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Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)

Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Autoren: Tanya Carpenter
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den Regen und stellte mir vor, dass dies meine Tränen wären, die ich nicht mehr weinen konnte. Der Himmel weinte für mich – um mich. Um meine verlorene Seele.
    „Geh jetzt bitte, Lucien“, flüsterte ich schließlich so leise, dass ich es selbst kaum hörte. „Geh mit deinen Göttern oder mit irgendeinem Gott oder Teufel, dem du deine schwarze Seele verkaufen kannst. Aber geh und komm mir nie wieder nahe.“
    „Du schuldest mir dein Leben,
thalabi
. Muss ich dich wirklich daran erinnern?“
    Fauchend fuhr ich herum und stürzte mich wie eine Furie auf ihn, schleuderte ihn gegen die Wand und hielt ihn mit eisernem Griff fest. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, sah ich nackte Angst in seinen Augen. Auch ich fürchtete mich. Vor dem, was ich tat, vor dem übermächtigen Dämon, der jetzt in mir regierte und mich steuerte. War das noch länger ich? In diesem Augenblick wusste ich nicht einmal zu sagen, ob ich Lucien töten würde, oder ob es ihm nur Angst einjagen sollte. Doch es spielte keine Rolle. Ich wollte nicht länger eine Marionette in seinem Spiel sein, denn genau das war ich die ganze Zeit für ihn gewesen. Damit war jetzt Schluss, und das war uns beiden bewusst.
    „Sprich nie wieder von Schuld“, grollte ich. „Ich denke, ich habe genug bezahlt. Mit Ivankas Leben. Mit Warrens Seele. Mit Dracons Liebe. Mit Franklins Vertrauen. Mit meiner Menschlichkeit. Ich schulde dir nichts mehr. Denn alles, was ich je liebte, habe ich dir geopfert. Alles, außer Armand, weil er immer schon stärker war als du. Meine Schuld ist mehr als getilgt. Und nun geh mir aus den Augen, ehe ich dich auch noch mit deinem Leben bezahlen lasse.“
    Ich ließ ihn los, hörte, wie er aufatmete, als ich mich wieder den Regentropfen am Fenster zuwandte. Er hatte nicht den Mut, zu widersprechen und wandte sich zum Gehen.
    „Lucien?“
    Er blieb stehen, blickte über die Schulter zurück.
    „Rühr meinen Vater nie wieder an, hast du verstanden?“
    Er verzog das Gesicht, was seine angedeutete Verbeugung lächerlich machte. Schach matt, dachte ich, war aber nicht sicher, ob er sich daran hielt. Noch weniger, ob es an mir war, mich einzumischen, wenn Franklin sich seinem Zauber und seiner Macht beugte.
    Gleich darauf spürte ich, dass er den Raum verließ. Wortlos. Lautlos.

     
    Ich hatte lange gezögert, ob ich zu meinem Vater gehen sollte. Letztlich hatte Armand mich dazu überredet. Es würde ihm das Herz brechen, zu sehen, was ich geworden war. Doch es nicht zu sehen, würde ihn umbringen.
    Ich fand ihn am Kamin, mit einem Buch in der Hand, in dem er doch nicht las, und trat ins Licht des Feuers, damit er mich wahrnahm. Er blickte auf, ihm stockte der Atem. Ein gequältes Stöhnen entrang sich seiner Kehle, und er sackte kraftlos im Sessel zusammen.
    Die Veränderung war nicht zu übersehen. Das wusste ich. Meine Haut so bleich wie nie zuvor. Die Augen von einem so tiefen Grün, dass sie fast schwarz wirkten. Kein leuchtender Smaragd mehr, eher ein schimmernder Turmalin, dunkel und gefährlich. Mein Haar floss schillernd um meine Schultern und über den Rücken hinab. Wie Blut und Feuer, wie ein flüssiger Lavastrom. Ich hatte vor mir selbst Angst, wenn ich in den Spiegel sah. Das Geschöpf, das meinem Vater gegenüberstand, hatte nichts mehr mit der jungen Frau gemeinsam, die einst seine Tochter gewesen war.
    „Du hast recht, Franklin“, sagte ich leise, als ich genau dies in seinen Gedanken las. Sogar meine Stimme klang jetzt anders, wie aus fernen Sphären. „Deine Tochter gibt es nicht länger. Der Mensch in mir ist gestorben in dieser Höhle. Melissa ist tot. Jetzt lebt nur noch der Vampir. Die Königin aller Vampire. Meine menschliche Seele hat mich endgültig verlassen.“ Mit bitterem Lächeln fügte ich hinzu: „So wie Lucien es immer gewollt hat.“
    Franklin öffnete den Mund, aber die Worte wollten nicht über seine Lippen kommen. Er schluckte ein paar Mal hart und dann endlich konnte er wieder sprechen. Aufs Tiefste erschüttert über das, was geschehen war und was er nun mit eigenen Augen sah.
    „Du … du kommst … nicht zurück, um zu bleiben, nehme ich an.“
    Ich schüttelte betrübt den Kopf. Oder war es Gleichgültigkeit, die ich fühlte? „Nein, Vater. Ich komme nicht zurück. Nie mehr. Wir werden nicht in London bleiben. Dieses Leben ist vorbei, und ich rate dir, halte dich von mir fern, wenn dir deines lieb ist. Es ist ein Abschiedsbesuch, um hinter mir zu lassen, was einst dem Menschen gehörte,
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