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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul
Autoren: Jean Paul
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der Mond so ruhig, dem Leidenden so mild, hervor. Ich blikke zu ihm - und denke, wie oft wirst du, wenn dein Herz schlagende Wellen trüben, hinauf mit betränten Aug schauen. Und dan andet’s mir so trüb - so dumpf! Mein Busen schwelt! Ich irre nach Hause. Alles ist mir dan ärgerlich, was mir vorkomt, sie sollen alle gleiches mit mir fülen, die, die nicht so gestirnt sind. Ich schelte den einen Kalten, der nicht warm ist, we ich’s bin. Aber nicht lange dauert dieser Zustand… Mein Vater sumset mir täglich in die Oren, daß ich so nicht weit genug komme. Er lies mich so nach und nach wissen, daß er mich in’s Gymnasium einer nahen Stadt tun wolte. Das Ding ist mir schon verdrüslich, wenn ich daran denke. Ich fürcht’ immer, man möchte mich aus meinem süssen Traum erwekken. Und was für Kerl’s werd’ ich dort antreffen! Aber wenn sie fülten wie du, Lieber! wenn sie gut wären; dan - Glük für mich!
     
     
    den 28. Mai.
    Es ist richtig, guter Wilhelm! In vierzehn Tagen bin ich in der Stadt. Mir wird’s iezt da ganz kurios um’s Herz. Ich denk’ immer an’s Scheiden, und dies stimt mich ganz zum Traurigen, zum Wehmütigen um. Alles erscheint mir anders - alles, als wenn ich’s zum leztenmal sähe. Ach die Wiesen, die ich so oft an deiner Hand durchstrich, blühen nicht mer für mich wie sonst: sie scheinen ihren Liebling, der sie nun bald verläst, zu betrauern - iede weise Lilie, iede blasrote Rose ist mir heilig, denn sie erinnert mich meiner Hinfälligkeit. Der Mensch liebt die Veränderung: und doch hat er so viele Mühe, sie vorzunemen. Durch’s Herz geht’s mir, wenn man mir vom Zubereiten, vom Einpakken sagt. Und wenn nur keine Zeremonie mer unter uns war! Dies kalte Abschiednemen von solchen, die uns so wenig interessiren, ist Schuld an allem Gefüllosen, Unempfindlichen, das so oft uns in unserm Leben aufstöst. Eine iede Zeremonie war’s erstemal warmer Herzensausdruk. Das andremal war sie Spiel nachamender Affen, die nichts dabei empfanden - — und wurde zum drittenmal zur Mode; wobei zugleich die Sitt’ aufkam, kalt zu sein bei warmen Worten. Und ich - kan nicht Lebewol sagen, one zu fülen, was ich sage, - one mir Tränen in die Augen kommen zu lassen. Dies komt denn den kalten Narren so weibisch und schwärmerisch vor! - Wenn die ganze Sache vorbei ist, werd’ ich dir erst wieder schreiben.
     
     
    den 16 Junius.
    Endlich nach vieler Müh’ hab’ ich Zeit, dir zu schreiben. Überal ist Geräusch um mich her - überal Zerstreuung. Sol ich dir denn nun mein Ziehen der Läng’ und der Breite nach, erzälen?
    — Vielleicht würde wenig Interessantes darinnen sein: wenn du nicht der wärest, der alles von mir mit fülendem Herzen aufnäme. Der Tag meines Abzugs kam. Als die Morgensonn’ in mein Bette stralte, und ich die Augen öfnete — waren Tränen mein Gebet. Beklemt stund ich auf. Allerlei Dinge zerstreuten mich, bis um 7. Ur frühe der Wagen vor die Türe gerasselt kam, auf dem ich mit meinem Vater in die Stadt faren solte. Über mein Aug’ war schwarzer Flor - die Tränen versiegten nicht. Jeder Händedruk; iedes Lebewol durchdrang mir die bebende Sele. O! es drängt’ im Innern - o ich wünschte, so zu sterben. Ach Freund, wenn du dieses liesest, du wirst mir nicht glauben, nicht mit mir sympatisiren können - aber erinnere dich, wenn du einmal deine Eltern, oder dein Weib, deine Kinder, oder deine Freunde verlassen must, erinnere dich, daß ich gesagt habe: Scheiden ist schwer. —
    Ein herlicher Tag war’s - die Sonne gos ihr Licht so sanft in meine rotgeweinte Augen - die Wiesen dufteten so balsamisch und ein Konzert von Gottes Sängern durchtrillerte so melodisch die Luft. Ich kam in die Stadt; one noch recht zu mir gekommen zu sein. Bald gewont’ ich da ein: ob gleich ein inniges Senen mich weiter wegzog. Ich besuch’ iezt die Schule. Die Lerer sind Leute so so! Sie nären sich von Duft und Wind; sie geben ihrem Verstande nichts bedeutende Narung - und lassen das Herz verwelken. Denn man schimpft hier auf die neuen Empfindler. Keiner ist nach meinem Geschmak. Und die Schüler! da weis ich dir noch weniger zu sagen. Viel Gutes vermutet’ ich von ihnen, aber meine gute Meinung sinkt. Sie sind Ebenbild ihrer Lerer. Wenn nun’s Original schon schlecht ist; mus nicht die Kopie unerträglich sein? - Ach Kälte, Kälte! daß du liberal deine Vererer, deine Altär’ hast! Wennich doch hier einen ändern Wilhelm, Guter! anträffe - einen Freund, in den sich
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