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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft
Autoren: Ange Guéro
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schon im Voraus wisst, wie ein Gespräch enden wird.«
    »Oh, Arekh, Ihr entwickelt ja Manieren! Das Gebaren des Hofstaats färbt wohl auf Euch ab. Nehmt Euch in Acht, sonst werdet Ihr noch gezähmt.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Nun gut … Wenn Ihr mir die Frage gestellt hättet, hätte ich Euch gesagt, dass sich ohne Zweifel ein Präzedenzfall finden lassen wird. Und ich bin nicht diejenige, die auf den Gedanken gekommen ist. Manche … Sympathien bleiben nicht unbemerkt, wenn es um wichtige Persönlichkeiten geht, wisst Ihr? Ich wiederhole nur Gerüchte, die gerade im Umlauf sind …«
    Arekh nickte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Marikani. Er kämpfte darum, die Beherrschung zu wahren, um sich nicht vor den Augen der größten Klatschbase des Palastes zu verraten. Sein Herz klopfte bis zum Zerspringen: Er versuchte, sich zur Vernunft zu mahnen, doch es gelang ihm nicht. Selbst wenn Vashni sich täuschte … selbst wenn sie alle sich täuschten, selbst wenn der Gedanke nie auch nur Marikanis Geist gestreift hatte - er konnte ihr ja noch kommen. Und außerdem war es ihm völlig gleichgültig, ob es eine offizielle Verbindung
gab. Was das Gespräch bewies und was allein wichtig war, war, wie er sich mit fast schmerzhaftem Entzücken sagte, dass … dass irgendetwas jetzt möglich war, weil es im Hofklatsch schon akzeptiert und erwartet wurde.
    Nein, vielleicht verrannte er sich da in etwas. Und dennoch … Er kämpfte darum, seine Gedanken nicht abschweifen zu lassen und seine Hoffnungen unter Kontrolle zu behalten. Ohne Erfolg.
    So vieles hatte sich geändert und kulminierte in einem Augenblick, diesem Augenblick. Es schien ihm, als sei er nicht mehr derselbe, und er erinnerte sich, wie er vor Wochen in diesem Tempel den Eindruck gehabt hatte, dass er eine zweite Chance bekommen würde. Die Emotionen, die auf ihn einströmten, waren so stark, dass er fast Schmerzen empfand, und um wieder zu sich zu kommen, zwang er sich, sich auf die Wirklichkeit zu konzentrieren, auf das, was sich vor ihm im Gerichtsgraben abspielte.
    Der Hohepriester sagte gerade: »Und mit einer Freude ohnegleichen kann ich Euch, Ayashinata, verkünden, dass dieses bedauerliche Possenspiel von einem Prozess endlich zu Ende ist. Ihr müsst wissen, dass es mir sehr leidtut, Euch diese traurigen Gerichtssitzungen auferlegt zu haben, besonders jetzt, da die wahre Natur des Verräters und seine Pläne offen zutage getreten sind.«
    »Hohepriester, Ihr habt Eure Pflicht getan«, sagte Marikani mit einem strahlenden Lächeln. »Eine solche Anklage konnte man nicht ignorieren.«
    »Wohl gesprochen, Ayashinata. Und deshalb bitte ich Euch auch, uns einen letzten Gefallen zu tun. Bitte leistet vor den Augen der hier anwesenden Adligen und vor denen des Gottes einen Eid. Wenn Ihr so freundlich wärt, hierher vorzutreten, Eure Hand in die Um-Akrs zu legen und zu schwören, dass Ihr wahrhaftig Aya Eola Taryns
Marikani seid, die Tochter der Ayini Eloïne vom schwarzen Blute des mächtigen Arrethas? Möge die Wahrheit Eurer Worte bis zum Firmament steigen, und möge der Gott Euch strafen, wenn im Herzen seines Tempels eine Lüge ausgesprochen wird.«
    Und in dem Augenblick schlug alles um.
     
    Wie beim Exorzismusritual waren es nur winzige Details, die Arekh die Augen öffneten.
    Das leichte - oh, so unmerkliche, kaum sichtbare - Zurückweichen Marikanis, als der Hohepriester auf die Statue deutete.
    Lionors Zusammenzucken … Lionor, die Arekh völlig vergessen hatte, die aber neben Harrakin stand und alles aufmerksam beobachtete. Ja, sie war zusammengezuckt, und schlimmer noch, viel schlimmer: Sie warf einen besorgten Blick auf Arekh, als wolle sie sich vergewissern, dass er nichts bemerkt hatte, dass er nicht protestieren würde, als glaube sie, dass Gefahr bestünde - eine Gefahr, die von ihm ausging …
    Marikani konnte nicht Flöte spielen.
    Die anderen Höflinge hatten nichts bemerkt. Sie sahen lächelnd zu, wie Marikani mit leicht herausforderndem Blick auf die Statue des Gottes der Gerechtigkeit zutrat und dann hocherhobenen Hauptes die Hand auf den schwarzen Stein legte.
    Sie holte kurz Atem.
    »Im strengen Schatten Um-Akrs, des Gottes des Ausgleichs und des Scharfblicks, schwöre ich feierlich, dass ich aus den Lenden Ayini Eloïnes, der Nichte des Königs, geboren bin und dass Paris Veraz, der Cousin des Königs, in der Tat mein Vater war …«
    Lionor warf erneut einen Blick auf Arekh. Und diesmal
bemerkte sie wohl, dass sich in
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