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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Sicherheit da –
    Amine .
    Glaubst du etwa? –
    Eridon .
    Nein!
    Ich glaube nichts, mein Kind; nur Furcht ist’s, was ich fühle.
    Das allerbeste Herz vergisst bei muntrem Spiele,
    Wenn es des Tanzes Lust, des Festes Lärm zerstreut,
    Was ihm die Klugheit rät, und ihm die Pflicht gebeut.
    Du magst wohl oft an mich auch beim Vergnügen denken;
    Doch fehlt es dir an Ernst, die Freiheit einzuschränken,
    Zu der das junge Volk sich bald berechtigt glaubt,
    Wenn ihm ein Mädchen nur im Scherze was erlaubt.
    Es hält ihr eitler Stolz ein tändelndes Vergnügen
    Sehr leicht für Zärtlichkeit.
    Amine .
    Gnug, dass sie sich betrügen!
    Wohl schleicht ein seufzend Volk Liebhaber um mich her;
    Doch du nur hast mein Herz, und sag’, was willst du mehr?
    Du kannst den Armen wohl mich anzusehn erlauben,
    Sie glauben wunder –
    Eridon .
    Nein, sie sollen gar nichts glauben!
    Das ist’s, was mich verdrießt. Zwar weiß ich, du bist mein;
    Doch einer denkt vielleicht, beglückt wie ich zu sein,
    Schaut in das Auge dir und glaubt dich schon zu küssen
    Und triumphiert wohl gar, dass er dich mir entrissen.
    Amine .
    So störe den Triumph! Geliebter, geh mit mir,
    Lass sie den Vorzug sehn, den du –
    Eridon .
    Ich danke dir.
    Es würde grausam sein, das Opfer anzunehmen,
    Mein Kind, du würdest dich des schlechten Tänzers schämen;
    Ich weiß, wem euer Stolz beim Tanz den Vorzug gibt:
    Dem, der mit Anmut tanzt, und nicht dem, den ihr liebt.
    Amine .
    Das ist die Wahrheit.
    Eridon (mit zurückgehaltenem Spott) .
    Ja! Ach, dass ich nicht die Gabe
    Des leichten Damarens, des viel Gepriesnen, habe!
    Wie reizend tanzt er nicht!
    Amine .
    Schön! Dass ihm niemand gleicht.
    Eridon .
    Und jedes Mädchen –
    Amine .
    Schätzt –
    Eridon .
    Liebt ihn darum!
    Amine .
    Vielleicht.
    Eridon .
    Vielleicht? Verflucht! Gewiss!
    Amine .
    Was machst du für Gebärden?
    Eridon .
    Du fragst? Plagst du mich nicht? Ich möchte rasend werden.
    Amine .
    Ich? Sag’, bist du nicht schuld an mein und deiner Pein?
    Grausamer Eridon! Wie kannst du nur so sein?
    Eridon .
    Ich muss; ich liebe dich. Die Liebe lehrt mich klagen;
    Liebt’ ich dich nicht so sehr, ich würde dich nicht plagen!
    Ich fühl’ mein zärtlich Herz von Wonne hoch entzückt,
    Wenn mir dein Auge lacht, wenn deine Hand mich drückt,
    Ich dank’ den Göttern, die mir dieses Glücke gaben;
    Doch ich verlang’s allein, kein andrer soll es haben.
    Amine .
    Nun gut, was klagst du denn? Kein andrer hat es nie.
    Eridon .
    Und du erträgst sie doch; nein, hassen sollst du sie!
    Amine .
    Sie hassen? Und warum?
    Eridon .
    Darum! Weil sie dich lieben.
    Amine .
    Der schöne Grund!
    Eridon .
    Ich seh’s, du willst sie nicht betrüben,
    Du musst sie schonen; sonst wird deine Lust geschwächt,
    Wenn du nicht –
    Amine .
    Eridon, du bist sehr ungerecht.
    Heißt uns die Liebe denn die Menschlichkeit verlassen?
    Ein Herz, das einen liebt, kann keinen Menschen hassen.
    Dies zärtliche Gefühl lässt kein so schrecklichs zu,
    Zum wenigsten bei mir.
    Eridon .
    Wie schön verteidigst du
    Des zärtlichen Geschlechts hochmütiges Vergnügen,
    Wenn zwanzig Toren knien, die zwanzig zu betrügen!
    Heut ist ein großer Tag, der deinen Hochmut nährt,
    Heut wirst du manchen sehn, der dich als Göttin ehrt;
    Noch manches junge Herz wird sich für dich entzünden,
    Kaum wirst du Blicke gnug für alle Diener finden.
    Gedenk’ an mich, wenn dich der Toren Schwarm vergnügt,
    Ich bin der größte! Geh!
    Amine (für sich) .
    Flieh, schwaches Herz! Er siegt.
    Ihr Götter! Lebt er denn, mir jede Lust zu stören?
    Währt denn mein Elend fort, um niemals aufzuhören?
    (Zu Eridon.)
    Der Liebe leichtes Band machst du zum schweren Joch,
    Du quälst mich als Tyrann, und ich? Ich lieb’ dich noch!
    Mit aller Zärtlichkeit antwort’ ich auf dein Wüten,
    In allem geb’ ich nach; doch bist du nicht zufrieden.
    Was opfert’ ich nicht auf! Ach! Dir genügt es nie.
    Du willst die heut’ge Lust! Nun gut, hier hast du sie!
    (Sie nimmt die Kränze aus den Haaren und von der Schulter, wirft sie weg und fährt in einem gezwungenen ruhigen Tone fort.)
    Nicht wahr, mein Eridon? So siehst du mich viel lieber
    Als zu dem Fest geputzt. Ist nicht dein Zorn vorüber?
    Du stehst! Siehst mich nicht an! Bist du erzürnt auf mich?
    Eridon (fällt vor ihr nieder) .
    Amine! Scham und Reu’! Verzeih, ich liebe dich!
    Geh zu dem Fest!
    Amine .
    Mein Freund, ich werde bei dir bleiben;
    Ein zärtlicher Gesang soll uns die Zeit
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