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Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Autoren: Tanya Carpenter
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Handlauf ruhend, doch sie kam nicht zu mir herunter, sondern verharrte bewegungslos und betrachtete mich. Wie immer trug sie ihr lockiges braunes Haar offen. Das warme Licht der Nachtlampen schimmerte in den weißen Strähnen, die es durchzogen, und die Schatten ließen die Linien in ihrem Gesicht tiefer wirken, als sie waren. Für einen Moment fühlte ich mich schuldig, dass ich nicht daran gedacht hatte, zu ihr zu gehen, doch dann sah ich, dass sie lächelte. Als Hexe wusste sie, dass man das Rad des Schicksals nicht aufhalten konnte. Was passieren musste, würde auch genauso geschehen. Ich war mir sicher, sie hatte gewusst, wohin mich meine Reise führen würde, als ich das Mutterhaus im September verließ.
    „Bin ich noch dieselbe, Camille? Was denkst du?“
    Sie lachte leise und strich sich ihren auberginefarbenen Umhang glatt. „Das fragst du mich? Ich kann es dir nicht sagen, mein Liebes. Aber ich weiß, dass dein Herz noch immer rein ist. Hab keine Furcht vor dem, was du jetzt bist. Geh deinen Weg.“

Alte Bekannte
     
    Der Alltag holte mich schnell ein. Es dauerte keine Woche bis Franklin einen Auftrag für mich hatte. Er schickte mich nach Down Under – Australien. Der einzige aktuelle Fall, der für mich in Frage kam, weil ich mich ausschließlich in einer Höhlengruppe im Outback aufhalten würde. Sicher vor der Sonne. Das Mutterhaus in Melbourne – Cleeve Falls – hatte dort Spuren gefunden, die auf eine größere Gruppe von Crawlern hindeuteten. Ich hatte schon als Sterbliche Kontakt zu diesen Dunklen Vampiren gehabt. Damals wäre ich fast gestorben, weil ich ihrem Fürsten zu nahe gekommen war. Nur Armands schnellem Eingreifen verdankte ich mein Überleben. Würden wir dem Fürsten ein zweites Mal begegnen, der die Schwachen seiner Art höchstpersönlich ins Jenseits beförderte? Aber das Problem war zunächst nicht die potentielle Begegnung mit einem alten Feind, sondern das ‚wir’. Armand und ich beabsichtigten, gemeinsam nach Australien zu reisen. Und Franklin war, wie schon zu meinen Lebzeiten, strikt dagegen.
    „Er ist kein Ordensmitglied!“
    Mit der flachen Hand schlug er energisch auf die Tischplatte. Diese Heftigkeit war erschreckend und außerdem völlig unpassend. Noch dazu von Armand in der dritten Person zu sprechen, wo er selbst anwesend war.
    „Er hat mich früher doch auch schon bei Missionen begleitet. Wo ist das Problem?“
    „Ich würde gut auf sie aufpassen. Du bräuchtest dir weniger Sorgen um sie zu machen, wenn wir tatsächlich wieder auf den Fürsten treffen.“ Falls Franklins Ignoranz ihn verletzt hatte, merkte man es ihm nicht an. Seine Züge blieben entspannt, er klang ruhig und logisch. Dafür war Franklin leider momentan nicht zugänglich.
    „Du? Ausgerechnet du willst auf sie aufpassen? Danke, aber wie du auf sie aufpasst, steht mir hier ja klar und deutlich vor Augen.“ Er deutete mit beiden Händen auf mich. „Du bringst mir meine Tochter in einem Sarg nach Hause.“
    „Elle est immortelle. Sie ist unsterblich, das sollte dich doch eigentlich freuen“, wandte Armand unbeeindruckt ein, lehnte sich lässig mit einem spitzbübischen Grinsen im Gesicht gegen den Kaminsims und wischte imaginäre Fussel von seinem weinroten Hemd. Ich sah den Schalk in seinen grauen Augen, aber Franklin fehlte im Moment jede Spur von Humor.
    „Tut es aber nicht“, fauchte er Armand grimmig an. „Ich habe das nie gewollt, das wusstet ihr beide.“
    „Dad, bitte.“ Mir war nicht nach Streiten zumute. „Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass es mein Schicksal ist. Also lass es gut sein.“
    Seine sherrybraunen Augen schossen immer noch gelbe Blitze der Wut zu mir und Armand. Darum ging ich zu ihm und nahm ihn einfach in den Arm. Er war ein Vater. Die beschwichtigende Umarmung einer Tochter zog immer.
    „Nun, ihr werdet ja vermutlich sowieso machen, was ihr wollt.“ Ich lächelte ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber halte dich zurück, Armand. Ich will keine unangenehmen Fragen seitens des Orden.“
    „Selbstverständlich, liebster Schwiegervater“, versicherte er mit einer ergebenen Verbeugung, bei der ihm das blauschwarze Haar auf geradezu hinreißende Weise ins Gesicht fiel. Am liebsten hätte ich ihn an Ort und Stelle angeknabbert, hielt es aber für angebrachter,ihn schnell hinaus zu befördern, damit wir unsere Reisevorbereitungen treffen konnten, ehe mein Vater, der gerade dunkelrot anlief, auf diese Spitze reagieren konnte.
    Zwei Nächte
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