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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
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her-
    umspielst, wenn dir unangenehme Gedanken durch den Kopf gehen«,
    sagte Agnes. »Das ist Ersatzbefriedigung.«
    In einer süßlich riechenden Qualmwolke dachte Nanny daran, daß Ag-
    nes Bücher las. Alle Hexen, die in ihrer Hütte gewohnt hatten, gehörten
    zur belesenen Sorte. Sie glaubten, durch Bücher das Leben sehen zu
    können, aber das ging natürlich nicht, weil einem die Worte den Blick
    versperrten.
    »Seit einer Weile ist sie recht still, das stimmt«, sagte Nanny. »Wir soll-
    ten sie besser nicht stören.«
    »Ich dachte, sie ärgert sich vielleicht über den Priester, der die Na-
    mensgebung vol zieht«, sagte Agnes.
    »Ach, am alten Pater Perdore gibt es nichts auszusetzen«, erwiderte
    Nanny. »Brabbelt in irgendeiner komischen Sprache vor sich hin und
    faßt sich kurz. Anschließend gibt man ihm ein paar Münzen für seine
    Mühe, füllt ihn mit Brandy ab, setzt ihn auf seinen Esel, und schon ist er
    wieder verschwunden.«
    »Hast du nichts davon gehört?« fragte Agnes erstaunt. »Er hatte einen
    Unfal drüben in Skund. Hat sich die Hand und beide Beine gebrochen,
    als er vom Esel fiel.«
    Nanny Ogg nahm die Pfeife aus dem Mund.
    »Warum hat man mir das nicht gesagt?« entfuhr es ihr.
    »Keine Ahnung, Nanny. Ich hab’s gestern von Frau Weber erfahren.«
    »Was? Ich bin ihr heute morgen auf der Straße begegnet! Sie hätte
    mich darauf ansprechen können!«
    Nanny steckte sich die Pfeife so in den Mund, als wol te sie damit
    Wortkargheit und Einsilbigkeit erstechen. »Wie kann man sich beide
    Beine brechen, wenn man vom Esel fäl t?«
    »Er ritt über den kleinen Pfad an der Skund-Schlucht und fiel achtzehn
    Meter tief.«
    »Ach? Nun… ich schätze, in dem Fal ist der Esel hoch genug.«
    »Deshalb hat der König jemanden zur omnianischen Mission in Ohu-
    lan geschickt, damit ein anderer Priester zu uns kommt«, sagte Agnes.
    »Er hat was ?« brachte Nanny hervor.

    Auf einer Wiese außerhalb der Stadt hatte jemand, der nicht viel davon
    verstand, ein kleines graues Zelt aufgebaut. Der stärker werdende Wind
    zerrte an dem Plakat, das draußen an einer Staffelei befestigt war.
    Auf dem Plakat stand: GUTE NEUIGKEITEN! Om Heißt Dich
    Willkommen!!
    Niemand war zu dem kleinen, einleitenden Gottesdienst gekommen,
    den Hilbert Himmelwärts am Nachmittag abgehalten hatte. Doch nach
    der Ankündigung wol te er nicht darauf verzichten, sang einige fröhliche
    Lieder und spielte dazu auf seinem tragbaren Harmonium. Anschließend
    hielt er für Wind und Himmel eine kurze Predigt.
    Der Unterunterdekan Himmelwärts betrachtete sich nun im Spiegel. Er
    mußte zugeben, daß ihm dabei nicht ganz wohl zumute war. Spiegel hat-
    ten zu einer der zahlreichen Spaltungen der Kirche geführt. Eine Seite
    vertrat dabei die Ansicht, daß Spiegel schlecht waren, weil sie Eitelkeit
    förderten. Die andere Seite meinte hingegen, Spiegel seien heilig, weil sie
    Oms Güte reflektierten. Himmelwärts hatte sich darüber noch keine
    eigene Meinung gebildet – er neigte von Natur aus dazu, bei strittigen
    Fragen auf beiden Seiten Vernünftiges zu entdecken. Wie dem auch sei:
    Spiegel halfen ihm wenigstens, den komplizierten Priesterkragen zu-
    rechtzurücken.
    Er war noch recht neu. Oberdekan Meckel, verantwortlich für Pastora-
    le Praxis, hatte darauf hingewiesen, daß die Vorschriften über Stärke
    eigentlich kaum mehr darstellten als Richtlinien. Doch Himmelwärts
    wol te auf Nummer Sicher gehen, was in diesem Fal bedeutete: Man
    hätte sich mit seinem Kragen rasieren können.
    Vorsichtig ließ er den heiligen Schildkrötenanhänger an den richtigen
    Platz sinken und nahm mit einer gewissen Zufriedenheit seinen Glanz
    zur Kenntnis, bevor er nach dem sorgfältig gedruckten Buch Om griff, das er zum Abschluß seiner Studien erhalten hatte. Manche seiner Studien-kol egen waren stundenlang damit beschäftigt gewesen, unentwegt in
    ihren Ausgaben dieses Buches zu blättern, damit sie angemessen ge-
    braucht wirkten. Doch Himmelwärts verzichtete darauf, und außerdem
    kannte er den größten Teil davon ohnehin auswendig.
    Vage Schuldgefühle regten sich in ihm, denn an der Schule war mehr-
    mals darauf hingewiesen worden, daß man heilige Schriften nicht für
    Weissagungen und dergleichen benutzen sol te. Er schloß die Augen und
    schlug das Buch an einer beliebigen Stel e auf.
    Dann hob er die Lider wieder und las den ersten Abschnitt.
    Die Stel e befand sich irgendwo in der Mitte von Bruthas Zweitem
    Brief an die Omisch,
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