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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
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wartete eine Zeitlang und stapfte dann zu dem Bündel. Eine Spur
    aus geschmolzenem Gummi blieb hinter ihm zurück. Er kniete sich hin
    und zog vorsichtig die Decke beiseite. Fetzen gähnte. Eine große Zunge
    leckte Igors Hand.
    Als er erleichtert lächelte, erklangen tief unten im Schloß die mächtigen
    Orgelklänge der »Tokkata für junge Frauen in knappen Nachthemden«.

    Der Adler flog weiter, ins Becken von Lancre.
    Die Nacht glühte auf dem See und der langgestreckten v-förmigen
    Welle, die aus vielen kleinen v-förmigen Wellen bestand. Ihre Spitze
    zeigte auf eine ahnungslose Insel.
    Stimmen hal ten von den Bergen wider.
    »Bis später, Otter!«
    »Wir sehen uns bald wieder, ha!«
    »Kleine Männer, große Freiheit!«
    »Wir sind die Größten!«

    Der Adler glitt weiter und ging nun schnell tiefer. Lautlos schwebte er
    über dunkle Wälder, machte einen Bogen über den Bäumen und landete
    auf einem Zweig. Nicht weit entfernt stand eine Hütte auf einer Lich-
    tung.
    Oma Wetterwachs erwachte.
    Ihr Körper bewegte sich nicht, aber ihr Blick huschte hin und her. Im
    Halbdunkel wirkte ihre Nase noch krummer als sonst. Nach einer Weile
    ließ sie sich zurücksinken, und die Anspannung wich aus den nach vorn
    gewölbten Schultern.
    Schließlich stand sie auf, streckte sich und ging zur Tür.
    Die Nacht fühlte sich wärmer an. Man konnte spüren, wie sich das
    Grün im Boden regte und auf eine Gelegenheit wartete, ans Licht zu
    kommen. Das Schlimmste war überstanden, und von jetzt an strebte das
    Jahr fort von der Dunkelheit… Natürlich würde die Finsternis zurück-
    kehren, aber das lag in der Natur der Dinge. Vieles begann.
    Oma schloß die Tür, entzündete ein Feuer im Kamin, holte die
    Schachtel mit Kerzen aus der Anrichte. Sie steckte alle an und verteilte
    sie auf Untertassen im Zimmer.
    Auf dem Tisch hatte sich während der vergangenen beiden Tage eine
    kleine Pfütze angesammelt. Das Wasser kräuselte sich, und die Mitte
    neigte sich nach oben. Ein Tropfen sprang empor, klatschte gegen die
    feuchte Stelle an der Decke und verschwand.
    Oma zog die Uhr auf und setzte das Pendel in Bewegung. Sie verließ
    das Zimmer kurz und kehrte mit einem Pappschild zurück, das an einem
    abgenutzten Bindfaden hing. Damit nahm sie im Schaukelstuhl Platz und
    zog ein halb verbranntes Stück Holz aus dem Kamin.
    Die Uhr tickte, während sie schrieb. Ein weiterer Tropfen verließ den
    Tisch und flog zur Decke.
    Dann hängte sich Oma Wetterwachs das Schild um den Hals und lehn-
    te sich lächelnd zurück. Der Stuhl schaukelte eine Zeitlang, ein Kontra-
    punkt zum Ticken der Uhr und dem leisen Platschen der Tropfen. Dann
    kam er allmählich zur Ruhe.
    Auf dem Schild stand:

    IMMER NOCH
    ICH BINNE NICHT TOT
    ↑

    Das Licht verblaßte von kann zu kann nicht.
    Nach einigen Minuten erwachte eine Eule in einem nahen Baum, stieg
    auf und flog über den Wald.

    ENDE
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