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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul
Autoren: Jean Paul
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hinwallen mustest? - Ach! dein Herz war den Qualen zu eng, die’s bestürmten! Du fandest al dem Kummer, al den Stürmen keinen Ausgang, als dich hinzuwerfen in des Todes kalten, eisernen Arm - als hinzueilen vor Got, der Schwachen vergiebt, als hinzueilen zum Jesus, dem Menschenfreunde, um da ihn zu suchen, der dich liebte, um da ihn zu umarmen vor dem ganzen Himmel, allen Guten und Seligen, den Einzigen - der für dich auf keiner Erde zu finden war.« -
    Al dieses durchblizte die verkümmerte Sele, wie der schlängelnde Blizstral die schwarze Wolke. Meine Heloise lag an mir, schwieg - imierer Schmerz durchwülte die Empfindungstiefen, durchbebte die Nerven, durchschauerte Mark und Bein. Ich fieng an zu reden, zu meiner Geliebten: Ach du, die mir mein alles ist, du sagtest mir vor, ein Tyran wolle dich mir rauben - — dich - und auch mich hinstürzen in Stürme, die die Sele drängen an des Todes Pforte - ach von dir! - schreklich! nichts, nichts, keine Macht sol mich trennen von dir - o! dies Leben ist bald zu endigen, bald kan sich der arme Geist den Fesseln des Körpers entschwingen. O du! sieh’ die Träne, die mir iezt im Auge bebt! Sieh’ sie, Geliebte! ich werde weich. Wenn ich dich verlieren solte, und wenn du erfärest, daß dein armer Abelard, vom Kummer durchnagt, diese sterbliche Hütte verlassen hat, dan erinnere dich des heutigen Abends, erinnere dich der Tränen, die ich an deinen Busen verweint habe — Dan schau’ hinauf mit einer Trän’ im Aug’ auf mein neuaufgeworfnes Grab, das den kalten Überrest deines Unglüklichen dekt, schau’ hin, schau’ die Blumen vom Winde wanken, schau’ die Veilgen, die meiner Grabstätt’ entsprossen, deren Duft so schön duftet, weil sie vom Moder meines Fleisches ihre Narung ziehen, schau’ hin, wenn du dein Abendgebet mit nassen Augen gen Himmel seufzest, wenn’s Grab von des Mondes stillen Stral überdämmert wird - sieh’ mich schlafen, und folg’ mir! — Das Gefiil überwältigte mich - ich verhülte mein Haupt - al meine Kräfte waren gespant: ich war nicht mer Mensch.
    Endlich giengen die vier Männer wieder vor uns vorbei, die die Ungliikliche begraben hatten. Stille Wehmut, und menschliches Bedauren blikten aus ihren Gesichtern. Ein iung aussehender Mensch von diesen verbarg seine Augen mit der Hand - er weinte. Meine Heloise sagt’ endlich zu mir mit erstikter Stimme: Lassen Sie uns hingehen, und die Gräber der beiden Redlichen - - Der Strom von Tränen, die sie mit ihrem Schnupftuch aufhielt, unterbrach das lezte Wort. Bald gelangten wir an die beiden Gräber: nach dem wir vorher die Gebüsche durchirren musten.
    Hart ragten ihre Gräber neben einander hervor. Zwei schwarze Kreuze waren auf die Gräber gestekt. Zwei Kränze, die bald verwelken wolten, hingen an den Kreuzen. Schon hatte des Sturms Brausen die gelben Blätter von den nahen Birkenbäumen auf die Gräber hingestürmt, und die Grabeshügel wie ein gelber Teppich überzogen. Lieblich säuselt’ cs in den finstern Bäumen nahe Gegenwart der Verstorbnen - dumpf braust’ es aus des Waldes Einöden ein Brausen des Herbstes und einsam krächzte die Nachteul’ ein Todtenlied im verfallenen Schlos. Wir sahen, wir hörten, wir fülten dies. Wir sahen gen Himmel, we der Polstern gerad’ über uns funkelte, und der Mond weinend unter den weissen Wölkgen hineilte - Wir ergriefen die Hände, schauten hinauf, und den bebenden Lippen entzitterten diese Worte: Got! dort oben! der du uns siehst hier bei den Gräbern, hier im Dunkeln - bei diesen Guten hier, die sich liebten bis zum Tode, bei diesen schwören wir, daß die Liebe, die in unserm Busen flamt, nie erkalten sol - daß wir nie einander verlassen wollen, bis uns des Todes starker Arm einander entreist! Got! du siehst! wir lieben rein! o wie wollen wir dir danken, wenn wir hier glüklich werden! Und wenn’s auf der Erde nicht geschehen könte, wenn der Menschen Wut auch Geliebte zu trennen sich nicht scheut — o! so wollen wir dort, we alles sich freut, und nichts weint, dort dir ewig danken, dort in ewiger Lieb’ die Ewigkeiten verleben, die dem Edlen zur Freude bestimt sind. Vater der Lieb’ hilf uns! — Ach das war eine Szene - wie ich nie eine dergleichen wieder haben werde. Ein Blik auf die Gräber geworfen, und die Wort’ herausgestossen: Ruhet sanft! ihr Kämpfer! ihr Dulder! eilten wir nach Haus. Schon elf Ur war’s, als wir durch’s Dorf giengen. Keine Lampe des armen Landmans schimmerte mer im einsamen Dorfe,
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