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Runenschild

Titel: Runenschild
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der winzigen Welt bildeten, in der er plötzlich gefangen war, und alles, was noch existierte und sich
zu bewegen vermochte, waren Artus, Mordred, Morgaine
und er selbst und Gwinneth. Er sah, wie sich Mordreds
schwarzes Runenschwert weiter durch Artus’ Brust bohrte, den Rücken seiner silbernen Rüstung durchdrang und
helles Elbenblut über Artus’ Brust floss. Er sah das fassungslose Entsetzen auf Morgaines Gesicht, aber auch den
Ausdruck auf dem Artus’, in dem kein Schmerz lag, keine
Furcht, sondern beinahe so etwas wie Erleichterung.
Der König fiel. Seine Hand, die nicht mehr die Kraft hatte, das Schwert zu halten, ließ Excalibur los und er sank
langsam auf die Knie und sein Blick war noch immer auf
ihn, Lancelot, gerichtet und tief unter aller Verzweiflung,
allem Schmerz und allem Bedauern in seinen Augen war
ein Ausdruck unendlicher Erleichterung.
Sein Herz war durchbohrt, denn auch das Herz eines Elben war kaltem Stahl nicht gewachsen, und er starb zu
schnell, um noch ein Wort des Abschieds sagen zu können, aber Lancelot las es in seinen Augen. Da war kein
Vorwurf. Kein Groll. Nichts von alldem, was er erwartet
hätte. Artus hatte gewusst, was geschehen würde, und es
war gut so.
Das Leben in den Augen des Königs erlosch und im
gleichen Moment bewegte sich die Wirklichkeit weiter.
Plötzlich war der Hof wieder von Flammenschein erfüllt,
im Prasseln des Feuers gellenden Schreien und dem Dröhnen zusammenbrechender Mauern, aber auch von den entsetzen Ausrufen der Barbarenkrieger, die ebenso fassungslos wie Lancelot selbst zusahen, was geschah. Viele von
ihnen prallten zurück, die meisten erstarrten einfach und
nicht einer machte auch nur den Versuch, Lancelot aufzuhalten, als er brüllend vor Zorn weiterstürmte und Mordred mit einem einzigen gewaltigen Hieb der Runenklinge
niederstreckte.
Es war nicht das erste Mal, dass er gegen einen Feind in
der schwarzen Rüstung der Dunkelelben kämpfte. Er
wusste, wie undurchdringlich die schwarzen Rüstungen
dieser furchtbaren Krieger waren, denn sie bestanden aus
einem Metall, das nicht auf dieser Welt geschmiedet worden war, und er legte all seine Kraft und all seinen Zorn in
diesen einen, beidhändig geführten Hieb. Das Elbenschwert traf Mordred mit tödlicher Präzision und enthauptete ihn auf der Stelle. Der schwarze Helm mit der
Wolfsfratze flog davon und rollte klappernd über den
Burghof, während Mordred enthauptet allein noch einen
Moment stehen blieb, als hätte er noch nicht ganz begriffen, was ihm geschehen war, und dann, die rechte Hand
immer noch um den Griff des Schwertes geschlossen, das
Artus’ Brust durchbohrt hatte, auf die Knie und weiter
nach vorne sank. Wie in einer letzten, verzeihenden Umarmung stürzten Artus und er gegeneinander und fielen
eng umschlungen zu Boden.
»Nein«, stammelte Lancelot. »Nein! Artus! Nicht das!
Du … du darfst nicht …«
Seine Stimme versagte. Artus war tot. Die Augen, die
ihn hinter dem geöffneten Visier anblickten, waren leer.
Doch trotz all des Blutes auf seinem Gesicht, all des
Schmerzes und der Verzweiflung auf seinen Zügen, war
da zugleich etwas wie ein tiefer zufriedener Ausdruck.
Er spürte, wie die beiden Iren und Gwinneth neben ihm
anlangten und stehen blieben, aber er war nicht in der Lage, sie auch nur anzusehen. Er konnte nur Artus anblicken,
den Mann, der ihm alles bedeutet hatte, der sein größter
und einziger Freund und zugleich sein schlimmster Feind
gewesen war, und alles, was er fühlte, war eine entsetzliche Leere und eine Verzweiflung, die fast körperlich wehtat. Hätte ihn irgendeiner der Barbarenkrieger, die sie umringten, in diesem Moment angegriffen, er hätte nicht
einmal versucht sich zu verteidigen.
Doch niemand griff ihn an. Die Zeit lief weiter, trotzdem
war es in diesem Moment und an diesem Ort, in dem kleinen aus Körpern gebildeten Kreis im Herzen der brennenden Burg noch immer, als hielte die Schöpfung selbst den
Atem an. Trotz allem Furchtbaren war es ein fast heiliger
Moment, in dem Lancelot spürte, dass etwas unvorstellbar
Großes, Gewaltiges geschah.
Am Ende war es Morgaine, die die fast unheimliche Stille brach, indem sie aus ihrer Erstarrung erwachte und sich
langsam, zitternd neben Artus und ihren toten Sohn auf die
Knie sinken ließ. Etwas an ihr hatte sich verändert. Sie
war noch immer so schön und kalt wie zuvor, doch die
Aura unbezwingbarer Macht, die sie umgeben hatte, war
dahin. Wortlos, mit steinernem
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