr gelitten, daß sie es kürzer tragen mußte, etwa bis zum Kinn. Es bekam wieder seine natürliche Farbe, die gleiche wie jetzt, und es stand ihr großartig. Das sagte ich ihr auch; als sie aber am nächsten Morgen ins Frühstückszimmer kam, erkannte ich sie zunächst gar nicht. Sie sah aus wie die Insassin eines Konzentrationslagers, derart kurz
hatte sie ihr Haar geschoren, und sie war so dünn.« Wie ratlos schüttelte er den Kopf.
    »Was meinten ihre Freundinnen zu diesen dauernden Veränderungen?« fragte Mr. Gerber.
    Sofort beugte sich Donnas Anwalt ein winziges Stück vor. Gar kein Zweifel: Bei der leisesten Andeutung, daß irgendeine Aussage bloß auf »Hörensagen« beruhte, würde er sofort Einspruch erheben.
    »Nun«, erwiderte Victor vorsichtig, »zu dieser Zeit hatte sie nicht viele Freundschaften. Zumindest kam niemand ins Haus.« Wirkungsvolle Pause. Kurzer Blick auf Mel. »Allerdings – einmal hat Mrs. Adilman mich gefragt, ob mit Donna alles in Ordnung sei.«
    »Einspruch. Hörensagen.«
    »Stattgegeben.«
    Victor wartete darauf, daß ihm sein Anwalt weitere Stichworte zuspielte. Was dieser auch tat, geschickt, behutsam.
    »Was dachten Sie denn über all diese Veränderungen, Mr. Cressy?«
    »Ich hoffte ganz einfach, daß es sich bloß um eine Phase handelte, die sie nach der Entbindung durchmachte. Ich hatte gehört, daß Frauen mitunter ein wenig unzurechnungsfähig werden nach...«
    »Einspruch, Euer Ehren. Also wirklich...«
    »Stattgegeben. Sie bewegen sich da auf gefährlichem Terrain, Mr. Gerber.«
    Mr. Gerber demonstrierte leise Zerknirschung. Er senkte den Kopf, und in dieser Haltung stellte er die nächste Frage.
    »Mit der Zeit wurde es wieder besser?«
    »Nein, es wurde schlimmer.«
    Donna spürte, wie ihr Fuß einzuschlafen begann. Unmittelbar vor Sonnenaufgang ist es immer am dunkelsten, hatte ihre Mutter einmal gesagt. Aus irgendeinem Grund fiel ihr diese Bemerkung
jetzt ein. Sie fühlte das Kribbeln, bewegte die Zehen. Unwillkürlich mußte sie lächeln. Immerhin bewies das Kribbeln, daß dort Nerven waren – daß sie also noch lebte.
    Deutlich bemerkte sie, wie sich Victors Augen verengten; er hatte ihr Lächeln gesehen, und sein Blick drückte gleichzeitig Frage und Mißbilligung aus. Du Dreckskerl, dachte sie, und am liebsten hätte sie es laut geschrien. Aber das war natürlich unmöglich. Schließlich ging es darum, den Herren hier zu beweisen, daß sie eine richtige Mutter war: ein Wesen, das Kinder nicht nur in die Welt setzen, sondern auch großziehen konnte. Victors Stimme klang wie ein Surren, das unentwegt fortdauerte. Er sprach von Mißhelligkeiten, von Demütigungen, von irgendwelchen Dingen, die sie ihm angeblich angetan. Sie wollte keine Gäste bei sich haben, nicht einmal Geschäftspartner oder potentielle Kunden. Hatten sie ihrerseits Partys besucht (wogegen sie nichts einzuwenden hatte), so sei sie sarkastisch und taktlos gewesen und habe an ihm kein gutes Haar gelassen. Oder aber: Sie verfiel ins andere Extrem und sprach den ganzen Abend praktisch kein Wort. Ein wahrer Alptraum sei es gewesen. Nie habe er gewußt, wie sie reagieren würde. Niemand wußte es.
    Und dann diese andere Sache: das mit dem Hausputz.
    Victor verstand es, die Geschichte so zu erzählen, als höre er sie selbst zum erstenmal. »Das fing nach Sharons Geburt an. Sie mußte mitten in der Nacht aufstehen, um das Kind zu stillen. Das war regelmäßig so gegen zwei Uhr früh. Sie steckte die Kleine dann wieder ins Bett, aber statt sich selbst wieder schlafen zu legen, begann sie aufzuräumen und sauberzumachen. Wohnzimmer, Speisezimmer, Küche. Manchmal wischte sie sogar den Küchenfußboden. Bald mußte Sharon nachts nicht mehr gestillt werden. Trotzdem stand Donna weiterhin in aller Frühe auf, gegen zwei oder drei Uhr, und beschäftigte sich wenigstens eine Stunde lang mit Hausputz. Als ich einmal in die Küche kam, spülte sie das Geschirr.« Er hielt einen Augenblick inne, fuhr
dann wie bedrückt fort: »Dabei haben wir eine Geschirrspülmaschine.«
    Wer war diese absonderliche Dame, von der da gesprochen wurde? dachte Donna. Eine
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