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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
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wiederholte der Straßenräuber. »Oder dein Leben. Was
    davon verstehst du nicht?«
    OH, JA. NUN, ICH HABE ETWAS GELD DABEI.
    Zwei Münzen landeten auf dem von Rauhreif bedeckten Boden. Der
    Straßenräuber wol te sie aufheben, aber das gelang ihm nicht. Neuer
    Ärger brodelte in ihm.
    »Also dein Leben!«
    Die Gestalt auf dem Pferd schüttelte den Kopf. NEIN, DAS
    GLAUBE ICH NICHT. NEIN, WIRKLICH NICHT.
    Sie zog einen langen, krummen Stock aus einem Halfter. Der Straßen-
    räuber hatte das Objekt zunächst für eine Lanze gehalten, aber jetzt
    sprang eine Klinge daraus hervor – ihre Schneide leuchtete blau.
    ICH MUSS SAGEN, DASS DU DICH DURCH EINE
    BEMERKENSWERT BEHARRLICHE VITALITÄT
    AUSZEICHNEST, sagte der Reiter. Es war keine Stimme in dem Sinn,
    mehr ein Echo im Kopf. VIELLEICHT AUCH DURCH EINE
    BESONDERE GEISTESGEGENWART.
    »Wer bist du?«
    ICH BIN DER TOD, sagte Tod. UND ICH BIN NICHT HIER, UM
    DEIN GELD ZU NEHMEN. WAS DAVON VERSTEHST DU
    NICHT?

    Etwas flatterte am Fenster des Vogelhorts. Die Öffnung war nicht ver-
    glast – es steckten nur einige Holzleisten darin, um frische Luft hereinzu-
    lassen.
    Etwas tastete umher, und es folgte ein leises Picken. Dann herrschte
    wieder Stille.
    Die Falken starrten.
    Außerhalb des Fensters machte etwas Wummpf. Gleißende Lichtstrah-
    len strichen über die gegenüberliegende Wand, und die Leisten verkohl-
    ten langsam.

    Nanny Ogg wußte: Das Fest fand im Großen Saal statt, doch den eigent-
    lichen Spaß hatte man im Hof am großen Feuer. Drinnen gab’s Wachte-
    leier, Gänseleberpastete und kleine belegte Brote. Draußen schwammen
    Bratkartoffeln in Butterfässern, und dazu briet ein ganzer Hirsch am
    Spieß. Für später war die Galavorstellung eines Mannes vorgesehen, der
    Wiesel durch seine Hosenbeine krabbeln ließ – solche Unterhaltung zog
    Nanny jeder großen Oper vor.
    Als Hexe war sie natürlich überal wil kommen, und es konnte nie
    schaden, die besseren Leute daran zu erinnern, für den Fal , daß sie es
    vergaßen. So schwer die Entscheidung auch sein mochte: Nanny Ogg
    beschloß, draußen zu bleiben und eine ordentliche Wildbretmahlzeit zu
    genießen – wie viele ältere Frauen war sie gewissermaßen ein Faß ohne
    Boden, wenn es kostenloses Essen gab. Anschließend wollte sie den
    Großen Saal aufsuchen und die Lücken mit piekfeinen Spezialitäten fül-
    len. Außerdem wurde dort vielleicht der teure sprudelnde Wein ausge-
    schenkt. Nanny trank ihn ganz gern, wenn man ihn in einem großen
    Krug servierte. Allerdings mußte man erst genug Bier trinken, bevor man
    sich ausgefalleneren Dingen zuwenden konnte.
    Sie griff nach einem Humpen und schlenderte zum Anfang der
    Schlange am Bierfaß. Dort stieß sie mit sanftem Nachdruck den Kopf
    eines Mannes beiseite, der beschlossen hatte, den ganzen Abend unterm
    Zapfhahn zu liegen, und fül te dann ihr Gefäß.
    Als sich Nanny umdrehte, sah sie, wie sich die spreizfüßige Agnes nä-
    herte. Es schien sie noch immer mit Unbehagen zu erfül en, ihren neuen
    schwarzen Hut in der Öffentlichkeit zu tragen.
    »Hallo, Mädchen«, sagte Nanny. »Versuch mal das Wildbret. Ist wirk-
    lich lecker.«
    Agnes blickte skeptisch zum bratenden Fleisch hinüber. Die Lancresti-
    anar waren vor allem um die Kalorien bedacht und schenkten den Vita-
    minen kaum Beachtung.
    »Glaubst du, ich könnte hier einen Salat bekommen?« fragte sie.
    »Ich hoffe nicht«, erwiderte Nanny fröhlich.
    »Es sind ziemlich viele Leute da«, meinte Agnes.
    »Jeder hat eine Einladung bekommen«, sagte Nanny. »Das finde ich
    sehr nett von Magrat.«
    Agnes reckte den Hals. »Oma Wetterwachs scheint nicht hier zu sein.«
    »Vermutlich ist sie drinnen und sagt den Leuten, was sie tun sol en.«
    »In letzter Zeit habe ich sie nicht oft gesehen«, fügte Agnes hinzu. »Ich
    glaube, sie ist mit irgend etwas beschäftigt.«
    Nanny kniff die Augen zusammen.
    »Glaubst du?« fragte sie und dachte: Du wirst gut, Mädchen.
    »Seit wir von der Geburt gehört haben…« Mit einer Geste ihrer pum-
    meligen Hand deutete Agnes auf das cholesterinintensive Fest um sie
    herum. »Seit wir davon gehört haben, ist sie… ganz angespannt.«
    Nanny Ogg stopfte Tabak in die Pfeife und riß ein Streichholz am Stie-
    fel an.
    »Du bemerkst gewisse Dinge, nicht wahr?« entgegnete sie und paffte.
    »Bist ziemlich aufmerksam, stimmt’s? Wir sollten dich Fräulein Ich-
    bemerke-al es nennen.«
    »Ich bemerke zum Beispiel, daß du immer dann mit deiner Pfeife
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