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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender
Autoren: Berte Bratt
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schon“, sagte Beate. „Es kommt darauf an.“
    „... ob ich mich um deine Familie kümmern will“, ergänzte ich. „Ja, wenn ich in Kiel aufgenommen werde, dann bleibe ich so lange wie ich kann, das Semester fängt ja erst Mitte Oktober an.“
    „Und wenn du nicht aufgenommen wirst?“
    „Ja, dann muß ich zusehen, daß ich so bald wie möglich zum Geldverdienen komme, und versuchen, fürs nächste Semester einen neuen Antrag zu stellen“, meinte ich. „Für Vati wäre das ja ganz gut, ich meine, wenn ich selbst etwas zu meinen Studien beitragen könnte
    - es wird alles so verflixt teuer. Mir wird’s schwindlig, wenn ich daran denke!“
    „Wenn wir dir bloß helfen könnten, Heidilein“, seufzte Beate. „Aber du weißt - Hans Jörgen kommt auf die technische Hochschule, und Gerhard hat teure Ausbildungsversicherungen für unsere beiden kleinen Räuber abgeschlossen.“
    „Um Gottes willen, Beate, das wäre ja noch schöner! Ihr tut sowieso allzuviel für mich! Wer weiß, vielleicht werde ich gar nicht aufgenom. ach, das ist die Post, ich laufe schon!“
    Es hatte geklingelt. Mit meinen himbeerroten Fingern fischte ich einen Brief aus dem Briefkasten.
    Er war für mich. Aus Deutschland.
    Mit zitternden Fingern machte ich ihn auf. .
    „Beate!“
    „Was hast du?“ Beate erschien in der Küchentür. „Einen Brief! Beate, ich bin an der Universität in Kiel aufgenommen worden!“
    Alles in meinem Kopf war ein wildes Durcheinander vor Aufregung und Freude, Sorgen und Beklemmung. Es war teuer, in Deutschland zu leben, das wußte ich - Miete, Essen, Fahrgeld und was man so braucht, auch wenn man genügsam ist. Jedesmal wenn ich hundert Mark brauchte, mußte Vati zweihundertzwanzig Kronen zahlen. Und wie weit kommt man mit hundert Mark? Rolf hatte vierhundert pro Monat verbraucht, hatte er mir erzählt. Aber sein Vater ist wohlhabend. Vielleicht könnte ich es mit dreihundert schaffen. Das wären immerhin über sechshundertsechzig Kronen -und das jeden Monat.
    Ein Auto hielt vor dem Gartentor und riß mich aus meinen Überlegungen raus. Es war Rolfs Wagen mit Senta am Steuer und Klein Gerhard in seiner Baby-Tragetasche auf dem Rücksitz. Ich lief ihr - noch himbeerbefleckt - entgegen. „Nanu, Senta, am hellichten Vormittag, ich denke, du stehst in deiner Küche beim Mittagkochen?“
    „Ich pfeife auf das Mittagessen - grüß Gott, Beatemutti!“ - es folgte ein schnelles Küßchen, das Beates Nasenspitze traf - „bei uns gibt es heute Dosenfraß, und du gibst mir ein paar Himbeeren als Nachtisch mit.“
    „Ach, tu ich das?“
    „Klar tust du das, Muttilein. Ich mußte schnell rüberkommen, ich habe doch einen so aufregenden Brief.“
    „Ich auch“, unterbrach ich. „Ich bin in Kiel aufgenommen!“
    „Prima, gratuliere! Aber hört mal - ja ich lese euch alles vor, er ist von Sonja“ - ein schon etwas zerknitterter Brief kam aus Sentas Tasche zum Vorschein, sie sank auf einen Küchenhocker nieder und las uns vor.
    Sonja erzählte, daß ihr Heiko im August zusammen mit seiner Chefin, Lady Robinson, schnell nach West-Afrika mußte. Selbst konnte sie aus guten Gründen nicht mit, sie würde dann im achten Monat sein. Nun fragte sie, ob Senta nicht zu ihr rüberkommen könne, sie würde sich so furchtbar allein fühlen.
    „Und ich soll dein Engelskind hüten?“ schmunzelte Beate. „Oder nimmst du es mit?“
    „Nee - ich dachte eigentlich, da ja Heidi hier ist, und.“
    „... und da wir, wie du siehst, gar nicht anderes zu tun haben -im August haben wir die Äpfel und Birnen, die Bohnen und die Johannisbeeren! - Na, bring nur deinen Sprößling, wir werden es wohl schaffen, oder was meinst du, Heidilein?“
    „Na klar!“ sagte ich. „Aber das kann ja gut werden, du fährst im August und Beate im September - ob ich wohl überhaupt dazu komme, meine Studien in Kiel anzufangen?“
    „Ach richtig, ich habe ja einen Brief aus Kiel, den habe ich noch nicht gelesen, ich ergriff bloß meinen Sohn und klaute den Wagen um schnellstens herzukommen - ach, Täntchen, mein Sohn ist hungrig, gib ihm doch den Karottenbrei aus dem Glas da, ein Sabberlätzchen liegt unter dem Kopfkissen - ich muß mal schnell sehen, was die gute Tante Christiane schreibt, ich habe ewig nichts von ihr gehört!“

Die gute Tante Christiane
    Natürlich wußte ich, wer „Tante Christiane“ war.
    Sie war Sentas ehemalige „Gnädige“ - Frau Christiane von Waldenburg, bei der Senta als Haustochter gearbeitet hatte, bevor sie an
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