Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Saeculum

Titel: Saeculum
Autoren: Poznanski Ursula
Vom Netzwerk:
March und versuchte, Sandras Stimme auszublenden.
    »Die Hose kannst du nicht nehmen, du brauchst eine Bruche und Beinlinge.«
    »Eine was?« Der Musterschüler klang verwirrt.
    »Bruche. Mittelalterliche Unterhose. Die Beinlinge werden dran festgemacht. Total praktisch.«
    Amüsiertes Prusten. »Na meinetwegen. Erinnert mich aber stark an eine Windel.«
    »Da hängt dann später dein Hemd oder deine Tunika drüber. Nur keine Sorge.«
    Iris warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah Bernhard? Bert? Balduin? mit der besagten Bruche, drei Paar Beinlingen, fünf Hemden, einer Jacke und diversen Gürteln im Umkleidezelt verschwinden. Jetzt war nur noch Sandra da und versuchte, so zu tun, als würde sie Iris nicht sehen. Blöde Kuh.
    Iris legte ihre Harfe behutsam vor sich auf dem Tisch ab. »Wie heißt dein Freund noch mal?«
    Tiefes Seufzen. »Bastian.«
    Richtig, das war es gewesen. Wie der Junge aus der Unendlichen Geschichte, so würde sie es sich merken.
    »Will er etwas kaufen oder bloß rumprobieren?«
    Noch mal Seufzen. »Kaufen. Wenn wir das Richtige finden.«
    »Das Richtige wofür?«
    Sandras Gesichtsausdruck sagte jetzt ganz deutlich »Leck mich«, das war ja spannend. Normalerweise verbarg sie ihre Abneigung geschickter. Aber entweder war sie dafür heute nicht mehr fit genug oder es war ihr gerade egal.
    »Ist das deine Sache?«
    »Natürlich nicht.« Iris streichelte über den hölzernen Klangkörper ihrer Harfe und stand langsam auf, ohne Sandra aus den Augen zu lassen. »Kann ich dir helfen, Bastian?«, rief sie in Richtung Zelt. »Brauchst du vielleicht auch Schuhe? Es gibt Restpaare, die Nadja günstig loswerden will, wenn du Glück hast, passt dir etwas davon.«
    Da kam er schon heraus, mit einem schiefen Grinsen im Gesicht. »Schuhe wären nicht übel. Welche würdest du mir empfehlen? Sandra meint, das Gelände auf euren Cons wäre manchmal unwegsam oder schlammig …«
    Also doch. Iris drehte sich zu Sandra um. »Du willst ihn zur nächsten Con mitnehmen?«
    »Ja. Und?«
    »Und? Keiner kennt ihn, wer weiß, ob er es überhaupt durchhält. Ob er ein brauchbarer Spieler ist.«
    Sie ging näher an Sandra heran und senkte ihre Stimme. »Ob wir ihm trauen können. Woher willst du wissen, dass er nicht zur Polizei rennt und uns verpetzt, dein Musterschüler? Was sagen denn Carina und Paul?«
    Sandra würdigte sie keiner Antwort, sondern schob sich an ihr vorbei, um Bastian beim Binden seines Schnürhemds zu helfen.
    »Sieht gut aus«, sagte sie. »Die Beinlinge passen auch, und wenn du mich fragst, ich würde den Gürtel mit der Drachenschnalle dazunehmen.«
    Er schlang ihn sich um die Taille, stemmte die Hände in die Hüften und sah Iris mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ist das okay für einen Musterschüler?«
    Hoppla. »Ja, ist akzeptabel. Aber wenn du wirklich vorhast, auf unsere Con mitzukommen, würde ich mir an deiner Stelle ein paar Sachen mehr zulegen. Noch ein Hemd, ein Wams, zwei Paar Beinlinge. Ein gutes Messer. Eine Gürteltasche aus Leder und einen größeren Tragesack aus Leinen. Einen Trinkschlauch - aber ohne Plastik innen, sonst ist er gegen die Vorschriften, ein eigenes Kochgeschirr und eine warme Wolldecke.«
    Bastian sah sie mit großen Augen an.
    »Die Gürteltasche bekommst du bei mir, für die anderen Sachen musst du dich umsehen. Das meiste wirst du hier auf dem Markt finden.«
    Er nickte langsam. Sah zwischen ihr und Sandra hin und her, als wartete er auf etwas. Klar, er hatte die Bemerkung mit der Polizei gehört und kriegte gerade Schiss. Umso besser.
    »Wenn du weißt, was du kaufen willst - ich warte vorne beim Kassentisch.« Iris ließ die beiden vor dem Umkleidezelt stehen, ging zurück zu ihrer Harfe und hob sie auf ihre Knie. Die Berührung des glatten Holzes und der straff gespannten Saiten taten ihr gut, so war es immer. Als die ersten Töne von Tourdion durch die Nachtluft aufstiegen, hatte sie ihr Gleichgewicht beinahe wiedergefunden. Dieser Bastian war harmlos. Sollte er eben mitkommen. Weder er noch Sandra konnten ihr die fünf Tage im Jahr verderben, an denen sie sich sicher fühlte.
    Ihr Spiel lockte Zuhörer an und sie überlegte kurz, ob es sich doch lohnen würde, einen Becher für Münzen aufzustellen. Nein. So war es richtig, sie wollte keine Unterbrechung, sondern weiterspielen und dem kleinen Mädchen zusehen, das sich zur Musik kichernd und mit fliegendem Rock um die eigene Achse drehte.
    Drei Stücke später kamen Bastian und Sandra aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher