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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
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Ausdruck,
    dem Eigentümer der ersten Stimme eine Ohrfeige zu verpassen.
    »Ich verabscheue solche Geschöpfe. Sie sind so… armselig!«
    »Ja, mein Schatz. Das Symbol einer leichtgläubigen Vergangenheit.«
    »Wenn ich so brennen könnte, würde ich nicht einfach herumlaufen
    und mich damit begnügen, hübsch auszusehen. Warum machen sie das?«
    »Ich vermute, daß es ihnen einmal zum Vorteil gereicht hat.«
    »Dann sind sie also… Wie nennst du so etwas?«
    »Eine evolutionäre Sackgasse, Lacci. Schiffbrüchige Überlebende im
    Meer des Fortschritts.«
    »Ich erweise ihnen also einen Gefal en, wenn ich sie töte?«
    »Guter Hinweis. Nun, ich schlage vor…«
    »Immerhin, Hühner brennen nicht«, sagte die Stimme namens Lacci.
    »Jedenfal s nicht so ohne weiteres.«
    »Wir haben dein Experiment gehört. Vielleicht wäre es keine schlechte
    Idee gewesen, sie zuerst zu töten.« Dies war eine dritte Stimme – jung,
    männlich, von Lacci ein wenig angeödet. Gewisse Schwingungen in jeder
    einzelnen Silbe verrieten den »älteren Bruder«.
    »Was hat das für einen Sinn?«
    »Nun, Schatz, es wäre leiser gewesen.«
    »Hör auf deinen Vater, Schatz.« Diese vierte Stimme konnte nur von
    einer Mutter stammen. Sie liebte die anderen Stimmen, was auch immer
    sie anstellten.
    »Du bist ja so ungerecht !«
    »Wir haben dir erlaubt, Steine auf die Kobolde fal en zu lassen, Schatz.
    Das Leben besteht nicht nur aus Spaß.«
    Der Kutscher rührte sich, als die Stimmen durch die Wolken heranka-
    men – und dann standen vier Gestalten nicht weit entfernt. Er kletterte
    vom Kutschbock herunter und öffnete nicht ohne Mühe die Tür, als sich
    die Wesen näherten.
    »Die meisten der armen Geschöpfe sind entkommen«, sagte Mutter.
    »Schon gut, Schatz«, erwiderte Vater.
    »Ich kann sie einfach nicht ausstehen«, meinte Tochter. »Stecken sie
    ebenfal s in einer Sackgasse fest?«
    »Zum Glück für sie nicht. Andernfal s hätten sie wohl kaum fliehen
    können. Igor! Auf nach Lancre.«
    Der Kutscher drehte sich um.
    »Fehr wohl, Herr.«
    »Ach, zum letztenmal… So spricht man nicht!«
    »Ich kann nur fo fprechen, Herr«, entgegnete Igor.
    »Und ich habe dich aufgefordert, die Federn von der Kutsche zu neh-
    men, du Idiot.«
    Der Kutscher trat vol er Unbehagen vom einen Fuß auf den anderen.
    »Schwarze Federn find unbedingt erforderlich, Herr. Fo verlangt ef die
    Tradition .«
    »Nimm sie sofort weg!« befahl Mutter. »Was sol en die Leute denken?«
    »Fehr wohl, Herrin.«
    Der Mann namens Igor schloß die Tür, schlurfte um die Kutsche her-
    um, nahm gehorsam die Federn ab und verstaute sie unterm Kutsch-
    bock.
    Im Innern der Kutsche erklang die aufgebrachte Stimme.
    »Stellt Igor ebenfal s eine evolutionäre Sackgasse dar, Vater?«
    »Das können wir nur hoffen, Schatz.«
    »Miftkerl«, sagte Igor leise und griff nach den Zügeln.

    Der Text begann: » Du bist herzlich eingeladen …«
    Es war eine piekfeine, verschnörkelte Schrift, die man nur schwer lesen
    konnte, die dafür aber sehr offiziel anmutete.
    Nanny Ogg lächelte und legte die Karte an ihren Platz auf dem Kamin-
    sims zurück. Das Wort »herzlich« gefiel ihr sehr. Es hatte einen prächti-
    gen Klang, der nicht nur Freundlichkeit in Aussicht stel te, sondern auch
    und vor allem Alkohol.
    Sie bügelte ihren besten Unterrock. Besser gesagt: Sie saß in ihrem Ses-
    sel am Feuer, während eine ihrer Schwiegertöchter, an deren Namen sie
    sich gerade nicht erinnern konnte, dies erledigte. Nanny half ihr, indem
    sie immer wieder auf die Stel en hinwies, die noch gebügelt werden muß-
    ten.
    Es war eine verdammt gute Einladung, fand sie. Besonders die goldene
    Einfassung, dick wie Sirup. Vermutlich war es kein echtes Gold, aber es
    glitzerte äußerst eindrucksvoll. »Diese Stel e da könnte noch einmal das
    Bügeleisen vertragen, Mädchen«, sagte sie und schenkte sich Bier nach.
    Eine andere Schwiegertochter – wenn sie einige Sekunden nachgedacht
    hätte, wäre ihr der Name bestimmt eingefal en – brachte Nannys rote
    Stiefel auf Hochglanz. Eine dritte staubte ganz vorsichtig Nannys besten
    spitzen Hut am Hutständer ab.
    Nach einer Weile stand Nanny Ogg auf und öffnete die Hintertür. Der
    Himmel war noch nicht ganz dunkel, und einige Wolkenfetzen schoben
    sich vor die ersten Sterne. Sie schnupperte. Der Winter hielt sich lange in
    den Bergen, aber es lag eindeutig ein Hauch von Frühling in der Luft.
    Eine gute Zeit, dachte Nanny. Eigentlich die beste. Oh, sie
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