Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
Mondsstral wiederglänzte - er zog mich an’s Fenster, gen Himmel sehend, sagt’ er: Freund, las uns hier gut sein, und vergeben dem Feienden — dort, dort, zeigt’ er mit der Hand nach dem Sternvollen Himmel, dort bleiben wir ewig gut - dort beleidigt man nicht. Ich fiel ihm um den Hals - wir schluchzten. Er spielte wieder so tröstend, so silbernschallend, daß ich ausser mir war, dich, und meine Heloise herwünschte - und dan Himmelswonne, Seligkeitsgefül, Elysium! -
     
    am 26 August.
    Die Hundstage sind vorbei; aber bewar mich Got, daß ich den Ort verlassen solte, we ich so glükliche Tag’ habe. Zu Michaelis geh’ ich auf die Akademie. Ich werde die Schule nun nicht mer besuchen. Meine Heloise kam heute bei ihrer Tant’ an, eher, als ich’s vermutete. Mein Freund sagte mir’s. Jezt geh’ ich den Tag wol sechsmal bei ihrem Hause vorbei, um sie zu sehen. Was man ein Kind ist! Ihre Tante ist die Frau des Amtmans an diesem Ort. Der Amtman ist so ein guter alter Deutscher, von wenig Empfindung für Liebe, als blos für ehlige Lieb’ und für Geld. Gesehen hab’ ich sie blos - aber noch nicht mit ihr geredt. Morgen abend wollen wir im Garten des Amtmans zusammen kommen. Wie das Herz schlägt, entgegenpochend neuer Wollust!
     
     
    am 27 August.
    Es ist Mitternacht, und ich schreibe. Ich mus dir alles erzälen. Heut den ganzen Tag schon kont’ ich nichts arbeiten. Jede Minute wurde mir zur Stunde: ich hofte blos auf den Abend. Kaum hatt’ ich gegessen: so fand’ ich mich schon im Garten ein. Ich durchirte die langen, melancholischen Lauben. Es war einer der schönsten Sommerabende. Der Busen schwelte mir schon: eh’ ich sie noch sah. Endlich flog sie zur Gartentür’ herein: und hü[p]fte die Lauben nach einander hindurch. Mit welcher Grazie, mit welcher Anmut bewilkomte sie mich! Mein Freund Karl kam endlich auch mit dem Amtman zur Gartentür’ herein. Alle viere sassen wir nun in einer Laube - und vergnügten uns, wie iene Altväter, mit vertraulichen Gesprächen. Aber ich hört’ und sähe nicht - nur auf sie war meine Sele gerichtet. Das Gespräch geriet endlich durch eine wunderbare Wendung auf die neuen Göthesianer - Empfindler. Der Alte hatte so ‘was davon gelesen und gehört - der sah das Ding ganz auf der schiefen Seit’ an. Mich ärgert’s, sagt’ ich, daß man über die Empfindungen und Gefül’ andrer urteilen wil, on’ ihren Wert, ihre Beschaffenheit noch selbst empfunden zu haben. Wer lästert am meisten den Göthe? nur der, der ihm nicht nachfülen kan - nur der Kalte. Noch nie hab’ ich einen Jüngling gekant, der Sinnes und Gefülkraft genug hatte, mit einem Göthe zu sympatisiren - welcher auf ihn geschimpft, ihn behonlächelt hätte. Aber wol ausgedörte Pedanten, alte Knasterbärte genug, die seinen Namen enterten. »Aber manche übertreiben’s im Empfinden.« we ist aber, versezt’ ich, die Gränze gezeichnet, wie weit man empfinden sol. Ist nicht alles relativ? Der viel, der wenig - ieder nach seinen individuellen Kräften und Anlagen dazu. Und ich wil’s lieber übertreiben, lieber mich ganz hinreissen lassen von der Menschheit edlen Gefülen, als kalt wie ein Stein sein, Mitleidstränen weglächeln, andre im quälenden Jammer mit hölzernem Herzen, dürrem Gehirn, troknen Augen sehen. Jesus weinte manche menschenfreundliche Träne bei’m Grab’ eines Lazarus - o ‘s regte sich in ihm menschliches Gefül, seine Saiten seines Herzens tönten den klagenden Tönen der Unglüklichen in einem solchen Einklang zu, daß es Schande für uns wäre — Ich wolte fortfaren, als der Alte so gleichgültig, so ungerürt, von iezzigen Statssachen an zu schwazzen fieng, daß ich vor Unmut mich entfernen, und mir Luft machen muste. Ich und meine Heloise giengen mit einander weg, um im Garten zu spazzieren. Wir giengen bis in’s hinterste Ende des Gartens. In einer Laube sezten wir uns nieder, we wir den vorbeirauschenden Bach hören konten. Ach! eine Sommernacht vol Freuden, wie sie im Himmel nur sind. Wir hatten eine weite Aussicht - drüben dunkle Wälder, we die hohen Bäume so prächtig in den blauen Himmel emporsahen - da einen murmelnden Bach, der sich in den dunkeln Wald hineinschlängelte - oben über uns einen Himmel, we ein Stern am ändern funkerte. Hinter uns fieng eine Nachtigal im Gebüsch’ an zu schlagen. Wir lauschten. Schmetternd wirbelte sie die Tön’ herab, und sank, tiefer und tiefer - endlich innig, rürend, senend. So silbern tönt’s nach in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher