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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft
Autoren: Agatha Christie
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der Besichtigung von Plymouth, das ihr jetzt ganz gut gefiel, und am nächsten Vormittag mietete sie sich einen Daimler und startete zu ihrer Küstentour.
    Das Wetter war schön, und sie genoss die Fahrt. Von den verfügbaren Wohnsitzen, die sie sich in Devonshire ansah, entsprach zwar keiner ganz ihren Vorstellungen, aber sie hatte keine Eile und suchte unverdrossen weiter. Da sie rasch lernte, zwischen den Zeilen der enthusiast i schen Maklerprospekte zu lesen, ersparte sie sich eine ganze Reihe nutzloser Abstecher.
    Es war an einem Dienstagabend, ungefähr eine Woche später, als sie den Wagen langsam um die letzte Kurve der Hügelstraße nach Dillmouth steuerte. Am Rande di e ses noch immer bezaubernden Badeortes stand ein Schild »Zu verkaufen« vor einem Grundstück, durch dessen Bäume eine kleine weiße viktorianische Villa schimmerte.
    Es gab Gwenda einen freudigen Ruck, sie hatte fast das Gefühl, sie zu kennen. Das war ihr Haus! Sie wusste es mit absoluter Sicherheit. Obwohl sie nichts Genaues sah, konnte sie sich den Garten, die hohen Fenster und Gla s türen deutlich ausmalen. Dies war das Haus, das sie g e sucht hatte.
    Wegen der vorgerückten Stunde logierte sie sich vorerst im »Royal Clarence« ein und holte sich am nächsten Mo r gen eine Besichtigungserlaubnis von der Maklerfirma, deren Adresse sie auf dem Schild gelesen hatte.
    Mit diesem Zettel und einigen Hinweisen ausgerüstet, stand sie bald in einem altmodischen Salon mit zwei Fenstertüren, die auf eine plattenbelegte Terrasse hinau s führten. Um die Terrasse zog sich eine Art Steingarten, von Ziersträuchern unterbrochen, der ziemlich steil zum anschließenden Rasenstreifen hin abfiel. Durch die Bä u me am Ende des Gartens glitzerte hier und da das Meer.
    Das ist mein Haus, dachte Gwenda wieder. Hier bin ich daheim. Mir ist, als würde ich jede Ecke genau kennen.
    Eine Tür ging auf, und eine große, melancholisch au s sehende und offenbar erkältete Dame begrüßte Gwenda, die ihren Namen nannte und hinzufügte: »Mrs Hengrave, nicht wahr? Ich komme von Galbraith & Penderley En t schuldigen Sie mein frühes Erscheinen…«
    Mrs Hengrave putzte sich die Nase und erwiderte gramvoll, das mache ihr nichts aus. Der Rundgang durch das Haus konnte beginnen.
    Ja, alles stimmte. Nicht zu groß. Ein wenig altmodisch, aber dies und das konnten sie und Giles ja nach eigenem Ermessen modernisieren, zum Beispiel die Küche. Ein Boiler war zum Glück schon vorhanden. Mit einer neuen Spüle und anderen zeitgemäßen technischen Errunge n schaften…
    Mrs Hengraves monotone Stimme untermalte Gwendas vorausplanende Gedanken und berichtete mit großer Ausführlichkeit von der letzten Krankheit ihres versto r benen Mannes. Gwenda nahm sich zusammen, um an den passenden Stellen mitfühlende und verständnisvolle Laute von sich zu geben. Mrs Hengraves Familie wohnte in Kent und bestürmte sie, möglichst rasch wieder in ihre Nähe zu ziehen. Ihr Mann hatte sehr an Dillmouth g e hangen und war viele Jahre hindurch Vorstandsmitglied des Golfclubs gewesen, aber da sie nun Witwe war…
    »Ja, natürlich… Wie traurig für Sie… Ich verstehe… Krankenhäuser sind nun mal so… Natürlich… Gewiss, Sie sollten…«
    Neben solch pflichtschuldigem Gemurmel beschäftigte sich Gwendas Hirn fieberhaft mit praktischen Erwägu n gen: Wäscheschrank hierhin oder…? Ja. Das wird unser Schlafzimmer. Blick aufs Meer, das wird Giles freuen. Nützlicher kleiner Nebenraum, Ankleidezimmer oder so. Nun kommt das Badezimmer… Vermutlich noch eine Wanne aus Queen Victorias Zeiten mit Mahagonirand… tatsächlich! Wie hübsch – sie steht mitten im Raum! Das ändern wir nicht, das ist ja ein Museumsstück, und so riesig! Man kann eine Obstschale auf dem Rand abstellen, und Schwimmenten… Das heißt, zum täglichen Gebrauch bauen wir eins der ziemlich dunklen Hinte r zimmer um, hellgrüne Kacheln und mit moderner Insta l lation. Das dürfte kein Problem sein, die Leitungen we r den einfach von der Küche heraufgeführt… Und dieses Bad lassen wir, wie es ist…
    »Rippenfellentzündung«, wiederholte Mrs Hengrave. »Am dritten Tag wurde doppelseitige Lungenentzündung daraus…«
    »Schrecklich«, sagte Gwenda. »Ist am Ende vom Flur nicht noch ein Schlafzimmer?«
    So war es, und zwar haargenau so, wie Gwenda es sich vorgestellt hatte: fast rund, mit einem großen Erkerfen s ter. Auch hier musste natürlich Einiges renoviert werden. Das Zimmer war in ganz gutem Zustand, aber
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