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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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an diesem Neid, wie mich mein Liebster schätzt,
    Und meinem kleinen Stolz wird alle Qual ersetzt.
    Egle .
    Kind, ich bedaure dich: Du bist nicht mehr zu retten,
    Da du dein Elend liebst; du klirrst mit deinen Ketten
    Und überredest dich, es sei Musik.
    Amine .
    Ein Band
    Zur Schleife fehlt mir noch.
    Egle (zu Lamon) .
    Du hast mir eins entwandt,
    Das ich vom Maienkranz beim Frühlingsfest bekommen.
    Lamon .
    Ich will es holen.
    Egle .
    Doch du musst bald wiederkommen.
     
 * 
Zweiter Auftritt
    Egle . Amine .
    Amine .
    Er achtet das nicht viel, was ihm sein Mädchen schenkt.
    Egle .
    Mir selbst gefällt es nicht, wie mein Geliebter denkt;
    Zu wenig rühren ihn der Liebe Tändeleien,
    Die ein empfindlich Herz, so klein sie sind, erfreuen.
    Doch, Freundin, glaube mir, es ist geringre Pein,
    Nicht gar so sehr geliebt, als es zu sehr zu sein.
    Die Treue lob’ ich gern; doch muss sie unserm Leben
    Bei voller Sicherheit, die volle Ruhe geben.
    Amine .
    Ach, Freundin! Schätzenswert ist solch ein zärtlich Herz.
    Zwar oft betrübt er mich, doch rührt ihn auch mein Schmerz.
    Wirft er mir etwas vor, fängt er an, mich zu plagen,
    So darf ich nur ein Wort, ein gutes Wort nur sagen,
    Gleich ist er umgekehrt, die wilde Zanksucht flieht;
    Er weint sogar mit mir, wenn er mich weinen sieht,
    Fällt zärtlich vor mir hin und fleht, ihm zu vergeben.
    Egle .
    Und du vergibst ihm?
    Amine .
    Stets.
    Egle .
    Heißt das nicht elend leben?
    Dem Liebsten, der uns stets beleidigt, stets verzeihn,
    Um Liebe sich bemühn und nie belohnt zu sein!
    Amine .
    Was man nicht ändern kann –
    Egle .
    Nicht ändern? Ihn bekehren,
    Ist keine Schwierigkeit.
    Amine .
    Wie das?
    Egle .
    Ich will dich’s lehren.
    Es stammet deine Not, die Unzufriedenheit
    Des Eridons –
    Amine .
    Von was?
    Egle .
    Von deiner Zärtlichkeit.
    Amine .
    Die, dächt’ ich, sollte nichts als Gegenlieb’ entzünden.
    Egle .
    Du irrst; sei hart und streng, du wirst ihn zärtlich finden.
    Versuch’ es nur einmal, bereit’ ihm kleine Pein:
    Erringen will der Mensch, er will nicht sicher sein.
    Kommt Eridon, mit dir ein Stündchen zu verbringen,
    So weiß er nur zu gut: Es muss ihm stets gelingen.
    Der Nebenbuhler Zahl ist ihm nicht fürchterlich;
    Er weiß, du liebest ihn weit stärker als er dich.
    Sein Glück ist ihm zu groß, und er ist zu belachen:
    Da er kein Elend hat, will er sich Elend machen.
    Er sieht, dass du nichts mehr als ihn auf Erden liebst,
    Und zweifelt nur, weil du ihm nichts zu zweifeln gibst.
    Begegn’ ihm, dass er glaubt, du könntest ihn entbehren;
    Zwar wird er rasen, doch das wird nicht lange währen,
    Dann wird ein Blick ihn mehr als jetzt ein Kuss erfreun;
    Mach’, dass er fürchten muss, und er wird glücklich sein.
    Amine .
    Ja, das ist alles gut; allein, es auszuführen,
    Vermag ich nicht.
    Egle .
    Wer wird auch gleich den Mut verlieren!
    Geh, du bist allzu schwach. Sieh dort!
    Amine .
    Mein Eridon!
    Egle .
    Das dacht’ ich. Armes Kind! Er kommt, du zitterst schon
    Vor Freude! Das ist nichts; willst du ihn je bekehren,
    Musst du ihn ruhig sehn sich nahn, ihn ruhig hören.
    Das Wallen aus der Brust! Die Röte vom Gesicht!
    Und dann –
    Amine .
    O, lass mich los! So liebt Amine nicht.
     
 * 
Dritter Auftritt
    Eridon kommt langsam mit übereinander gelegten Armen; Amine steht auf und läuft ihm entgegen. Egle bleibt in ihrer Beschäftigung sitzen.
    Amine (ihn bei der Hand fassend) .
    Geliebter Eridon!
    Eridon (küsst ihr die Hand) .
    Mein Mädchen!
    Egle (für sich) .
    Ach, wie süße!
    Amine .
    Die schönen Blumen! Sprich, mein Freund, wer gab dir diese?
    Eridon .
    Wer? Meine Liebste.
    Amine .
    Wie? – Ah, sind das die von mir?
    So frisch von gestern noch?
    Eridon .
    Erhalt’ ich was von dir,
    So ist mir’s wert. Doch die von mir?
    Amine .
    Zu jenen Kränzen
    Fürs Fest gebrauch’ ich sie.
    Eridon .
    Dazu! Wie wirst du glänzen!
    Lieb’ in des Jünglings Herz und bei den Mädchen Neid
    Erregen!
    Egle .
    Freue dich, dass du die Zärtlichkeit
    So eines Mädchens hast, um die so viele streiten.
    Eridon .
    Ich kann nicht glücklich sein, wenn viele mich beneiden.
    Egle .
    Und könntest doch; denn wer ist sicherer als du?
    Eridon (zu Aminen) .
    Erzähl’ mir doch vom Fest; kommt wohl Damöt dazu?
    Egle (einfallend) .
    Er sagte mir es schon, er werde heut nicht fehlen.
    Eridon (zu Aminen) .
    Mein Kind, wen wirst du dir zu deinem Tänzer wählen?
    (Amine schweigt, er wendet sich zu Eglen.)
    O sorge, gib ihr den, der ihr am liebsten
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