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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft
Autoren: Annette Meyers
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Hände hoch, dann nach unten, die Beine durchgedrückt, die Handflächen flach auf dem Fußboden. Sie war noch recht gut in Form, wenn auch nicht ganz so gut wie früher, als sie regelmäßig zum Ballett-Training gegangen war und in acht Aufführungen die Woche getanzt hatte. Headhunting war eine sitzende Tätigkeit, der größte Teil der Arbeit wurde per Telefon erledigt.
    Sie war froh, daß Smith auf etwas anderes gekommen war und das Thema Greg Castalde und ihre Naivität vergessen hatte. Sie spannte die Bauchmuskeln an und richtete sich langsam Wirbel um Wirbel auf.
    Smith drehte sich mit ihrem Stuhl um und grinste. »Ich habe deine Knochen knacken gehört. Klingt, als würdest du langsam alt.«
    »Jünger werde ich bestimmt nicht. Keiner von uns.« Wetzon ließ den Kopf kreisen. »Von früh bis spät zu sitzen, das Telefon mit der Schulter festgeklemmt, fördert nicht gerade entspannte Nacken- und Rückenmuskeln. Ich muß einfach Zeit finden, wieder zum Training zu gehen... Was war denn so wunderbar?« Sie ging zu Smith hinüber, die sich wieder über ihre Papiere beugte, legte eine Hand locker auf Smith’ Schulter und blickte auf die Stapel von Kontoauszügen.
    »Diese Firma, in die ich letztes Jahr investiert habe. Kannst du dir das vorstellen, sie ist schon in den Schwarzen, nach einem einzigen Jahr. Es ist einfach unglaublich.«
    »Sehr beeindruckend«, sagte Wetzon höflich, aber nicht sonderlich interessiert. »Was für ein Unternehmen ist das?«
    »Es ist ein Vermittlungsdienst für Alte und Gebrechliche. Genau das richtige Geschäft zur rechten Zeit. Unsere sämtlichen Bekannten haben anscheinend alte Eltern oder Großeltern oder Onkel oder Tanten.«
    »Außer uns.« Wetzons Eltern waren schon lange tot — seit dem Jahr, als sie nach New York gegangen war, um Tänzerin zu werden. Ein betrunkener Autofahrer hatte mit hoher Geschwindigkeit eine Kreuzung bei Rot überfahren und war voll in ihren Wagen gerast. »Sag das nicht so traurig«, meinte Smith. Sie sprach selten von ihren Eltern oder ihrer Kindheit. »Älter werdende Eltern sind eine enorme gefühlsmäßige und finanzielle Belastung für Leute wie uns, die noch am Anfang stehen. Wir sollten uns glücklich schätzen.«
    »In diesem Fall hätte ich nichts dagegen, unglücklich zu sein, Smith.«
    Smith reagierte nicht darauf. »Jedenfalls betreiben die Grossmans einen Beratungsdienst für Senioren. Sie haben ein Team von Fachkräften, die Vorgeschichten aufnehmen und gründliche Gespräche führen, ihre Bedürfnisse ermitteln und dann Therapeuten, Krankengymnastinnen, Kosmetikerinnen, Krankenschwestern, Haushaltshilfen empfehlen, die alle Hausbesuche machen. Sie nehmen jeweils einen Prozentsatz der Gebühr von jeder Fachkraft, und sie berechnen auch eine Grundgebühr für den ersten Besuch beim Kunden, um die Kosten für Computer und Schreibarbeit zu decken.«
    »Sehr beeindruckend«, sagte Wetzon.
    »Im Grunde machen sie das gleiche wie wir. Sie bringen Kunden mit einer besonderen Fachkraft für eine besondere Dienstleistung zusammen.«
    »Da hat vermutlich Leon Ostrow den Riecher gehabt?« Leon Ostrow war ihr Anwalt.
    »Wer sonst? Du weißt doch, wie Leon darin auf Draht ist. Er war mit der Eintragung als Aktiengesellschaft beauftragt, und als er hörte, worum es ging, wußte er, daß das ein Renner werden würde. Er hat angeboten, deine Anlagen zu betreuen, Wetzon. Du solltest ihn...«
    »Ich halte mich lieber an die Aktienbörse, vielen Dank. Dort fühle ich mich wohler. Mir gefällt die Hektik.«
    »Aber jeder weiß, Wetzon, daß man an der Börse nicht reich werden kann, es sei denn, man hat schon Millionen. Ein kleiner Investor hat keine Chance.«
    »Vermutlich bin ich immer noch eine Abenteurerin, Smith. Wenn ich Aktien von guten Unternehmen kaufe, mache ich es schon richtig. Ich suche mir die Firmen gern selbst aus. Ich mag das Risiko und das Auf und Ab.«
    Smith schob das Material, das sie gelesen hatte, in einen großen braunen Umschlag. »Und ich nehme an, du bist reich geworden an der Börse«, stichelte sie. »Was für gute Tips haben die Makler dir denn in letzter Zeit gegeben?«
    »Ist ja gut, Smith«, sagte Wetzon zu Smith’ Rücken. Ihr Magen verkrampfte sich, und der Zorn flammte auf. Smith tat immer so überlegen mit ihren Geschäftskenntnissen. »Du weißt genau, daß ich auf solche Tips nicht höre... nicht mehr.«
    »Nicht mehr.«
    Wetzon. war gekränkt und wollte es Smith gerade heimzahlen, als es an der Tür klopfte. Harold
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