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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
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ihm dabei tief in die Augen. »Ich
    würde die Mäntel für sie halten.«
    »Ein durchaus verständliches Empfinden, aber so etwas wird nicht ge-
    schehen«, erklang Omas Stimme hinter ihr. »Bring sie fort, Graf. Erklär
    ihnen, was es mit der Tradition auf sich hat. Lehre sie Dummheit.«
    Der Graf nickte und lächelte, wobei er seine Zähne ganz entblößte.
    »Selbstverständlich. Ich werde ihnen beibringen, daß man zurückkeh-
    ren muß, um zu leben…«
    »Ha! Du lebst nicht, Graf. Der Phönix lebt. Du verstehst es einfach nur nicht, tot zu sein. Verschwindet jetzt!«
    Der folgende Augenblick wirkte wie aus der Zeit geschnitten, und
    dann stiegen drei Elstern dort auf, wo eben noch die Vampire gestanden
    hatten. Sie kreischten und schnatterten, verschwanden dann in der Dun-
    kelheit des Daches.
    »Es gibt Hunderte von ihnen!« wandte sich Agnes an Nanny.
    »Nun, Vampire können sich in Dinge verwandeln«, erwiderte Nanny.
    »Das wissen alle, die sich mit Vampiren auskennen.«
    »Und was bedeuten dreihundert Elstern?«
    »Sie bedeuten, daß es Zeit wird, die Möbel abzudecken«, sagte Nanny.
    »Außerdem wird es Zeit für einen ordentlichen Drink.«
    Die Leute gingen auseinander. Sie wußten, daß die große Vorstel ung
    beendet war.
    »Warum hat sie uns nicht erlaubt, die Existenz der Vampire auszulö-
    schen?« zischte Piotr an Agnes’ Ohr. »Der Tod ist viel zu gut für sie!«
    »Ja«, bestätigte Agnes. »Ich schätze, deshalb wollte sie nicht, daß sie ge-
    tötet werden.«
    Himmelwärts hatte sich noch nicht von der Stel e gerührt. Er blickte
    starr geradeaus, und seine Hände zitterten. Agnes führte ihn behutsam
    zu einer Sitzbank und sorgte dafür, daß er Platz nahm.
    »Ich habe ihn umgebracht, nicht wahr?« flüsterte er.
    »Bei Vampiren läßt sich das nur schwer sagen«, erwiderte Agnes.
    »Es gab nichts anderes zu tun! Alles wurde so einfach… Ein goldener
    Glanz erfül te plötzlich die Luft, und dann kam der Augenblick, der e-
    nergisches Handeln erforderte…«
    »Ich glaube, es beschwert sich niemand«, sagte Agnes. Du mußt zugeben,
    daß er recht attraktiv ist, flüsterte Perdita. Wenn er doch nur etwas gegen das Furunkel unternehmen würde…
    Magrat nahm auf der anderen Seite von Himmelwärts Platz und hielt
    das Baby in ihren Armen. Sie atmete einige Male tief durch.
    »Das war sehr tapfer von dir«, sagte sie.
    »Nein, das war es nicht«, erwiderte Himmelwärts heiser. »Ich dachte,
    Frau Wetterwachs würde etwas tun…«
    »Oh, sie hat etwas getan«, sagte Magrat und schauderte. »Und ob sie
    das hat.«
    Oma Wetterwachs setzte sich auf das andere Ende der Bank und
    zwickte ihren Nasenrücken.
    »Ich möchte nach Hause«, meinte sie. »Ich möchte nach Hause und ei-
    ne Woche lang schlafen.« Sie gähnte. »Was gäbe ich jetzt für eine Tasse
    Tee.«
    »Du hast dir doch eine gekocht!« entfuhr es Agnes. »Wir waren ganz
    verrückt danach!«
    »Wo sol te ich hier Tee herbekommen? Es war nur eine Mischung aus
    Schlamm und Wasser. Aber ich weiß, daß Nanny einen Beutel irgendwo
    bei sich trägt.« Sie gähnte erneut. »Koch Tee, Magrat.«
    Agnes öffnete den Mund, doch Magrat winkte ab und reichte ihr das
    Baby.
    »Sofort, Oma«, sagte sie und drückte Agnes mit sanftem Nachdruck
    auf die Sitzbank zurück. »Ich stel e nur schnel fest, wo Igor den Kessel
    aufbewahrt.«

    Hilbert Himmelwärts trat auf den Wehrgang an den Zinnen. Die Sonne
    stand bereits ein ganzes Stück hinter dem Horizont, und eine leichte
    Brise wehte über die Wälder von Überwald. Einige Elstern schnatterten
    in den Bäumen unweit des Schlosses.
    Oma hatte die Ellenbogen auf eine Zinne gestützt und blickte über den
    sich lichtenden Nebel.
    »Es sieht nach einem schönen Tag aus«, sagte Himmelwärts glücklich.
    Zu seinem großen Erstaunen fühlte er sich einfach prächtig. Eine gewis-
    se Schärfe lag in der Luft, und die Zukunft steckte voller Möglichkeiten.
    Er erinnerte sich an den Moment, als er die Axt geschwungen hatte, als
    sie beide sie geschwungen hatten. Viel eicht gab es einen Weg…
    »Später wird ein Unwetter von der Mitte heranziehen«, sagte Oma.
    »Nun, die Feldfrüchte können vermutlich Regen vertragen«, erwiderte
    Himmelwärts.
    Etwas schimmerte kurz über ihnen. Im hel en Tageslicht waren die
    Flügel des Phönix kaum zu sehen, zeigten sich nur als vages gelbes Glü-
    hen in der Luft. Als der Vogel hoch über dem Schloß kreiste, zeichnete
    sich in ihm die winzige Gestalt des Falken
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