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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul
Autoren: Jean Paul
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sollen uns glüklich machen; und wenn sie’s einmal können, dürfen sie nicht. Dieser hat Geld - — macht’s ihn glüklich? - es hindert ihn, es zu sein. Er ist reich, deswegen sol er immer reicher werden, deswegen sol er keine arme Geliebte heuraten. O verdamte Güter! Last mich arm, last mich blos, und ich bin glüklich, in meinem Geiste glüklich. Oder - die Eltern dieses iungen Menschen haben nichts als einen berümten adelichen Stambaum aufzuweisen. Macht ihn dieser hohe Stand glüklich? Nein. Sein Herz begert’s iezt zu sein, er findet unter tausenden eine, die seine Sele liebt - aber sie ist von niedrer Geburt - Nun, darf er die, die seines Herzens Won[n]e, sein alles ist, auf die sein ganzes Wesen alle Kräft’ hinstrekt - diese darf er nicht lieben. Er sol unglüklich sein. O Bruder! wenn man sich so einengen lassen mus. Wenn uns die kalten Kerl’s mit gelassenen Blut al unsre Won[n]e, unsre Seligkeiten wegräsonniren, wegrauben, aus den Händen reissen - — wer wil sich halten? Mein ganzes Wesen strebt sich dagegen auf - ich knirsche. Ich mus - morgen mus ich zu ihr. Ich wil bei ihrem Vater mir Tuch zu einem holländischen Tuch kaufen. Ich werd’ allein zu ihr hingehen: und’s meinem Freund nicht merken lassen. Denn ich bin fast eifersüchtig auf ihn. Das ist Torheit meines Herzens? -
     
     
    am 17 August.
    Unter dem Vorwande, spazzieren zu gehen, entfernt’ ich mich von meinem Freunde. In einer Viertelstunde schon erreicht’ ich’s Städchen. Der Kaufman hatte mich mich nicht vermutet. Fast macht’ er schon eine grämische Miene; wenn ich nicht nach holländischen Tuch gefragt hätte. Wir wurden eins: ich kauft’ ihm’s ab. Aber seine Tochter sah’ ich nicht. Endlich nam ich mir’s Herz, nach ihr zu fragen. Eben trat einer herein, der mit ihm handelte, als er mir sagte, daß sie im Garten wäre. Ich ergrief diese Gelegenheit, antwortet’ ihm, daß ich ihn nicht stören wolle, und entfernte mich in den Garten. Er ist schön - der Garten, wenig Pracht - aber genug für einen, der Sin hat, die Natur zu lieben. Viele schattigte Lauben - duftende Nelken und andre Blumen, b[l]ühende, und fruchttragende Bäume reizten mich noch einmal so stark, weil ich meine Geliebte darin suchte. Endlich sah’ ich sie bei einer Rose stehen, welche erst vom Wind war entblättert und abgeknikt worden. Sie stand star - ihre Augen waren feucht. Ich überraschte sie: kaum konte sie mir antworten. Wir fiengen ein Gespräch von gleichgültigen Gartendingen an; sie arbeitet’ immer dazu. Endlich nötigt’ uns ein kleiner Regen, in eine Laube zu gehen. Wir sassen neben einander. Ach Bruder! wenn du wüstest, welches Glük dies für mich war! nur neben ihr zu sein! so nahe! Durch die fallenden Regentropfen blinkerte der gebrochne Sonnenstral so mild - Sie sagte: Eben so lächelt der Gute, ob ihm gleich Tränen entfallen. Freund! dies sagte sie gerürt. Sie blikte weg. Ich antwortete, war! war! und konte nicht ertragen die Zauberkraft dieser Wort’ an mir, die mich überwältigten; sagte: der Gütige wischt sie einmal ab, die Tränen, die Bedrängte weinen. Bruder! ich muste schluchzen, weinen. Sie nam meine Hand, drükte sie bebend. Es durchschauerte mich Himmelswonne, iede Nerve, iedes Äderchen glühte. Wir sahen einander an; und ich sah auf ihrem glühendem Gesichte die Wonne, die der Gute fült, der nach langen verschlummerten Jaren sein Haupt aus des Grabes Lager empor hebt, und seiner Taten Lon sieht, und Ewigkeit dazu - — die Augen standen gen Himmel, Gefül, Gefiül war ieder Linienzug ihres Antlizzes - die Tränen entrolten den Augen. Kont’s nicht aushalten, muste fliehen. Mit wilden Schritten gieng ich im Garten umher. Wüste nicht mer zu bleiben. Der Geist ist nicht für übermässige Wonne geschaffen. Er erträgt’s nicht. Endlich verschnauft’ ich ein wenig. Ein schöner Regenbogen glänzt’ im Tal. Jedes Blümchen duftete süs: ieder Regentropfen funkerte blizzend vom Sonnenblikke - alles lebte wieder. Wir kamen wieder näher. Ich war erschöpft und fieng folgendes gleichgültige Gespräch mit ihr an.
    ICH. Komt Ihr Vater oft in Garten? Ich glaube doch nicht, daß es ihm verdrüslich fallen wird, wenn ich mich hier so lang’ aufhaltc.
    ELOISE. O keinesweges. Man braucht seinem Geize nur genug zu tun, um alle Gefälligkeit von ihm zu erhalten. Sie kauften holländisches Tuch von ihm: nun wird er Ihnen alles erlauben. Der Geiz ist sein Laster - er ist die Ursache mancher bösen Handlung, die
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