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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul
Autoren: Jean Paul
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ruft’ es von innen tief heraus: ach! ist denn alles so nichtig - sind die Freuden so bald verraucht, denen sich der Geist immer und immer zusent - folgt denn so bald der trübe Herbst auf den lachenden Sommer? So dacht’ ich; und endlich kam sie hinten herein mit schleichendem Tritte - in ihrem weissen Gewände, in dem ich sie zum erstenmal sahe. Ganz das weibliche Geschöpf, in dem sich Anmut und Schwermut, Schönheit und Rürung so herlich vereinigte. Sie sah zur Erde - sah die gewelkten Blätter, sah die herbstliche Verwüstung, hörte das Rauschen der Blätter unter ihrem Fus — und sah mich endlich zum Fenster herausblikken - weinte. Ach! da fiel’s mir auf’s Herz! Ach! dacht’ ich, was wil noch werden -
    - — »Sind Sie schon da« sagte der weibliche Engel. Lange war stumme Szene. Endlich fürte sie mich an’s Fenster. Wir hielten uns bei der Hand. Ich sagte: sehen Sie dort den Mond, wie er sich verbirgt hinter’s hinwallende Gewölk - wie er so weinend auf seine Erdenwelt herabschimmert - auch auf uns, die wir beängsteten Herzens sind, die wir weinen, weil wir scheiden müssen. In Heloise’s Auge glänzt’ eine Träne, vom Monde besilbert. - Ich sah’ ihr star in’s Auge, bebte dies heraus: Ach Geliebte! ich komme weg von dir - o Got! - Lassen Sie’s, lassen Sie’s, driikte sie mir die Hände, dies sagend - ach! sehen Sie dort hinauf, dort wont unser Vater, der uns nicht quält, wie mein leiblicher - dort wont der, der für die Guten sorgt. Ach! der wird Sie nicht verlassen, mich nicht verlassen - er wird unsre Liebe begünstigen - diese innige, diese reine. Gutes Geschöpf! Engel! fiel ich ihr um den Hals - dich verlassen, hin - — hin von dir - oh! »Freund! redete sie mich an mit mutiger Stimme, was verlieren wir, wenn wir getrent werden? wie lange dauert’s? Kurz ist die Zeit unsers Wallens hier - und Lieber! wenn ein Unglük hier im Erdental unsre Vereinigung verhinderte; giebt’s denn keinen Ort mer, we Menschen weiter leben? Sehen Sie an dies Herz da, das so mutig pocht, sehen Sie’s, dies wird einmal stille stehen - aber ‘s wird’s nicht ewig bleiben. Ein Helfer, ein Menschenfreund, ein Gottesmensch steigt einmal von seinem Himmel herab, und wekt alle aus bemosten Gräbern mit Gottesstimm’ hervor - ach! dan wird er uns auch hervorwinken - dan erwachen die Schlummernden einer Morgenröte, die ewigen Tag verkündet - dan stehen wir da, beschauen die Grabeshölen, in denen wir so viel’ hundert Jare verschlummert haben - dan umströmt neue Lebenskraft die Erwekten-dan, dan sehen wir beid’ auch einander, mit Entzükken eilen wir einander in die Arme - sinken hin, trinken Wollust - — und dan geht’s in einen Himmel, we Gute sich Wiedersehen, ewig Wiedersehen, eine ewige Sonne uns glänzt, ein ewiger Mond uns dämmert - Freund! Lieber! ach ich werde weich!
    wir werden Wiedersehen, Wiedersehen! Geh’ hin, Geliebter! ertrage die Leiden mit Geduld, erinnere dich deiner Heloise, die oft um dich, dich Edlen, weinen wird - ach Guter! leb’ in Frieden! — « Ich sank zu ihren Füssen - Himmel und Erd’ vergiengen um mich - ich sprang auf - umhalste sie - fülte mich Engel - — dachte Wiedersehn - ris michsagte Leb’ wol - schied! Freund! das waren Worte, die sie zu mir sagte. Ein Trost für ieden, der liebt. Lieber Wilhelm! wenn auch du einmal liebst — oder wenn du Liebende kenst, deren Liebe rein ist, die aber dulten Jammer hier - die sich senen nach Vereinigung, und getrent werden von Tyrannen — wenn du sie kenst, so sag’ ihnen:
    Edle Menschen! grämt euch nicht. Bleibt hier geschieden! Erwartet die Auferstehung dort! dort seht ihr einander wieder, we euch kein Menschenfeind mer drängt - dort liebt ihr einander ewig. — Ach! al’ ihr Liebende! hier im Sterbtal! die ihr duldet Leiden hier, weil ihr gut seid, weil ihr Tugend, Reinheit liebet, und nicht Geld, nicht Stand, nicht hohe Würden - last’s sein, dns oft Kummertränen eure Augen benezzen, blikt hin in’s bessere Leben! in jene Höhe, we ein Werther mit seiner Lotte, ein Siegwart mit seiner Marianna - und al die guten Selen, lächelnd auf euch herabwinken - we sie, nachdem die Tränen des Kummers vom Auge verwischt sind, euch die Zauber iener Welt nur in dämmerndem Lichte zeigen - seid Männer, duldet! und erndtet dan! — Ich weine, Freund! und sol ich’s nicht? —
    Jezt weiter.
    Ich lief nach Hause, blikte mit tränenvollem Auge noch einmal nach dem Garten, we ich so viele Seligkeiten genossen hatte.
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