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Saeculum

Titel: Saeculum
Autoren: Poznanski Ursula
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Gefecht perfekt einstudiert. Jeder Hieb saß, jeder Schritt stimmte, und als Paul rücklings stolperte, vollführte er einen so gekonnten Überschlag aus der Gefahrenzone, dass das Publikum in Applaus ausbrach. Kurz darauf machte er Warze den Garaus und Nathan ergab sich. Nach einer abschließenden Runde Verbeugungen war die Show gelaufen.
    Sie warteten, bis der Großteil der Zuseher sich zerstreut hatte, was länger dauerte, da eine Reihe junger Mädchen sich um Paul drängte und mit ihm fotografiert werden wollte, jede von ihnen einzeln natürlich.
    Dafür gesellte sich Warze, von den toten Helden wiederauferstanden, zu ihnen. »Gib mir zu trinken, Bruder«, dröhnte er.
    Steinchen schnallte eine bauchige Feldflasche von seinem Gürtel. »Nur Wasser, mein Freund. Sei so nett und füll nach, wenn du alles ausgesoffen hast.«
    »Gewiss.« Warze schüttelte sein schweißnasses Haar aus der Stirn. Jetzt wusste Bastian wenigstens, woher er seinen Spitznamen hatte, denn genau über seiner Nasenwurzel prangte wie ein drittes Auge ein Fibrom von gut einem Zentimeter Durchmesser. Kreisrund. Bastian musste sich zwingen, nicht ständig hinzustarren, das Ding zog seinen Blick wie magnetisch an. Mit Laser oder Skalpell konnte man da sicher etwas machen.
    Verdammt. Das Studium würde ihn zum kompletten Fachidioten werden lassen, der jeden Menschen, der ihm begegnete, in Gedanken sofort auf einen Behandlungsstuhl packte.
    »Schluss jetzt«, ermahnte er sich selbst und merkte erst an den erstaunten Blicken der anderen, dass er das wohl laut ausgesprochen hatte.
    »Schluss womit?«, fragte Sandra.
    »Ach, nichts weiter. Ich muss nur zur Abwechslung die dämliche Medizin aus dem Kopf kriegen, das ist alles.«
    »Siehst du?« Sandra grinste Steinchen an, Triumph schwang in ihrer Stimme. »Ich hatte recht. Er kommt mit.«
    »Wohin komme ich mit?«
    Bevor Sandra antworten konnte, nahm Steinchen sie am Arm und zog sie ein Stück zur Seite.
    »Entschuldigt uns einen Moment, mein Freund.« Er begann, auf Sandra einzureden, leider nicht laut genug, als dass Bastian hätte verstehen können, worum es ging. Nur ab und zu bekam er Satzfetzen mit.
    »… mit den anderen besprochen«, hörte er Steinchen sagen. »Ich dachte, du machst einen Witz.«
    Sandra antwortete, leider ebenfalls mit gedämpfter Stimme, ihre Worte wurden mühelos vom quirligen Markttreiben übertönt.
    Bastian stand da, betrachtete seine Schuhspitzen und fühlte sich überflüssig. Er tauschte ein verlegenes Lächeln mit Warze, der den Trinkschlauch halb geleert hatte und sich nun den Rest des Inhalts über den Kopf schüttete.
    »… diesmal besonders pingelig.« Wieder ein paar Steinchen-Worte, die zu ihm herüberwehten. »… werden niemals einverstanden sein. Sogar Ben und Pia haben Absagen bekommen. Niemand weiß etwas Genaues. Versprich ihm nicht zu viel, sonst …«
    Der Rest ging erneut im Lärm des Marktes unter, es wurde gejubelt, weil Paul sich winkend von seinen Fans verabschiedete. Er kam quer über den Turnierplatz geschlendert und grüßte dabei abwechselnd nach rechts und nach links.
    Etwas Großes kommt auf dich zu, dachte Bastian, innerlich grinsend. So schnell konnten Weissagungen in Erfüllung gehen, wenn man sie nur richtig interpretierte.
    Paul arbeitete sich zu ihnen durch, schlug Warze auf die Schulter und nahm ihm mit der anderen Hand die Flasche ab.
    »Leer!«, seufzte er, musterte mit zusammengezogenen Brauen Warzes tropfendes Haar und schüttelte den Kopf. »Elende Wasserverschwendung. Sei so nett und füll den auf, ja?« Er drückte Warze den Trinkschlauch in die Hand. Dabei begegnete sein Blick dem Bastians.
    »Hallo. Wir sollten uns kennen, nicht?«
    Sollten wir das? Während Bastian noch überlegte, ob er die Bemerkung nett oder eigentümlich fand, streckte sein Gegenüber ihm schon die Hand entgegen.
    »Ich bin Paul, und wenn du Bastian bist, hat Sandra mir einiges über dich erzählt.«
    Tatsächlich? »Hat sie das?«
    »Ja.« Paul strahlte ihn an und ließ ihn auch nicht aus den Augen, als Warze die aufgefüllte Wasserflasche brachte und sie Paul reichte. Sein Blick war eine Spur zu intensiv, für Bastians Geschmack.
    »Ich vermute, in Wahrheit heißt du Sebastian?«
    »Nein, meine Eltern haben sich gleich für die verkürzte Version entschieden. Sie fanden, so passt es besser zum Rest.«
    »Lass mal hören, den Rest.«
    »Steffenberg.«
    Beinahe genießerisch wiederholte Paul den Namen. »Bastian Steffenberg. Deine Eltern haben recht.
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